Laut der offiziellen Website handelt es sich hierbei "um eine lockere Mischung von battlelastigen und thematischen Songs“ und dem kann ich erst mal ohne weiteres zustimmen. Die Beats wurden von Free-Q, Spintec und GitDatBeats geliefert. Jaime selbst hat auch Hand angelegt und die Produktion für die Label-Hymne übernommen. "Mein Label", also nicht mein Label sondern "Mein Label" heißt der Opener der Platte und hier zeigt sich schon mein klarer Favorit unter den beiden MCs, denn leider muss man sagen, dass Jaime hier ein wenig im Schatten seines Kollegen steht. Doch trennen die beiden ja auch einige Jahre der Erfahrung, also nichts für ungut.
Im darauffolgenden Song gilt es den Weg aus dem Dreck an die Oberfläche zu gehen, denn "Es gibt nur ein Weg, diesen Weg, auch wenn er durch Krisen geht. Du musst das Leben lieben auch wenn du es nie verstehst“ Welche Bedeutung diese Zeilen für die beiden Charaktere haben müssen, wird in deutlichen Bildern reflektiert und wir bekommen einen kleinen Eindruck davon, wie sich das Leben eines Rappers an manchen Tagen wohl anfühlen muss. Jedoch ist diese Art des Storytellings nichts neues, ja irgendwie sogar typisch für die Untermauerung der Realness eines Rappers geworden. Dennoch gibt einem der Track an manchen Stellen das Gefühl “In einem Hinterhof wo sonst nur Gangster wohnen“ aufgewachsen zu sein. So bedarf es laut Tai und Jaim eines "Kämpferherzens" um in solch einer Umgebung zu gewinnen. Wenn das selbst auch nicht ganz im Preis enthalten ist, so gibt es zumindest auf dem gleichnamigen Track gutgemeinte Ratschläge für den Hörer, der zu resignieren droht.
Mit "Gebn n Fick Pt II" wurde ein Streit zwischen den beiden inszeniert und das in einer Form, die womöglich jeder das ein oder andere Mal so oder so ähnlich selbst erlebe haben dürfte. Ausgangspunkt ist, dass die Produktivität des einem der Faulheit des anderem im Wege steht. Eine wirklich nette Idee, die auch mit einer ebenso netten Pointe endet. Nett eben.
Doch sollte es einen Track geben, der aus dem ganzen Projekt wirklich auf positive Weise heraussticht, dann wäre es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit der zweite Part von "Boyz n tha Hood". "Zwei Boyz aus der Hood, zwei Jungs aus der Siedlung ,zwei Brüder im Geist beschreibt unsre Beziehung" und besser kann man wohl auch das hier niedergelegte Stück nicht beschreiben. Jaime lieferte hier den Beat zu einer Geschichte die sich mit der gemeinsamen Vergangenheit der beiden auseinandersetzt. Letztendlich hätte dieser Song den Namen "Blutsbrüder" mehr verdient als sein tatsächlicher Namensvetter. An letzter Stelle folgt dann noch mal ein Track, der keineswegs unerwähnt bleiben sollte. "Ein Rätsel" entsteht, wenn sich Taichi und Jaime die ein oder andere "Was wäre wenn?"-Frage stellen. Was wäre, wenn sie andere Entscheidungen getroffen hätten? Doch schlußendlich wird festgestellt: “Man ist die Wege nie gegangen, man hat die Leben nie gelebt, es ist ein Rätsel doch das ist mein Leben“.
"Blutsbrüder" jedenfalls stellt ein Album der mittleren Klasse dar, welches es nur bedingt schafft, das Konzept einer Kollabo mit Kreativität und Individualität zu verbinden. Zu vieles erinnert an bereits dagewesenes und dort wo neue Ansätze geschaffen wurden, wird es nicht geschafft, den Hörer restlos zu überzeugen. Schade, denn prinzipiell sind einige Passagen durchaus unterhaltsam und teilweise wird sogar das Gefühl vermittelt, dass man dem Erzähltem bedenkenlos Glauben schenken darf. Eine Gabe, die nur wenigen vorbehalten ist. Um es zusammenfassend zu sagen: Taichi kann mehr. Und Jaime überzeugt ebenfalls und scheint Potential zu haben. Vielleicht war die Zeit einfach noch nicht reif genug, um die Blutsbruderschaft mit einem Longplayer zu besiegeln.