Die Befürchtungen oder Hoffnungen werden aber spätestens nach dem Intro von einem Gewitter aus dreckiger Stimme und noch dreckigeren Drums im Keim erstickt und wer bis dato noch keinen Kontakt mit Illoyal hatte, wird sich fragen, was genau es eigentlich ist, das ihm da mit voller Wucht aufs Trommelfell schlägt. Das ist kein Rap, das ist kein HipHop – ist das überhaupt Musik?
Von klassischen Kategorien ist "Schweigen im Wald“ jedenfalls meilenweit entfernt. Fragmentarische Texte werden über zehackte und zerrissene Beats eher gesprochen als gerappt und Reime finden sich nur hin und wieder und wirken wenn dann eher zufällig, als gewollt plaziert.
Nein, Illoyals Texte sind keine Raptexte. Sie sind Rätsel auf Beats. Die ebenfalls Kölner Fleur Earth mussten sich letztes Jahr nach der Veröffentlichung von "Skurreal“ öfter den Vorwurf gefallen lassen, dass sie sich mit ihren teils kryptischen Texten zu weit aus dem Fenster lehnen würden. Illoyal befindet sich demzufolge im freien Fall.
Nur wenige der Tracks des Albums sind thematisch zweifelsfrei zuordbar und einen roten Faden zu erkennen wird dem Hörer sichtlich erschwert. Dafür wird aber derjenige, der sich die Zeit und die Aufmerksamkeit nimmt, von einem Assoziationsfeuerwerk größtens Kalibers beschossen, das tausend Ideen beinhaltet und augenscheinliche Mücken des Alltags zu gewaltbereiten Elefanten aufpumpt. Wäre rap.de die Spex würde hier jetzt was von "Metaphysik“ und "Écriture automatique“ stehen, weil wir’s aber nicht sind steht hier "experimentelle Nerdmucke“ und "siehe Zwangsvorstellung und Audio88“.
Die Beats und Skits auf "Schweigen Im Wald“ ergänzen die Texte perfekt, lassen den Hörer selten bis gar nicht zur Ruhe kommen und erschaffen eine ziemlich düstere Atmosphäre, die häufig wie der Albtraum eines ernüchterten Alkoholikers wirkt. Passend also, dass das Album auf Vollrausch Rekordz erschienen ist. Um vielleicht doch noch einen genaueren Eindruck zu vermitteln, was man sich unter den Texten Illoyals so vorstellen kann, hier ein Auszug aus dem Track "Lost In The Supermarket“:
"Uns geht es wie Joe Strummer ’76/Wir sind lost in the supermarket/Auch nach Ladenschluss bleibt die Schiebetür im Halbdunkeln verschwunden/100 Sekunden bleiben blind/ mit geöffneten Augen durch ein Labyrinth/thanks for shopping."
Wenn also Elektroschrauber ihre zerhackten Beatbastarde als Intelligent Dance Music kategorisieren dürfen, dann geht "Schweigen Im Wald“ problemlos als Intelligent Rap Music durch. Das ist gewöhnungsbedürftig, aber gut so.