Disney Interactive – Split/Second: Velocity

Man kennt das: Man rast mit 250 Sachen über den Rundkurs, nur noch eine Meile zu fahren und man führt knapp das Feld an. Plötzlich stürzt wieder mal wieder ein Transportflugzeug auf uns herunter, ein Ausweichen ist unmöglich und schon sind wir nur noch auf Platz 6… Moment mal, Transportflugzeug?! Nun, vielleicht ist das wohl doch kein so alltägliches Erlebnis. Tatsächlich ist dieses ungewöhnliche Situation eine normale Sache im Actionrennspiel Split/Second: Velocity von Disney Interactive. Wie gut das Spielkonzept funktioniert und wie viel Spaß das ganze macht, wird die Review der PS3-Version nun näher beleuchten.

Schon das Intro verrät: Hier wird man keinen Rennsimulator finden und faires Miteinander wird auch nicht groß geschrieben. Stattdessen kracht es an allen Ecken und Enden. Auch das Menü mit umherfliegenden Scheibentrümmern passt gut zu dieser Atmosphäre.

Um das Split/Second kennen zu lernen, empfiehlt es sich, den Karrieremodus, genannt "Staffel“, zu starten, das dortige Tutorial führt gut in die Grundlagen ein. Diese sind eigentlich relativ simpel: Gas, Bremse, Links, Rechts. Stilecht driftet man durch Kurven, anstatt normal zu bremsen. Bei vielen Kurven wäre noch nicht einmal das nötig bei der arcadelastigen Steuerung, man könnte einfach durchbrettern. Allerdings kommt hier die Besonderheit von Split/Second zum Tragen. Denn durch Drifts sowie Windschattenfahrten und Sprünge baut man Energie in einer Leiste auf (die wie alle anderen wichtigen Rennangaben wie Platzierung und die aktuelle Runde unter dem Auto kleben, wodurch das Interface sehr aufgeräumt ist und viel Sicht auf das Spiel gewährt). Hat man mindestens ein Drittel der Leiste gefüllt, kann man an bestimmten Punkten der Strecke sogenannte Power-Plays auslösen. Durch diese werden diverse Elemente auf, über oder neben der Strecke auf effektreiche Art und Weise auseinander genommen.
So werden neben der Strecke stehende Busse gesprengt, die dann über die Strecke fliegen und alles zerstören, was nicht achtsam genug ist, oder ein Hubschrauber wirft Sprengfässer auf die Straße, oder Felsbrocken werden aus einer Wand gesprengt, die über die Strecke rollen. Seltener sind die roten Power-Plays der Stufe 2, für die man eine komplett gefüllt Energieleiste benötigt und die nur an wenigen Stellen pro Strecke ausgelöst werden können. Doch der (optische wie praktische) Effekt fällt oft gewaltig aus: Da werden Flugzeuge zum Absturz gebracht, Flugzeugträger aus der Verankerung gerissen und sogar Türme und Staudämme gesprengt.
Oft ändert solch ein roter Power-Play sogar den Streckenverlauf und besonders effektive Power-Plays kann man sich sogar in einem Replay ansehen. Schade: Nach einigen Rennen kennt man die meisten bereits und als vorausschauender Fahrer kann man den meisten dann ganz gut ausweichen, da die Brocken und Fahrzeuge stets gleich fallen. Nichtsdestotrotz macht das Auslösen und Ausweichen einen Heidenspaß! Das Adrenalin steigt immer wieder in unermessliche Höhen, wenn man merkt, dass ein Hubschrauber mit einem riesigen Kipplader gerade den Tunnel auseinander nimmt, in dem man sich gerade selber befindet.

Das ganze Spektakel hat sogar einen interessanten Hintergrund: Man ist Teilnehmer einer Reality Show und die Strecken sind ein vorgebautes Aufnahme-Set. Dabei geht die Staffel (Karriere) über 12 Folgen à 6 Rennen – 4 normale, eine Bonusrunde und ein Eliterennen, in der man Punkte sammelt, die am Ende der Karriere wie bei einer Saison den Meisterschaftsplatz bestimmen. Hier gibt es aber nicht nur normale Rennen (wenn man den Begriff "normal“ hier überhaupt anwenden kann), sondern auch die aus anderen Rennspielen bekannten Eliminator-Rennen, in denen nach und nach der letzte Platz ausscheidet oder die Detonator-Rennen, in denen man nur gegen die Zeit fährt … und gegen automatisch auslösende Power-Plays.  Gänzlich ausgefallen sind die Events, in denen man an Sprengstofffässer werfenden Trucks vorbeifahren oder Raketen eines Hubschraubers ausweichen muss. An Letzterem kann man sich später im Karrieremodus sogar rächen. Je nach Platzierung erhält man dann Credits, mit denen man (nicht lizensierte) Fahrzeuge mit unterschiedlichen Fahreigenschaften freischaltet. Der eine driftet sehr gut, der andere ist relativ schnell und wieder ein anderer hält Schockwellen von Power-Plays besonders gut aus. Es sei allerdings gesagt: Das Spiel ist, obwohl unkomplizierter Arcade-Raser, NICHT für Anfänger geeignet. Gerade die letzten Rennen verlangen nahezu fehlerloses Fahrverhalten und taktisch klug eingesetzte Power-Plays, ohne jedoch all zu unfair zu werden.

Neben dem Karriemodus kann man sich natürlich auch mit einem Freund im Splitscreen oder online mit bis zu sieben Gegnern messen. Allerdings nur in drei Rennmodi. Außerdem sind die Einstellungsmöglichkeiten sehr minimalistisch. Je nach Platzierung kann man sein persönliches Handicap verbessern oder verschlechtern. Das aktuelle Handicap wird sogar als Rennnummer auf das Fahrzeug gepinselt (ähnlich wie im Karrieremodus, in dem der Fortschritt die Rennnummer bestimmt).
Leider kann man die Fahrzeuge weiterhin nur noch über einige Farbtöne und Decals (die automatisch anhand der Trophäen aufgeklebt werden) verändern. Auf Tuning wurde hier komplett verzichtet.
Die nicht lizenzierten Fahrzeuge und auch die grafische Gestaltung erinnern sehr an Spiele wie Burnout, nur mit noch mehr Schrott und Explosionen. Die kommen in HD wirklich gut rüber, die PS3-typisch suboptimale Kantenglättung ist das einzige, was einem negativ an der  Grafik auffällt. Im Gegensatz zu vielen anderen Rennspielen verzichtet Split/Second auf einen Soundtrack, der auf normalen Liedern basiert und setzt auf angepasste "Filmmusik", um die Rennen auch atmosphärisch in eine passende Stimmung zu tauchen. Das gelingt, auch wenn der Wiedererkennungswert der Palette teilweise schwankt. Das Hauptthema ist allerdings eingängig und bleibt hängen.
Abschließend bleibt zu sagen, dass Split/Second: Velocity ein gelungenes Experiment ist. Es ist nicht rundum ausgefeilt, gerade auf Dauer wiederholen sich die Explosionen und durch das fehlende Tuning und die eingeschränkten Online-Optionen hat man einiges an Langzeitspielspaß verschenkt.
Dennoch bietet das Spiel herausfordernde Rennen für jeden, dem das Adrenalin in normalen Rennspielen nicht mehr hoch genug steigt. Ich hoffe jedenfalls, das dieses Spielkonzept in späteren Spielen noch mal aufgegriffen und verfeinert wird.