Morlockk Dilemma – Der Eiserne Besen

Morlokk Dilemma, der Leipziger, bekannt für seine mehr als markante Rapweise, hat am 1. Mai dieses Jahres mit „Der Eiserne Besen“ ein neues Mixtape herausgebracht. „Der Eiserne Besen„, das war interessanter- und erschreckenderweise einstmals eine österreichische antisemitische Zeitung, deren Motto war: „Der Eiserne Besen kehrt überall wo es nötig und erwünscht ist. Bitte allfällige Mistwinkel uns gütigst bekannt zu geben, auf das unser Eiserner Besen seines Amtes walte.„Der Künstler selbst gab jedoch kürzlich im Interview mit uns (bitte klicken) an, von dieser Propagandaschrift nichts gewusst zu haben und sich im Albumtitel nur auf die bekannte Redewendung „mit dem eisernen Besen auskehren“ zu beziehen.
Der eiserne Besen in Gestalt von Morlokk Dilemma richtet sich dann auch selbstverständlich nicht gegen einzelne Bevölkerungsgruppen, sondern ganz einfach gegen… ja… einfach gegen Jeden.
Der eiserne Besen, er kehrt den Dreck vom Beton.“ („Der Besen Stellt Sich Vor„). Trotz allem ist das Mixtape politisch unkorrekt, schwarzhumorig, wahnsinnig und böse.

Auf ganzen 37, zum Großteil neuen Tracks wird hier in alle Richtungen geschlagen, gespuckt und getreten. Wechselweise gegen die Menschheit und die Existenz an sich oder auch nur gegen einzelne Individuen. Diese CD, eingelegt auf einer Party, garantiert eine schnelle Leerung derselben, wofür sie aber offensichtlich auch nicht gedacht ist.
Der Eiserne Besen“ ist nichts für die breite Masse, nichtmal etwas für den Großteil der Deutschraphörer. Das ist einfach fernab des Mainstreams und sehr verrückt und sehr speziell oder wie Savas in seinem Shoutout zu dem eigentlich für den „Immer Wenn Ich Rhyme“ Remix gedachten Part sagt: „Leider Gottes ist der Junge zu wahnsinnig. Ich konnte das nicht drauf lassen. Wirklich. Sonst hätte ich Ärger bekommen.

Die eigene Fremdheit in der Welt, die Misanthropie, Gewalt und Sex in allen Formen und Farben, der Untergang der Menschheit, die Apokalypse und das Fegefeuer, all das sind Inhalte mit denen sich der Rapper beschäftigt. Dabei pendelt Morlokk Dilemma zwischen der realen, bodenständigen und der abgehobenen, fantastischen Bild-Ebene hin und her, bis die Grenzen bald vollständig verwischen. Der Battlerapper mutiert zum schreienden, spuckenden und prügelnden Propheten des Untergangs, der diesen auch noch selber herbeizuführen gedenkt.
Das Ganze wird so eindringlich vorgetragen, dass man ihm diese Rolle einfach abnehmen muss und förmlich hineingesogen wird in diese Welt aus Hass. Das ist zwar schwere Kost, aber auch schwer Kunst, was hier abgeliefert wird.

Die Bilder und Vergleiche sind brutal und vulgär, die Vortragsweise in Stimme und Flow sehr durchdringend und eindringlich und vor allem aber extrem gewöhnungsbedürftig.
So mancher meiner Bekannten wurde schon direkt nach den ersten Tönen vollkommen abgeschreckt. Sie können sich das einfach nicht anhören.
Das hat nichts von dem harmonischen oder melodiösen Rap anderer Kollegen, das ist aufwühlend und eigen, schnell und ruppig. Kann man sich aber damit arrangieren, bekommt man Raptechnik allerhöchster Güteklasse geboten, denn was Reimketten, Vergleiche und ähnliche Felder angeht, muss sich Morlokk Dilemma vor keinem verstecken. „Immer wenn ich rhyme/Werd ich getrieben vom Negativen, das da siegt über Lebenslügen/wie Frieden und Nächstenliebe. Salutierend dem Rädelsführer/Wenn der T-Rex auf Ketamin dir den riesigen Penisprügel/mies über den Schädel zieht, reagieren deine Tränendrüsen.“ („Immer Wenn Ich Rhyme„)

Die besonders gewöhnungsbedürftige, eigenwillige Art und Weise des Raps hat aber noch einen anderen Effekt, den der geneigte Hörer schon von anderen, besonders den doubletimenden Rapkollegen kennt: Man versteht nicht sofort alles. Man muss das mehrmals hören und findet aber gerade dadurch immer wieder etwas Neues, das einen zu begeistern vermag.
Das sichert den Langzeitspaß an der CD, da man sie sich erschließen muss und nicht nach zweimaligen Durchspielen alles tot gehört hat.

Die bedrohlichen Beats bestehen allesamt fast nur aus jeweils einem Sample und Drums und unterscheiden sich nicht großartig voneinander. Da das gesamte Mixtape sehr homogen daherkommt, verschwimmt irgendwann alles zu einem wabernden Brei aus Beleidigungen, Gewaltfantasien und Verachtung. Durch diesen gleichbleibenden Wahnsinn und die leider auch immer gleiche, eigenwillige Vortragsweise des Herren Dilemma, die nur durch die Featureparts von unter anderem Hiob, JAW, Retrogott und Damion Davis ein wenig gelockert wird, besteht die Gefahr, dass man irgendwann abschaltet und es auch für geneigte Hörer anstrengend und nervig wird. Diese überausgedehnte, bohrende Gleichförmigkeit verteilt auf 37 Titel, die einen irgendwann schon fast dazu zwingt, genervt zu sein, ist der einzige Kritikpunkt eines ansonsten genialen Mixtapes.

Deshalb meine Verbraucherempfehlung: In kleinen Dosen konsumieren, dann ist der Genuss garantiert.