Azad – Azphalt Inferno

Ich glaube, "Azphalt Inferno“ hat eins der großartigsten Deutschrap-Intros überhaupt. Wirklich. Alles, was den Künstler Azad ausmacht, findet sich in dieser knappen Minute. Atmosphärischer Sound, der seinesgleichen sucht, in diesem Fall veredelt durch die Cuts von DJ Rafik, mehrmaliger Weltmeister seines Faches. Nach diesem Stück erwartet man nicht weniger als den theatralisch-bombastischen und in seiner Melodiösität trotzdem zerbrechlich wirkenden und schlichtweg schönen Sound von "Faust des Nordwestens“ gepaart mit der straighten Four-Elements-Of-Hip Hop-Attitüde des Debütalbums "Leben“ sowie den In die Fresse-Battletracks, die es zuhauf auf "Der Bozz“ gab. Natürlich kann das hier vorliegende Straßenalbum oder Mixtape (gibt es zu diesen Begriffen eigentlich eine allgemeingültige Definition? Wenn ja, bitte ich um Aufklärung.) derartige Erwartungen nicht erfüllen. Trotzdem hätte ich mir ein etwas runderes und homogeneres Ergebnis gewünscht.

Zu tun haben wir es hier nämlich mit einer Art Musik-Sandwich. Intro und Outro erinnern mehr als deutlich an die ersten Schaffensjahre des gebürtigen Kurden, während sich alle anderen 26 Tracks, darunter Remixe, Solosongs, Features und sogar Lieder komplett ohne den Hauptakteur, des etwas saubereren, beliebigeren Sound der jüngeren Releases bedienen. "Beliebig“ muss hierbei nicht zwingend negativ ausgelegt werden, allerdings erinnere ich mich an Zeiten, an denen man alleine am Beat erkennen konnte, ob es sich dabei um Material vom Frankfurter Bozz handelte oder nicht. Man kann diese Sachen trotz diverser textlicher Ausreißer nach unten und der Tatsache, dass nicht jeder der zahllosen Gastbeiträge (Kool G Rap, Warheit, 439, Manuellsen, Tone und Hanybal, um nur ein paar zu nennen) auf einem raptechnisch ansprechenden Niveau agiert, durchaus feiern. Insbesondere das von Fans heiß ersehnte "Der Bozz Und Der Baus“ mit dem Wickeda MC höchstpersönlich ist ein wirklich guter Track. Wer hätte gedacht, dass die ehemaligen Konkurrenten Samy Deluxe und Azad sich stimmlich so gut ergänzen?

Auch "Das Verhör“ mit den beiden Franzosen Freeman und Savant Des Rimes bleibt im Ohr und beweist einmal mehr,  dass deutsch-resteuropäische Zusammenarbeit durchaus interessant und fruchtbar sein kann. Der Rest überzeugt jedoch nur bedingt, trotz teilweise immenser inhaltlicher Schwankungen von depressiv-düsterer Lebensanschauung ("Gib mir ein Zeichen“ von Jeyz) bis hin zu verbalen Beton-Massakern ("Eskalation“ mit 439). Fans von "Game Over" und "Blockschrift“ werden hieran allerdings ihre Freude haben und das sei ihnen auch gegönnt. Das Outro knüpft dann wieder an das bereits erwähnte Intro an und beschwört noch einmal diese Gänsehaut herauf, die man bei vergangenen Klassikern aus dem Hause Bozz Music spürte. Diese spannungsvolle Erwartung, bevor Azad das Mic ergreift und brachial über die musikalischen Klangteppiche donnert. Schlusspunkt von "Azphalt Inferno“ bleibt allerdings der Hiddentrack mit Kool Savas, der eins der Highlights der Platte markiert und somit an derartiger Stelle mehr als deplatziert wirkt. Trotzdem: Abgebrannt wurde auf diesem Streetalbum/Mixtape zwar nichts, ein bisschen warm ist der Asphalt dann aber doch geworden.