„Auf der Jagd“ streckt Nate weiterhin den Mittelfinger in Richtung derer „da oben“, aber leider vernachlässigt er dabei streckenweise seine charakteristsichen Stärken: Viel zu oft wird viel zu oberflächlich vom „Para machen“ und so weiter erzählt, streckenweise muss man das leider als Phrasendrescherei bezeichnen. Azad‘eske Streetrap-Kämpfermetaphorik („Wie ein Ninja„) mag zwar fest zum Genre gehören, aber eigentlich hat der Hamburger derlei doch gar nicht nötig, genauso wenig, wie die bei aller Liebe doch sehr uninteressanten Partysongs, die lediglich im Hamburger Streetslang wiederholen, was andere schon im Berliner, Frankfurter oder sonstwas-Streetslang gesagt haben.
Wozu bedient sich Nate überhaupt solch abgedroschener Inhalte, wenn der Blick in sein persönlicheres Leben viel einprägsamere Eindrücke beschert? Wenn er und seine Kollegen den „Grill anhauen für enen Bruder“ an seinem „letzten Tag in Freiheit.“ Oder wenn er mit einem ehemaligen Freund im Café sitzt und in seinen Augen sieht, dass er nicht mehr der gleiche Junge wie früher ist. Solche und viele andere kurze Szenen, die Nate in seine Straßen-Berichterstattung einstreut, machen das Mixtape an vielen Stellen lebendig.
Nicht, weil es ein unglaublich ausgeklügelte Sprachbilder sind, oder weil hier irgendetwas besonders hart, ghetto oder sonstwas ist, sondern einfach nur, weil man sich geade über solche Details gut in den Mikrokosmos des Hamburgers hineindenken kann. Und das ist wichtig, wenn man Zeilen wie „Nur eine Frage der Zeit, bis die Autos brennen“ richtg verstehen, einordnen und zumindest emotional nachempfinden kann. Oder das Lied „Mach es richtig„, quasi ein schlaues Buch für die Straße: „Du willst Para machen? Dann mach es richtig / Dass du dabei nicht erwischt wirst, ist sehr wichtig/ Mach dir eine Liste, lern aus den Fehlern von den anderen/ und dann schaffst du’s im Business.“ Songs wie „Süchte“ oder „Wo ist er jetzt„, letzteres eine Song über im Kiezleben verloren gegangenen Freunde, gewinnen ihre Glaubwürdigkeit gerade durch den Verzicht auf eine Romantisierung des dargestelten Lebensstils.
In gewisser Weise knüpft Nate also doch an die Qualitäten seines Albums an, jedoch wird die eigentliche Essenz seiner Musik und seiner Inhalte viel zu oft durch Phrasen und ermüdende Wiederholungen immer gleicher Messages verwässert. Glück für den St. Paulianer, dass sein lässiger, oft wie aus dem Ärmel geschüttelter Flow, das lockere Ineinanderfließen von Zeilen und die intressante Artikulation – irgendwo zwischen deutschem Straßenslang und Hamburger Dialekt – das Mixtape angenehm hörbar halten. Dazu beweist er mit der Beatauswahl – hauptsächlich 90er-Jahre-Ami-Beats, hier und da ein Grime-Ausflug – auch einen guten Geschmack in Sachen Instrumentals.
Aber dass das, was Nate macht, gut klingt, wussten wir bereits zu „Blaulicht„-Zeiten. Dass er inhaltlich diesmal oberflächlicher und allgemeiner als auf seinem Longplayer „Stress aufm Kiez“ bleibt, ist vielleicht auch dem Format des Mixtapes verschuldet, welches häufig als Plattform für spontane Ideen und auch Schnellschüsse genutzt wird. Falls die Songs von „Auf der Jagd“ solche gewesen seien sollten, treffen manche davon aber trotzdem voll ins Schwarze. Insofern ein passables Mixtape. Von seinem Album dürfen wir aber hoffentlich noch etwas mehr erwarten.