Shiml – Im Alleingang

"Der König aus Bremen Ost ist zurück" – große Worte, die da gleich zu Beginn von Shimls zweitem Album für Selfmade Records "Im Alleingang" aus den Boxen dröhnen. So oder in ähnlicher Form haben wir einen Satz wie diesen natürlich schon öfter aus den großen Klappen hiesiger Rapper vernommen, wobei man in den meisten Fällen weder davon sprechen kann, dass der betreffende Künstler wirklich der Bezeichnung "König" würdig ist, noch besonders viele Menschen darauf gewartet haben, dass er zurück kommt, was wiederum voraussetzt, dass er überhaupt schon einmal da gewesen ist. Und ich muss gestehen: Auch wenn mir der etwas absonderliche Künstlername "Shiml“ von jeher ein Begriff gewesen ist, ist die erste Amtszeit des Königs aus Bremen Ost wohl irgendwie an mir vorbeigegangen. Zumindest führe ich mir seine Musik mit diesem Album wirklich zum allerersten mal zu Gemüte und stelle fest: Viel verpasst zu haben scheine ich nicht.

Dabei ist Shimls Ansatz ein sehr löblicher. Er will die meiste Zeit schlicht und ergreifend ehrlich sein. Er ist ein in sich gekehrter Typ, jemand der gerne alleine ist und nachdenkt. Davon bin ich fest überzeugt und das sollte man ihm auch nicht verübeln. Er ist kein Ghettoboy, mit großer Sicherheit kein Schläger und ganz bestimmt auch kein Macho und wenn er es versucht zu sein, wie in dem aus dem restlichen Konzept völlig heraus gerissenen "Tequila" oder in dem ein oder anderen Battletrack, dann geht das einfach in die Hose, denn das kauft man ihm beim besten Willen nicht ab. Das Problem aber ist: Wenn er dann wie im Großteil der restlichen Songs einfach der ganz normale Junge von nebenan ist, dann ist das, was er zu sagen hat einfach zu belanglos und ermüdent. Wer will sich schon anhören, wie jemand früh aufsteht, sich anzieht, zur Arbeit geht, abends nach Hause kommt und sich aufs Sofa setzt? Dass dieses Anprangern unserer monotonen Alltäglichkeit in Tracks wie "Zeitraffer" oder "Truemanshow" in irgendeiner Weise beängstigend wirkt, wie es die Kollegen von laut.de behaupten, kann man dabei getrost vergessen. Klar ist dieses Leben ein Kopffick und Shimls Intention ist auch verständlich und nachvollziehbar. Um Zuhörer wirklich mitzureißen, ist das aber eben nicht genug. Er träumt vom großen Ruhm, vom Scheinwerferlicht, sieht sich vielleicht auch schon stellenweise auf den großen Bühnen, spricht ständig von sich selbst in der dritten Person ("Kannst du ihn sehen?") und bleibt bei seinen Aussagen grundsätzlich sehr schwammig und phrasenreich ("sie wollen über mein Leben bestimmen / ich dachte ’Halt die Klappe’, nehme es hin […] habe mein Ding gemacht, was ich mache gibt mir Überlebenskraft“).

Am liebsten möchte man sich Shiml zur Brust nehmen, ihm übers gesenkte Haupt streicheln und ihm ein Hoffnung spendendes "Ist doch gar nicht so schlimm, mein Junge" ins Ohr säuseln. Aber dann kommt der Bengel eben auch mit dem derzeit allgegenwärtigen Elektrotrend um die Ecke und bringt so eine grässliche Nummer wie "Du Willst Mehr“ und dann hat sich das mit der Zuneigung auch schon wieder erledigt. Ansonsten muss man aber sagen, dass die Instrumentals, größtenteils bereitgestellt von Alper und 7Inch, zwar ein bisschen nervig auf Bombast und Orchestersound getrimmt, im Großen und Ganzen aber durchaus annehmbar sind.

Das eigentliche Problem der Platte sind und bleiben also die Lyrics. Wie gesagt, Shiml ist nichts weiter, als ein ganz normaler Junge und somit einfach nicht interessant genug, als dass seine Ehrlichkeit auch nur ansatzweise eine Basis für mitreißende Texte sein könnte und wenn er versucht, etwas anderes zu sein, dann klingt es pseudo und verkrampft. Man könnte natürlich an dieser Stelle einwerfen, dass Leute wie Samy Deluxe und Kool Savas auch nicht die übertriebensten Geschichten zu erzählen haben, dafür können die das aber durch ihre tadellose Raptechnik wieder wettmachen. Und die ist bei Shiml eben leider nur oberer Durchschnitt.

Für wen macht "dieser Junge“ also Musik? Bankangestellte, die genervt vom Alltag sind? Partykönige, die sich am Wochenende in ihrer Dorfdisko mit Wodka-E abschießen? Teenies, die sich und die Welt nicht verstehen? Forumkinder, die einfach alles feiern, was nicht die Gangsterschiene fährt? Ja, ich denke Letzteres könnte ganz gut passen. Doch zu dieser Gruppe zähle ich mich leider nicht. Das hier ist Musik, die bei mir einfach keine Gefühle auslöst, die nichts bewirkt. Traurig, aber wahr.