Kaisa – K.M.K.

Ja, der Kaisa auch bekannt als Kaisaschnitt: Ich muss ehrlich sagen, ich kenne seine Musik ja schon circa ewig, denn natürlich kommt man nicht an ihm vorbei, wenn man sich mit deutschem Rap beschäftigt.
Außer einzelnen Liedern habe ich ihn aber nie so richtig feiern können, im Gegensatz zu anderen Berliner Rappern. Auch wenn einige meiner Kumpels gerade auf Kaisas Musik wieder und wieder schwören, war mir das immer ein bisschen zu störrisch und kantig.
„K.M.K.“ reiht sich hier nahtlos ein in das bisherige Schaffen des Hellraisers und ist ein Werk, bei dem die Handschrift des Künstlers ganz eindeutig zu erkennen ist, was seine treuen Fans sicher freuen wird.Die Beats sowie die Texte von Kaisa sind also allesamt gewohnt düster. Auf Raptechnik wird eher weniger bis gar keinen besonderen Wert gelegt, auch wenn sich der Flow stetig verbessert ist  es im Großen und Ganzen genau so, wie man ihn kennt. Allerdings weiß mich der Rapper auf „K.M.K.“ auch durchaus durch den einen oder anderen variierten Stimmeinsatz oder eine eingängige Gesangseinlage, zu überraschen und sogar zu überzeugen.

Insgesamt kann man sagen, dass Kaisa diesen Film, den er fährt, diese Kunst, die er macht im Gegensatz zu früheren Alben, weiterentwickelt, vertieft und ausgebaut hat. Das steht im Gegensatz zu anderen „Künstlern“, die man schon gar nicht mehr Künstler nennen mag, weil sie seit Jahren auf der Stelle zu treten scheinen.
Der rote Faden der Platte lässt sich ungefähr so definieren: Kaisa beschreibt die negative, kranke Seite der Welt, wie er sie eben sieht und dass daraus eben auch kranke Menschen entspringen, wie z.B. er selbst oder eben die metaphorischen, namensgebenden Kinder mit den Kettensägen, die sich laut Kaisa, für all diese kranke Scheiße, in der sie hier aufwachsen müssen, irgendwann bedanken werden. Dann schnappen sie sich eben die Kettensägen um Hurensöhne, Pädophile und ähnliche Menschen zu töten.

Das erkennt man gleich im ersten Track „K.M.K.“, in dem die verdorbene Jugend beschrieben wird, unter Anderem mit den Worten: „Kinder an die Macht!/ Kinder setzen Masken auf/ laden ihre Waffe durch/ denn sie nehmen den Knast in Kauf.“
Kaisa beschreibt die gewalttätigen, kalten Jugendlichen und gesteht, zusammen mit einer gesungenen Kinderstimme, in der Hook ein, dass er sie sehr gut verstehen kann. Genauso zeigt er aber auch Verständnis dafür, das seine Lehrer Angst vor ihm hatten, wenn er in die Schule kam.

Kontrovers geht es weiter auf „Endlich Klartext“ in dem Kaisa, wie der Name vermuten lässt, seine Art von Klartext spricht und bei seinen Aussagen kein Blatt vor den Mund nimmt. So schießt er unter anderem gegen Schwule oder reibt sich an dem „Judenkomplex“ der Deutschen: „6 Millionen Juden tot – Keiner denkt an Afrika!/ Was ist dieses Israel? Ich kenn nur Palästina./ Alles rauslassen endlich auf den Punkt bringen./ Wenn es euch nicht passt, dann müsst ihr mich wohl umbringen.“
Hier wird dann mit Absicht auf „political correctness“ geschissen, was ich auf der einen Seite  zwar ganz erfrischend finde, auf der anderen Seite schießen Aussagen wie „Was ist dieses Israel?“ dabei sehr über das Ziel hinaus und man muss sich fragen, ob Herr Kaisa an dieser Stelle nur auf Teufel komm raus provozieren will oder gar selbst einen kleinen Juden- oder Schwulenkomplex hat,  weil diese Themen so radikal und oft auftauchen. Eine eventuelle Nähe zum Rechtsextremismus wird allerdings gleichzeitig nach wie vor verneint, wenn es auf dem Track „Alles ist so Hurensohn“ heißt: „Johannes Kerner: Hurensohn; Adolf Hitler: Hurensohn; Autobahn: Gut gemacht; JVA: Hurensohn; NPD: Hurensohn; DDR: Hurensohn; SPD: Hurensohn; Jörg Tauss: Kinderficker“.

Ehrlich gesagt wissen wir nicht, ob man unbedingt über die oben genannten Themen diskutieren muss, anscheinend aber doch, wie das längere Interview mit Kaisa beweist, das rap.de am Freitag veröffentlichen werden. Unwidersprochen kann man diese Thesen auf jeden Fall nicht stehen lassen, auch oder gerade weil es anscheinend einige Menschen interessiert.

Aber auf „K.M.K.“ geht es nicht nur um die anscheinend beschnittene Meinungsfreiheit oder den Überwachungsstaat, es geht auch noch um andere Dinge. Hervorzuheben ist hier der Track „Muttertag“, der offensichtlich schon einen kleinen Vorgeschmack auf das zukünftige Rockprojekt darstellt.
Hier beschreibt Kaisa die Gedanken, Selbstzweifel und Todessehnsucht eines Kindes, das von seiner Mutter nicht geliebt und sogar gehasst wird. Hier geht es vor allem in der Hook durch das gerollte „R“ eher so in Richtung Rammstein, während andere Hooks  wie z.B. bei „Den Schlechten geht es gut“, „Donnie Brasco“ oder „Endlich Klartext“ ziemlich an Böhse Onkelz erinnern. Gefällt mir persönlich ziemlich gut.

Natürlich hat die CD, neben einigen zweifelhaften politischen Aussagen, auch noch andere Schwächen. Tracks wie zum Beispiel „Deutschland im Herbst“ sind dann wieder so unkonkret und klingen ungefähr so: „Im Herbst wird man hier nicht alt, alles ist kalt“  usw. Oder eine Vielzahl der Tracks, die sich nur gegen Rapper oder allgemein gegen Menschen richten, die hart tun, es aber nicht sind.
In anderen Tracks beschreibt Kaisa wiederum, was er so alles mit den Frauen der genannten Rapper, sowie mit Nutten und Schlampen so macht. Dabei wird nichts geschönt oder ausgespart und das ist manchmal auch ein bisschen anstrengend.
Das gehört eben zu Kaisas Style, aber solche Songs hat man einfach schon zu oft gehört, weshalb man hier getrost weiter skippen kann.

„K.M.K.“ das offiziell letzte Rap-Album von Kaisa, ist keine Partymusik, kein Gangster- und auch kein Battlerap, auch als Horrorcore würde ich es nicht bezeichnen. Man kann es eigentlich gar nicht so richtig einordnen. Es ist ein eigenständiges Kunstwerk, von der Art, wie Bilder, in denen der Maler sehr viel schwarz verwendete.
Das ist unbestreitbar Kunst was der Herr hier abgeliefert hat. Im Prinzip ist das so ähnlich wie bei Kaas. Ja Kaas. Nur, dass dieser seine Sicht und seine Kunst eben auf alle positiven Aspekte richtet und das Bild demzufolge sehr weiß ausfällt. Aber so wie es eben „weiß“ und „schwarz“ in der Realität gibt, muss es sie meiner Meinung nach auch in der Kunst geben.

Dieses schwarze Bild, um mal bei der Metapher zu bleiben, diese Atmosphäre kreiert Kaisa sehr gekonnt.
Allerdings würde ich diese Bilder dann eher auf dem Dachboden lagern und vielleicht ab und zu, wenn ich mal in Stimmung bin, rausholen und bestaunen.
Auf keinen Fall würde ich sie mir ins Wohnzimmer hängen, genauso wenig, wie ich solche Musik ständig hören will. In der richtigen Stimmung aber, kann ich da auf jeden Fall Gefallen dran finden.