Kaisa – Der Schwarze Hai

Kaisa. Älteren Hasen bekannt als Kaisaschnitt. Kaum ein anderer deutscher Rapper weckt in mir so sehr einander ausschließende Empfindungen. Einerseits beflügelt er mich nicht gerade durch raptechnisch akrobatische Einlagen oder perfekte Reimstrukturen – andererseits schaltet seine Musik in meinem Kopf Filme ein und das macht für mich guten Rap aus.

"Der Schwarze Hai" hat einen eigenen Stil, ist ausdrucksstark und das längste deutsche Rapalbum, das ich kenne. Bevor ich über meine Lieblingslieder auf dem Album berichte, möchte ich auf eine Äußerung Kaisas auf "Kontra Kontrovers" verweisen – Kaisa will die Wicked zurück. Zweifelsohne hat dieses Magazin viel für die deutsche Szene (gibt es sowas eigntlich noch?) getan – damals. Die heutigen Magazine empfinde ich persönlich dennoch als professioneller, abgesehen davon, dass in der Wicked ja auch eher von Leuten wie Blumentopf oder den 5 deluxen Sternen die rede war – dass Kaisa diese Deutschrap-Episode feiert, hätte ich nicht gedacht. "Die Guten gehen immer Pleite", meint er weiter und mir stellt sich die Frage, wann dann er Insolvenz anmeldet.

Die Single "Minus Null" setzt fort, was man von Kaisa bisher gewohnt war. Der Interpret prangert menschliche Kälte (ich glaube er meint das Wegsehen unserer Obrigkeit, der Politiker und jeglicher Form von Staatsgewalt) an und ist stets besorgt um unsere Jugend. Sympathisch und erfrischend! Die Sängerin finde ich nicht wirklich prickelnd – sie hätte nicht unbedingt tragendes Element der Hook sein sollen. Bei Hell Raisa Generation" ist der Name Programm. Kaisa läutet ein Zeitalter ein, in dem seine Konzerte – nein, Demonstrationen – Massen bewegen und die Jugend anstiften, über alles zu richten, was verkommen ist. So kommts bei mir an. Vielleicht sollte ich mir doch mal einen Liveauftritt von ihm ansehen.Tracks wie "Nachtaktiv" sollen seine Kredibilität behaupten und langweilen mich etwas. Ich glaube es doch! Mann!

"Kinda an die Macht" feat. Hassmonstas & DNA hingegen hat einen belebenden Beat und rockt auch sonst gut, aber auch hier empfinde ich die Gesangseinlage der Dame in der Hook nicht als förderlich. "Miami" ist mein persönlicher Favourit und extrem sphärisch gehalten. Ich habe das Gefühl, mich in einem Film zu befinden und die unehrenhafte Sonnenseite des Lebens aus nächster Nähe betrachten zu können. Unbedingt reinhören! Auch "Flaschenpost" hat seinen Reiz, richtet sich wieder einmal gegen Vater Staat und ist voller Schmerz. Der Track "Schwarz auf Weiß" ist ein nettes Wortspiel, wenn man davon ausgeht, das ein Schwarzer mit einem Baseballschläger einen Weißen verhaut – in diesem Fall richtet sich das Lied gegen Nazis. Das letzte Lied, das ich erwähnen möchte, heißt "Genug von euch" und spricht mir ein Bisschen aus der Seele und ist dann aber auch wieder einfach nur unterhaltsam. Ein kleines Statement zur Motivation deutscher MCs. Man hört darauf aber auch persönliches wie "Wieso schreibst du mir heute einen Liebesbrief, damals hast du schlussgemacht, obwohl es nicht beschissen lief" oder grundsätzliches wie "Wieso ablenken lassen durch die Medien?" und "Wolln wir Freunde sein, fragen mich die Feinde auf einmal, als ob ich auf den dummen Trick reinfall…". Runder Song.

Alles in allem hört man dem Release seine Länge leider auch an. Andere Rapper hätten hier im 50-Style vielleicht 2 Drittel aussortiert und sich mit einem Hochglanzalbum präsentiert. So glaube ich Kaisa, dass er auf keinen Fall faul ist – aber vielleicht einen Tick zu ehrlich. Zu oft skippe ich dann doch, um mir die Konzentration für die coolen Nummern aufzuheben. Die Kinderliebe könnte man man eventuell stärker konkretisieren beziehungsweise einfach noch etwas differenzierter ausführen. Auch Motive wie Nazihass will ich nicht allein damit abgehandelt wissen, dass man Nazis schlagen muss – es geht fundierter und spannender!