Prinz Pi – Teenage Mutant Horror Show 2

Mir geht es, wie dem Großteil ehemaliger Pi/ Porno/ Doc Murdock-Fans: "Keine Liebe“ (Das damals bei KaZaA immer als Track von Savas verbreitet wurde), war für mich ein Erweckungserlebnis und befreite mich aus der düsteren, bizarren Alptraumwelt von Eins, Zwo.
"An der Front“
war wegweisend, Lieder wie "Du Hure“ sorgten dafür, dass man sich bei einem Beziehungsende keine Schuld geben musste. Nach dem Wegfall der Beatfabrik vom Bunker betrachtete ich das "High Society"-Video mit unendlichen Entesetzen, während ich dachte, das mit Tracks wie "Würfel“ eine neue, noch bessere Prinz Porno-Phase anfängt. Aber irgendwie war das dann alles nichts für mich. Das war alles zu konzipiert und zu statisch, Tracks über die Bauarten von Waffen, über ein altes Auto und sowas.
Und während ich keine Lust mehr hatte, Tracks des Zehlendorfer Prinzen zu hören, wandten sich auf einmal die Jungs vom Gymnasium, für die vorher Rap immer gleich und bescheuert klang ("Außer Fünf Sterne Deluxe, die sind wenigstens lustig!“) Prinz Pi zu und taten so, als hätte es Rap vorher einfach nicht gegeben. Zwar guckte ich mir immer noch interessiert die Videos an, ein ganze Album zu hören, das brachte ich aber nicht mehr übers Herz.

Das Intro spült gleich wieder unangenehme Erinnerung an Verschwörungsszenarien hoch, eine Nachrichtensprecher’eske Stimme flötet beruhigende Neuigkeiten und Konsum-Parolen herunter, Magersucht ist sexy, Obama ist der schwarze Jesus. Aber auch wenn ich sowas eigentlich zu plakativ finde, ist es cool, dass es sich am Ende immer mehr verzerrt, die Stimme hässlicher wird und dissonante Töne unter das Piano-Geklimper gelegt werden.

Beim zweiten Track "Meine Reise" schafft Pi etwas, wofür ich ihn immer gut fand: Dem Beschreiben von Alltäglichen und Momentaufnahmen, gepaart mit etwas Überheblichkeit. Auch das folgende Lied "Illuminati" gehört zu den überzeugenden Liedern auf dem Album, vor allem der Beat, auf dem ein Chipmunk in einem Folterkeller malträtiert wird, gefällt mir wirklich gut. Auf die Party der Illuminati möchte ich trotzdem nicht auftauchen. Der vierte Track beginnt mit üblichen Menschenhass, dafür wird Mario Barth gehatet. Und das ist immer gut. Auf diesem Track, der da "Trümmer“ heißt, gibt es auch eine Zeile, die in ihrer Einfachheit so gut ist, dass sie spontanen "Ohooooo“-Rufen quittiert werden muss.

"Ich bin wie der Terminator/ Ich muss Sarah Connor ermorden, später!“

Dass da noch niemand vorher drauf gekommen ist? Auch bei einem Track wie "Minenefeld“ läuft Herr Kautz zu Höchstformen auf, weil es eben diese Berichte aus der Sprüher-Vergangenheit sind, die so detailliert sind, dass der Hörer in die Erzählung hineingezogen wird. Leider folgt dann ein Lied wie "Engel“, in dem Pi allerhand Begriffe aus der bunten Welt des Mystizimus benutzt und Sachen wie "Wenn ich sage, was ich weiß, bin ich tot!“ sagt. Und das in einem Track, in dem eine eigentlich kritische Line wie "Die Dummen glauben alles/ Die Dümmeren glauben Mysterien, die komplizierte Dinge einfach erklären“. Niemand regiert die Welt.

Auch ein Track wie "Das Große Genozid-Spiel" feat. MC Basstard  befasst sich mit der Macht der Konzerne und Völkermord. Aber da fehlt mir dann die ausreichende Konsequenz. Entweder man verweigert sich eben dieser Macht der Konzerne und trägt selbst geschneiderte Schuhe oder man liebt weiter seine Nikes und nimmt hin, das man selbst ein Teil "des Systems“ ist.
Auf "Elfenbeinturm“, der einen der besten Beats des Albums hat, rappt Pi mit einer wütenden, angeknacksten Stimme Dinge wie "Der alte Trick/ Versöhnungsfick/ Verdräng kurz das Wissen, dass "Wir“ unmöglich ist…“ Da hat man ja schon wieder richtig Lust, Liebeskummer zu haben, nur um dieses Lied noch ein bisschen intensiver zu "fühlen“. Weitere kleine Höhepunkte sind "Regenmacher“, in der ein bedrückendes Endzeitszenario mit "Der dunkle Turm“-Anleihen beschrieben wird und "Wir ficken die Welt“, auf dem Pi und ein gewisser Jamal eine verschrobene Hommage an die Hauptstadt abliefern.

Auch wenn es mir ein bisschen schwer fällt, weil ich mich recht häuslich auf meiner "Mach-mal-das-Pi-Album-aus“-Welt eingerichtet habe, das Album ist gut. Noch kein unfassbares Meisterwerk, aaaber schon ganz gut. Das nächste Album höre ich auch. Ich bin geheilt.