EA – Need For Speed -Shift

Woran denkt man, wenn man als Rennspielfan den Namen der Rennserie Need for Speed hört?! Wenn man die letzten zwei Jahre seit Carbon mal außen vor lässt, denkt man doch an eine etablierte Marke unter den Top – Arcade – Rennspielen für Konsolen und den PC. Jedoch waren es gerade die letzten zwei Jahre, die der NFS Serie den guten Ruf kosteten.

War doch ProStreet nur ein netter Versuch, mal in das Simulation-Genre hineinzuschnuppern und Undercover ein ideenloses aus alten Titeln zusammengewürfeltes Konzept mit einer ziemlich laschen Grafik. Außerdem konnte man sich darauf verlassen, dass jedes Jahr ein NFS Titel pünktlich zum Weihnachtsgeschäft auf den Markt kam. Man könnte sagen, der Druck jedes Jahr ein neuen Spiel veröffentlichen zu müssen und die damit eintretende Routine, hat völlig die Innovation und das Feuer zerstört, die Need for Speed mit Titeln wie Underground oder Most Wanted einst so populär gemacht hat.

Wird sich daran dieses Jahr etwas ändern? Wir werden sehn.

Zuerst einmal fällt bei dem neuen Need for Speed Teil Shift aus dem Hause EA auf, dass wir noch eine Weile vom Weihnachtsmann entfernt sind und dieser auch nur Versionen für den PC, die X-Box, die PSP und die PS3 im Gepäck hat. Die Nintendo WII und der DS bekommen im November mit dem Titel Nitro eine Extrawurst, aber dazu später mehr.
Desweiteren, wenn man die Werbung und die veröffentlichten Videos mal gesehen hat, denkt man doch eher an einen neuen Teil von Grid, sieht man doch nur gesperrte Originalstrecken und statt aufgetunte Protzschlitten viele Rennwagen. Versucht es etwa EA erneut wie bei Pro Street mit einer Mischung aus Arcade und Simulation? Täuscht der erste Eindruck?

Nein! Und es wird sogar noch besser. Need for Speed wechselt das Genre komplett und wird zu einer Rennsimulation. Man könnte sagen, die Rennserie wird erwachsen und löst sich von seinen Arcaderacer-Wurzeln.

Keine alten Geschichten mehr!

Gleich zu Beginn des Spiel steigt ihr in einen Rennboliden und müsst euch auf einer Rennstrecke beweisen. Schnell fällt auf, dass man nicht einfach nur Gas geben und ein bisschen bremsen braucht, um gut durch die Kurven zu eiern wie bei alten NFS Titeln. Nein, man muss das Fahrzeug wirklich unter Kontrolle halten und hat eine realistische direkte Steuerung mit einer erstaunlich guten Fahrphysik.
 

Das Spiel macht sofort Lust auf mehr. So kauft man sich seinen ersten Wagen, wobei man sich zwischen den üblichen Werkswagen aus Europa, Japan und den USA entscheiden kann. Man sollte auch von Anfang an darauf achten, welches Auto man sich kauft, denn jedes hat andere Eigenschaften. Manche sind für Driftevents geeignet, andere kann man bis ins letzte tunen und mit Lachgaseinspritzung (Nitro) versehen. Später kann man dann auch natürlich die gewohnten Exoten erwerben wie einen McLaren oder Bugatti, die dann aber nur noch optisch veränderbar sind.

Als Fahrer müsst ihr euch durch verschiedene Renntypen einen Namen machen. So sammelt ihr Fahrerpunkte, die euch im Rang stetig steigen lassen, indem ihr in den gewohnten Rundkursen mit euren eigenen Boliden oder in Werksmeisterschaften mit euch vorgesetzten Autos antretet. Natürlich gibt es auch verschiede Renntypen wie Rundkurs, Zeitfahren, Driftwettbewerbe, Einzelduelle, Eliminator und so weiter.

Die KI der Gegner ist nicht schlecht und passt sich den drei üblichen Möglichkeiten Leicht, Mittel, Schwer gut an, wobei man hier sagen muss, dass beim schwersten Schwierigkeitsgrad die Gegner öfters sehr willkürlich und auch unfair handeln. Des Weiteren lässt sich die Schwierigkeit auch durch die einzelnen Fahrhilfen beeinflussen, die man einstellen kann, wie eine Brems- und Lenkhilfe, ABS, ESP und natürlich auch Automatikschaltung.

Im Renngeschehen sammelt ihr zusätzlich Punkte, die euer Fahrerprofil beeinflussen. Es gibt den aggressiven Fahrer, der zum Beispiel Windschatten nutzt, unsauber überholt und oft rempelt, oder den ordentlichen Fahrer, der sauber der Ideallinie folgt und fair überholt. Im Rennen bekommt ihr auch Punkte für gemeisterte Szenarien wie zum Beispiel 10 Gegner überholen, 50 mal im Windschatten gefahren und so weiter. Damit verdient ihr euch Abzeichen und bessert weiter euer Fahrerprofil auf. Das ist später dafür verantwortlich, wie und gegen wen ihr im Netz spielt. Der Multiplayermodus im Internet orientiert sich an den Fahrerprofilen, um gleichwertige Gegner zu finden und damit das Rennen zu besetzen. Der Multiplayermodus ist  mit den drei Varianten Rundkurs, Zeitfahren und Drift ansonsten sehr schmächtig gehalten.
 
Wichtig, um mithalten zu können, ist natürlich auch das Fahrzeug! Shift glänzt mit einem enormen Fuhrpark angefangen vom Golf V zum Porsche Cayman bis hin zum Lamborghini. Genauso lizensiert wie die Wagen sind diesmal auch die Rennstrecken. War doch NFS bis jetzt immer nur für Fantasiekurse bekannt. Jetzt hat man viele Originalstrecken in Grid-manier. Besonders Spaß machen vor allem die kurvenreichen Strecken, denn endlich ist man fahrtechnisch gefordert! Sonst bekam man einen Krampf im Daumen, weil man unter Dauergas durch verlassene Städte raste.  Jetzt ist man in jeder Kurve gefordert, den richtigen Bremspunkt zu finden und nicht zu schnell zu beschleunigen, um nicht ins Schleudern zu kommen. Mal abgesehen von den Driftwettbewerben, bei dem man ein sehr zum Übersteuern neigendes Fahrzeug führt, hat man diesmal auf eine sehr realitätsnahe Fahrphysik gebaut und alles richtig gemacht. Die Zeiten des steifen Daumens sind endlich vorbei und das Fahren macht wieder Spaß.
 

Die Fahreigenschaften lassen sich auch durch gezielte Abstimmungen am Vehikel verändern. Entweder man entscheidet sich für eine einfache Variante, bei der man sehr simpel Veränderungen erzielt oder man kennt sich aus und kann an jedem wichtigen Teil des Fahrwerks oder des Motors/Getriebe rumstellen, um seine optimale Einstellung zu finden.
Nicht ganz so ausführlich ist diesmal das Tunen mit Zubehör ausgefallen. Das Autosculpt ist völlig weggefallen und auch das Aufrüsten mit Teilen von Markenfirmen ist Vergangenheit. Man hat lediglich drei Stufen, in denen man den Motor, die Reifen oder zum Beispiel die Karosserie als ganzes (Kit) aufbauen kann. Optisch lässt sich das ganze noch durch individuelle Lackierungen und Vinyls abrunden.
Aber mal ganz ehrlich – bei einer Simulation reicht das auch.
Den größten Trumpf bei Shift bildet außerdem die Grafik.
Diese besteht aus einer komplett neuen Engine und ist sehr realitätsnah. Man merkt zwar sofort, dass auch hier wieder Grid als Vorbild den Denkanstoß gab, aber das spielt nicht wirklich eine Rolle, wenn man an das Grafikdesaster von Undercover im letzten Jahr zurückdenkt. Die Fahrzeuge und Strecken sind schön gestaltet und vor allem sehr detailliert. Die Bildschirmoberfläche im Rennen ist übersichtlich und lenkt nicht ab. Die Licht- und Partikeleffekte sind sogar vorbildhaft für die Konkurrenz. Die Schadensmodelle der Fahrzeuge sind optisch auch gut gelungen. Kritikpunkt wäre hier nur, dass der Schaden des Autos so gut wie keine Auswirkung auf das Fahrverhalten hat. Sehr zu empfehlen ist die Cockpitansicht. Diese bringt eine sehr realitätsnahe Ansicht der Dinge. Was auf  jeden Fall jedem PC-Version-Spieler auffällt ist, wie flüssig auf einmal alles läuft, war doch Undercover ein einziges Frames-auf-und-ab.
Was die Akustik betrifft, ist Shift auch hier ganz vorn mit dabei. Die einzelnen Rennboliden unterscheiden sich alle vom Motorengeräusch her und haben zum größten Teil einen sehr knackigen tiefen Klang, der, wenn es mal lauter vorm PC sein sollte, auch mal Gänsehaut verursacht. Die Streckenumgebung fängt die Geschehnisse gut auf und vermittelt so einen guten Raumklang. Die Musikuntermalung ist mal wieder gelungen und sehr Genreübergreifend.

Technik

Die Systemanforderungen sind zeitgemäß mit 1,66 GHz Core2 oder AMD X2 3800+.
An Arbeitsspeicher benötigt man 1GB bei XP und 1,5 GB bei Vista und die Grafik schlägt mit mindestens einer 256 MB Karte zu Buche.
Um ein gutes und flüssiges Spielerlebnis zu haben, ist zu empfehlen, einen 2,2 GHz Core2, 2GB Ram und mindesten eine GeForce 8600 GT 512 MB bzw.  ATI Radeon HD 4350 512 MB zu haben.

Fazit

Need for Speed Shift überrascht und das nur im positiven Sinne!
Es war von EA eine sehr gute Entscheidung, Black Box abzulösen, die in den letzten Jahren die Serie mit Innovationslosigkeit in den Sand gesetzt haben. Mit dem neuen Entwicklerteam von den SlighlyMA Studios haben sie auf die Richtigen gesetzt. Die neue Grafikengine und das rund um erneuerte Konzept begeistern sehr. Need for Speed ist nun zu einer ernst zu nehmenden Simulation geworden und glänzt durch puren Realismus. Fahrphysik und die lizensierten Originalstrecken, sowie die detailgetreuen Wagen machen das Fahren zu einem Genuss. Ich freue mich, seit langer Zeit mal wieder einen Need for Speed Titel empfehlen zu können!

Wer übrigens denkt, dass sich EA mit Need for Speed nur noch auf Rennsimulationen spezialisiert, wird spätestens Ende November eines Besseren belehrt, da dann für die Nintendo WII und den DS Need for Speed Nitro erscheint. Dieser Titel wird wohl der bisher eindrucksvollste Arcaderacer für die Nintendosysteme und zu mindestens einen kleinen Teil der NFS-Serie im Arcadebereich bewahren.