Denn: Muss man wirklich über die glänzenden Beats sprechen, die er in zukunftsweisender Manier ans hungrige Rapvolk verteilt. Muss man seine, einzigartige Kunst abzumischen hervorheben, mit der er jedes aufgezeichnete Geräusch zu einem Surround-Sound-Klangerlebnis hoch zu züchten vermag?
Selfmade-Produzent Rizbo meinte auf der „First There Was The Beat„-DVD, man müsse als Produzent auch ein bisschen Rapper sein, um zu wissen worauf es ankommt und irgendwie scheint sich RAF eben auch als ein „bisschen Rapper“ zu verstehen. Liest man sich die Kommentare unter Youtube-Videos, die seine Mitwirkung beinhalten durch, stehen da auch immer ein paar, die wie selbstverständlich behaupten, dass RAF hauptsächlich Produziert sei und mit Sicherheit das Mic bald weglegen würde und obwohl er schon seit zwölf Jahren rappt, werde auch ich genau dieses Gefühl nicht los.
Woran liegt das?
Trotz der französischen Flowtradition, die er für Deutschland salonfähig gemacht hat, finden sich mir zu viele Füllzeilen wie „glaub’s mir oder auch nicht/ Ich mache was ich will, denn mir ist alles egal, rappe erst dann weiter wenn man wieder Bares bezahlt„,
die man schon zur Genüge kennt. Auch wenn das Album eine Therapie sein soll – RAF verrät uns eigentlich nichts über sich, was er auch locker der Kassiererin bei Kaisers anvertrauen würde. Eine kleine Ausnahme bietet da „5 Haus„, das von seiner Jugend in eben diesem Bezirk von Wien handelt und immerhin durchschimmern lässt, dass er scheinbar mal auf einem Müllsack Bobgefahren ist, wie ernst er das auch immer meint.
Trotzdem beschränkt sich sein Rap hauptsächlich darauf uns mitzuteilen, wie besoffen er in der Booth steht, was er mit seinen ganzen Händen alles gleichzeitig tut (es müssen so um die 25 sein) und was für Schwierigkeiten in diesem Biz auf einen lauern. Das ist alles ganz unterhaltsam, aber ausgesprochen mager im Verhältnis zu dem, wozu die Wiener Rapgröße fähig wäre.
Während Beats und Flow beinahe schon überentwickelt sind, hängt der Inhalt weit zurück und das fällt auf.
Alles was fehlt, ist ein bisschen mehr Persönlichkeit, vielleicht auch mehr Fehler. Nicht viel, aber genau da verläuft nun mal die Grenze zwischen polarisierend/interessant und äh… „ziemlich gut“. Während einem bei Haftbefehl schon nach zwei Lines ein schnell geschnittener Thriller im Kopf herum spukt, liefert RAF „nur“ einen sehr geilen Soundtrack… (das nur in Anführungszeichen, ja!) Die Bilder selbst sind zu unscharf und die Spezialeffekte schon zu oft gesehen.
Ich wünsche mir förmlich, RAF Camora würde sich überwinden, dem Zuhörer mehr von Raphael Ragucci und dessen Leben und Träumen zu erzählen. Bis dahin bleibt „Therapie Nach Dem Album“ ein verdammt cooles Album – von dem mir wahrscheinlich aber nicht viel im Gedächtnis bleibt. Schade.