Nun also eine erste Werkschau, die die neue Konstellation vorstellen und verfestigen möchte. Gerade bei Ex-Hipster-Rapper Wale (apropos: Was wurde eigentlich aus Hipster–Rap?!) waren ja durchaus Zweifel angebracht, wie er sich in Officer Rickys Universum aus erfundenen Drogendealer–Geschichten, dicken Zigarren und maßgeschneiderten (sonst passt er ja auch kaum rein) weißen Anzügen einfügen würde. Um das gleich mal vorwegzunehmen: Er passt perfekt. Gerade auf die Synthie-Granaten, die Ross so gerne pickt, passt sein nöliger, ostentativ-lässiger Flow wie der sprichwörtliche Arsch auf den Eimer.
Los geht’s aber eher klassisch mit einem Intro-Track von Just Blaze, auf dem man sich erstmal etwas verhalten vorstellt. Das gehört sich zwar so, ist aber noch nicht der große Wurf. Der folgt allerdings auf dem Fuße: „Tupac Back“ heißt das nun losbollernde Geschoss, das ein gewisser Mike Will von den Eardrummers produziert hat. Ein simpler, effektiver Synthiebeat ohne viele Schnörkel, drei dramatische Akkorde für ein Halleluja und herrlich-hirnrissige Zeilen wie „Tupac back, Tupac back/that’s all these bitches screaming/ that Tupac back/ All eyes on me/ better picture me rollin/ riding brand new rims/ but them bitches is stolen“ – großartig. Letztes Jahr war Ross noch MC Hammer, jetzt ist er also Tupac. Eine eindeutige Verbesserung und vor allem, ein Supersong, den man nach genau zwei Sekunden auch vollkommen nüchtern mitgrölen kann. Yeah!
Und fast genauso schön geht es weiter. Der Beat von „600 Benz“ unterscheidet sich zwar nur in Nuancen von seinem Vorgänger, aber das macht überhaupt nichts – Hauptsache, es kracht! Und das tut es hier gewaltig, besonders Wale lässt sich zu einigen Höchstleistungen animieren, und der wie immer verlässliche Gast Jadakiss bringt auch ein paar richtige Brüller: „I don’t do nothing but ball/ You heard that I was in jail/ but I just came from the mall“.
Der Adrenalinpegel ist nun ganz oben, da kommt mit „Pacman“ schon der nächste Kracher. Wieder ein ultraprimitiver Beat, der nur aus Synthiebässen zu bestehen scheint, und dieses Mal darf Pill zeigen, warum die XXL ihn 2010 zum Freshman machte.
Mit „By Any Means“ folgt dann der erste retardierende Moment. Schwer und schleppend dröhnt der Beat aus den Boxen, tief und mächtig grollt des Bausses Stimme „As-Salaam Aleikum/ Wa Aleikum As Salaam/Whatever your religion/ kiss the ring on the don„. Sportsfreund Wale wagt sich sogar noch einen Schritt weiter in den gefährlichen Sumpf „schlüpfrige Scherze über sensible Weltreligionen“ vor: „Now As-Salaam Aleikum/ Wa Aleikum As Salaam/ She near that every friday/ and then go to Jamal/ let her play with the box/ she give the greatest top/ she says these niggas is her pray/ and she makes a lot„. Definitiv nicht ganz halal, das.
Danach wird mit „Fitted Cap“ die Kurve nochmal so richtig hochgezogen, tragisch wummern die sparsam gesetzten Akkorde über den wuchtigen Drums und Rauss haut eine Hook raus, die mindestens genauso maßgeschneidert ist wie seine Sommeranzüge: „My Jordans high-top/ Snap back fitted cap/ The Rolls Royce is all white/ Foamposites/ the LeBrons/ I’m fuckin’ wit’ the Spikes„. So und nicht anders will man den Dicken hören. Als Gast ist übrigens J. Cole geladen – fällt aber nicht weiter störend auf.
Nun sieht der Bauss die Zeit gekommen, mal ein paar Gänge runterzuschalten. Bei Vollgas kann man eben schlecht an der Zigarre oder am Blunt ziehen. „Rise“ und „That Way“ (von Lex Luger produziert) sind coole, smoothe Nummern, deren melodische Verspieltheit ganz in der Tradition des guten alten G-Funks zu verorten ist. Anschließend kämpft sich Meek Mill bei „I’m a Boss“ etwas uninspiriert durch seine Strophen – bisher definitiv der schwächste Song, den auch der echte Boss, also Ross, nicht zu retten imstande ist. Besser macht es da Kollege Pill, der mit „Don’t Let Me Go“ eine wunderschöne Gangster-Ballade anstimmt, inklusive leicht schiefem Selbstgesungenem in der Hook. Dazu lässt es sich gut im Lamborghini die Strandpromenade von Miami (oder die Durchgangsstraße von Castrop-Brauxel) herunter cruisen. Nach einigen nicht extra erwähnenswerten Stücken (wobei „Riding on that pole“ der katastrophal fehlgeschlagene Versuch ist, einen Stripclub-Song zu machen – gähn) beendet die Maybach-Gruppe dann das Spectaculum mit dem hymnisch daherkommenden Abschied, „Running Rebels„.
Ein Album, das zu großen Teilen überzeugt. Ross schafft es, seine Signings gut in Szene zu setzen, hält sich zurück, soweit es geht und gibt ihnen den nötigen Raum, gibt durch seine prägnanten Hooks und punktgenau gesetzten Stropen allerdings auch den verlässlichen Rahmen, in dem sich alle austoben können.