Diddy Dirty Money – Last Train to Paris

Ja, ich kann natürlich verstehen, dass ein Album von P. Diddy in unserer Redaktion landet, schließlich wurde mit dem Namen ja lange Zeit dann doch noch so etwas wie Hip Hop assoziiert und der ein oder andere Klassiker. Aber mit dem nun erschienenen Album „Last Train to Paris“ verabschiedet sich Diddy gewollt oder ungewollt wohl endgültig aus der Rapszene.Denn statt Rap ist sehr, sehr, sehr viel Gesang auf dem Album. Heulendes, langgezogenes Gesinge. Dabei ist kein Unterschied zwischen männlicher und weiblicher Stimme erkennbar, denn alle Männer, die hier singen, scheinen Eunuchen zu sein und das weinerliche Gesinge über Liebe, vorgetragen von entmannten Wesen erreicht gigantische Ausmaße, die bei mir nichts als Kopfschmerzen kombiniert mit Würgereiz hervorrufen. Es ist grässlich. Damit ihr wisst, vor welchen Tracks ihr fliehen müsst, sofern ihr dem Geheule entgehen wollt: ALLEN.

P. Diddy rappt ungefähr vier Lines pro Track, was seinen lyrischen Beitrag zum Projekt verschwindend gering hält. Immerhin täuschen 16 Features und eine Menge Samples fast über diese Tatsache hinweg. Schnell zu rappen, eloquente Doubletimes oder ein bisschen Flexen war sicher nie die Stärke von Puff Daddy. Aber, man mag es glauben oder auch nicht, Diddy hat es geschafft NOCH schlechter zu werden als früher und scheint das Rappen komplett verlernt zu haben. Vollkommen lust- und emotionslos und unfassbar langsam trägt er seine Lyrics vor. Und WAS für Lyrics. In „I Hate That You Love Me“ heißt es zum Beispiel „are we waiting in vain/or are we waiting in pain“. Auf dem Track „Someone to Love Me“ geht es gleich weiter mit dem pain: „cry in the rain/so the pain is stalled“. Das ist großartig! Glückwunsch!
Der Höhepunkt an gelungenen Reimen ist jedoch der Folgende aus dem Track „Hate You Now“: „as I look to the sky/I smoke my weed, I’m gettin high/you know without I’m gonna die/you’ve clipped my wings, now i can’t fly/my mama told me never cry/she never told me to say bye.“ Das muss man sich mal laut vorlesen. Ich habe Tränen gelacht.
Für einen raptechnischen Lichtblick sorgt hingegen ein Feature von Notorious B.I.G, aus dessen Tod P. Diddy ja schon im Jahr 1997Profit schlagen konnte.

Bleiben also noch der Sound und die Beats. Auf „Last Train to Paris“ klingt alles sehr Synthie- und Elektrolastig und mit dröhnenden, schnellen Beats unterlegt. Zwischendurch schleichen sich auch ganz andere Ansätze ein, wie bei dem zitierten „Hate You Now“, in dem P. Diddy versucht, psychedelische Reggae-Tunes einzubauen und leider scheitert.
Im großen und Ganzen ist es jener typische Grime, der im Augenblick eine Erfolgsgarantie zu liefern scheint und mit Features von Chris Brown, Usher, Justin Timberlake, T.I. und Skylar Grey wollte man auch nicht unbedingt was falsch machen.

Schlussendlich gibt es auf dem Album nur einen Song der mir wirklich gefällt. Die Single-Auskopplung „Someone To Love Me“, was nicht an den oben zitierten Lines liegt.
Dass ich den Track so gut finde, liegt ehrlich gesagt nur an der gelungenen Sampleauswahl. Es handelt sich dabei um einen Ausschnitt aus dem 70er Jahre Soulstück „You Roam When You Don’t Get It At Home“ von den „Sweet Inspirations“.
Natürlich gibt es dazu auch ein Video, in dem die beiden Anhängsel von Diddy, in Form von zwei Frauen, die auch das Booklet des Albums schmücken, tatsächlich so tun als würden sie den Refrain des gesampleten Stückes selbst singen. Das ist eine Frechheit. Ohnehin wird es richtig schlecht, wenn auch der Rapper anfängt, sich im Regen zu räkeln. Usher darf das. P. Diddy nicht.

Wer also auf Autotune, Grime, möglichst wenig Rap und absoluten kommerziellen Wahnsinn steht, dem ist das Album also voll und ganz zu empfehlen. Für mich ist es die schlimmste Musik der Welt. Nach dem zweiten Mal Hören war meine Stimmung so dermaßen im Keller, dass ich einen dritten Durchgang wirklich nicht mehr geschafft hätte.
Einen Gnadenpunkt gebe ich dem Produzenten dafür, dass er den Track der Sweet Inspirations gefunden hat. Alles andere wäre verschenkt.