Die Compilation wurde in Zusammenarbeit mit mehr als sechzig Jugendlichen aus allen Bezirken der Hauptstadt erstellt. In regelmäßigen Workshops feilten sie so lange an ihren Skills, dass schließlich 21 fertig abgemischte Songs dabei herausgekommen sind. Doch was genau können eingefleischte HipHop-Fans von einer Compilation erwarten, die allem Anschein nach als Low-Budget-Projekt unter semiprofessionellen Bedingungen angefertigt wurde?
Ein Großteil der Songs besteht aus einem musikalischen Widerstand, der sich gegen aktuelle Trends innerhalb unserer Gesellschaft wendet. Soziale Missstände werden dabei allerdings nur oberflächlich gestreift. Der Hörer wird immer wieder mit der Frage nach dem “wie“, “was“ und “warum“ konfrontiert und muss sich durch subjektive Standpunkte seine ganz eigenen Geschichten zusammenreimen. Die meisten der Musiker sind leider nicht in der Lage, angedeutete Aspekte ihres "Sich-unwohl-Fühlens“ konkret zu erläutern. So auch im Song "Rebellier“ von Kaveh & Karim, in dem unter anderem einige politische Persönlichkeiten punktuell aufgezählt werden: “Ich rebellier gegen Schäuble und Merkel […] Ich rebellier gegen Sarkozy, gegen Putin oder Brown“.
Welchen Grund die beiden haben, gegen diese Personen zu rebellieren, verraten sie uns in ihrem Song auch nach der dreiminütigen Dauerphrase “Ich rebellier“ jedoch nicht.
Wie wirkt sich der Missmut auf das eigene Leben aus? Welche Emotionen geistern in den Köpfen der Musiker herum? Inwiefern spiegelt sich die Wut in ihren Verhaltensweisen wider? Das sind genau die Fragen, mit denen der Hörer während der gesamten Compilation allein im Regen stehen gelassen wird. Als außenstehende Person ist es daher extrem schwierig, einen persönlichen Bezug zu den dargelegten Thematiken aufzubauen.
Die Bemühungen um eine abwechslungsreiche Themenvielfalt wurden offensichtlich vollkommen vernachlässigt. Bereits nach den ersten Songs bekommt der Hörer den Anschein, missmutige Texte seien ein Auswahlkriterium dafür gewesen, ein Teil dieses Musikprojekts zu sein. Ja gut, es ist eine Compilation, eine Zusammenstellung aus Songs zu einem ausgewählten Thema. Das hindert einen kreativen Musiker doch aber noch lange nicht daran, sich eines breiteren Themenspektrums zu bedienen und sich zudem von politischen Standardfloskeln zu lösen, wie beispielsweise “Wieso gibt es arm und reich?“ aus dem Song “Wieso“ von Mshe Naan.
Wo ist der unzensierte Szenesprachcode geblieben, dem man täglich in den Straßen Berlins begegnet und der vor allem die sprachliche Komponente der HipHop-Kultur so authentisch erscheinen lässt? Der Verzicht auf jegliche Art von Obszönität in den Songs lässt darauf schließen, dass seitens der Projektleitung akribisch darauf geachtet wurde, sich einer gewählten Sprache zu bedienen. Getreu dem Motto: “Schreibt mal einen nachdenklichen, sozialkritischen Text, ohne dabei anzügliche Worte zu verwenden!“.
Unterstützt und aufgewertet soll das Projekt unter anderem durch Beiträge von Chefket, Pyranja, Flowin Immo, Blake Worrell (von den Puppetmastaz), Sokee und Gitta Spitta werden, was auch gelingt. Vor allem Chefket besticht im Song “Deutschlands Vergessene Songs“ durch seinen Flow und überaus humorvollen Wortwitz, indem er sich zur deutschen Rap-Szene folgendermaßen äußert: “Rap ist wie ein F**k, jeder kann Babys produzieren/ Doch die meisten Rapper sollten lieber täglich masturbieren/ Denn sie rappen ohne Liebe und denken nur an das Kindergeld/ Und setzen Geld besessen Missgeburten in die Welt“. Fraglich bleibt nur, warum sich Chefket dann dazu entschlossen hat, mit einer Anzahl dieser Rapper gemeinsam auf einem Album zu erscheinen.
Musikalische Abwechslung und einen kleinen Lichtblick bieten die Songs “Mucke & Liebe“ von Cap10 Nemo und “Chillax“ von Enissay & SK, die durch melodische Beats zum Kopfnicken einladen. Apropos Beats, produziert wurde die Compilation von Beezwax, Luvas, DJ Rich, Scarbar, Akira und DraQ. Keiner dieser Produzenten traut sich auch nur im Geringsten, musikalisch etwas Außergewöhnliches zu erschaffen.
Durch die Verwendung fortlaufender Samples, die über einen standardisierten Drum-Rhythmus gelegt werden, vermisst man als Hörer die experimentelle Raffinesse, aber eine hohe Experimentierfreudigkeit wird von der Zielgruppe dieses Genres wahrscheinlich gar nicht gewünscht.
Bleibt die Frage: Welche Zielgruppe?
“Trading Bars“ ist die erste Single-Auskopplung, zu der bereits ein Musikvideo gedreht wurde. Im Song präsentieren sechzehn Rapper ihr Können, darunter auch Jugendliche aus New York City, die sich im Rahmen des internationalen Musikprojekts “Berlin Bronx Connection“ zusammenfanden. Dass sich das Team von Gangway Beatz in die Reihe der HipHop-Pioniere Kool DJ Herc, RZA, Nas und Jay-Z einordnet, ist wahrscheinlich der hohen Selbsteinschätzung des Projekts zuzuschreiben. Textzeilen, wie “[…] Nas and Jay-Z/ Gangway Beatz, the new Hip Hop committee”, lassen den Hörer auf eine dritte Compilation hoffen, auf der musikalische Komponenten einen deutlich höheren Stellenwert haben als repräsentative Aspekte eines sozialen Vereins.