Ob das nun allerdings daran liegt, dass die Qualität der Tracks zugenommen hat oder schlicht und ergreifend daran, dass einfach weniger Lieder auf "Zwangsimpfung“ angesammelt wurden – das kann ich nicht mit letzter Sicherheit sagen.
Mit ihrer schwülstigen Ode an das "Paradies am Mittelmeer“, das da Palästina heißt, legen Rapper Woljna und sein DJ Thorben aber auf jeden Fall schon mal ganz gut vor. Der Track beschreibt eine Reise mit einer Hilfsorganisation und hier werden die üblichen Saiten angeschlagen: Demütigende Kontrollen von brutalen israelischen Soldaten, freundliche Palästinenser, die den Gästen aus dem Pott, trotz ihrer Armut, ein Dach über den Kopf anbieten, antizionistische Rabbiner, die mit der Thora unterm Arm für ein "freies Palästina“ kämpfen und so weiter.
Das bietet einen gesucht ungewöhnlichen Blick, ist teilweise sehr interessant und lässt sich bis dahin auch noch ganz gut verkraften.
Ekelhaft wird es allerdings an den Stellen, an denen sich die Bandbreite bei der islamistischen Hamas-Regierung anbiedert: "Die Hamas zu meiden/ war zuerst unsere Maxime/ nun stehen wir hier/ und lauschen Ismael Haniya/ Terrorisierer?/ Ein paar von uns sind schon begeistert/ Was des einen Terrorchef/ Ist des anderen Bürgermeister!“
Für die Bandbreite ist die Lage eindeutig und der Schuldige steht fest: Auf der einen Seite das böse und aggressive Israel, auf der anderen Seite, das unschuldige Palästina. Die Rollen sind im Weltbild der Duisburger klar verteilt.
Ein bisschen Hoffnung spendet lediglich die Tatsache, dass Rapper Woljna auch erkennt, dass am "Raubbau an Palästinas Seele“ durchaus auch arabische Regierungen ihre ganz eigenen Interessen haben. So wird zugegeben, dass Ägypten sich vehement weigert, von seiner Anti-Schmuggel-Politik abzuweichen und damit Hilfsgüter von Ägypten aus in den Gaza-Streifen kommen zu lassen.
Wie bei Produktionen von der Bandbreite üblich, ist der Beat eher poppig gehalten, Gitarrengeklimper und Streicher. Es wird zwar gerappt, aber offensichtlich so, dass möglichst viele Hörer erreicht werden.
In "Angst vor Lissabon“ arbeiten sich die beiden am EU-Grundlagenvertrag, im Volksmund auch Lissabon-Vertrag genannt, ab. Sachlich ganz okay, aber aufgrund mangelnder Rap-Fähigkeiten alles ein bisschen hölzern.
Das Anstrengende bei diesen Liedern ist, dass die Bandbreite sich offenbar einen Katalog aller infokrieg.tv und ASUR-Blog-relevanten Themen aufgeschrieben hat und diesen dann Stück für Stück abarbeiten. Sehr zu lasten der Kunst, die darunter leidet zumal das Ganze dann auch noch raptechnisch eher limitiert und auf statischen Beats heruntergeleiert wird.
Dasselbe Problem findet sich auch bei "Handyphob“, ein Lied über Handystrahlung. Beim Beat wird tatsächlich etwas tiefer in die Trickkiste gegriffen, hin und wieder wird das typische Handy-Knacken abgespielt, was mich automatisch in meine Hosentasche greifen lässt.
Die Bandbreite vertritt hier die nicht unumstrittene Meinung, dass Handystrahlen Krebs und sonstige Krankheiten verursachen, was dann wiederum etwas ungelenk so klingt: "Und wenn du dein Handy zu lange in der Hose hast/ Dann nimmt die Spermaqualität in deinen Hoden ab“
Bei solchen Themen ist das Engagement der Bandbreite natürlich löblich, leider klingt das alles so angestrengt engagiert, dass man schnell die Lust am Hören verliert. Die Fakten werden zwar sauber ausgebreitet, der stets etwas Oberlehrerhafte Tonfall des Rappers mit dem Duisburger Akzent macht aber einfach keinen Spaß, selbst wenn man sich zur Milde aufruft und den Themen etwas abgewinnen kann.
Auf "Spieglein, Spieglein“ rechnen die beiden Burschen mit dem deutschen Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL ab, dem sie Verharmlosung von Atomstrom aufgrund des Werbepartners RWE, Neoliberalismus, Hetze gegen den "Armutshalbierer“ Hugo Chavez und, und, und vorwerfen.
Richtig blöde wird es dann aber nochmal bei "Casino Royal“, in dem die Bandbreite die Verschwörung einer Wirtschaftselite besingt, die "im dämmrigen Licht“ über das Schicksal der Welt entscheidet. Das ist alles so bemüht augenzwinkernd, dass man gleich wieder wegskippen muss. Die billigen Funkbeats verschlimmern den Eindruck – das ist dann wirklich ganz fürchterlich.
Abschließend kann man nach den fünf Tracks aber auch sagen, dass das alles gar nicht so schlimm war, wie erwartet.
Zwar ist es meilenweit davon entfernt, gut zu sein, aber es ist kein völliges Desaster, wie beim Vorgänger "Hexenjagd“, trotzdem hinterlässt das Hören dieser EP einen leicht faden Nachgeschmack, weil man das Gefühlt hat, es wäre schlimmer geworden, hätten die beiden ein Album in voller Länge machen dürfen.
Fehlgriffe wie "Palästina“, in dem die beiden von Organhandel-Vorwurf bis hin zur Hamas-Schmeichelei in jeden Fettnäpfchen treten, untermauern diese Vermutung.
Aber wenigstens war dieses Mal das Cover ganz okay.