Man stelle sich einen Teleshopping-Sender gepaart mit der Atmosphäre eines Dagi-Bee Vlogs vor. Im Grunde ergibt diese Metamorphose das Unboxing-Video eines beliebigen deutschen Rappers – nur, dass die ihre Produkte noch etwas offensiver bewerben und ihre Euphorie noch gespielter wirkt. Dass ich kein Freund von Deluxe Boxen bin, ist nichts neues. Dass ich mich nun aber fast schon genötigt sehe, spezifisch mit Unboxing-Videos abzurechnen, hat einen einfachen Grund: Eko Fresh. Die geradezu absurd ausufernde Promophase für „Freezy“ hätte eigentlich fast schon eine eigene Abrechnung Verdient, aber – Eko versucht immerhin wenigstens, die Musik für sich sprechen zu lassen. Also schön und gut, Eko überflutet uns inflationär mit Auskopplungen und Freetracks – gibt schlimmeres.
Aber: Ist es wirklich notwendig, seiner gottverdammten Deluxe-Box einen eigenen Song zu widmen? Das mag ja auf den ersten Blick ganz originell erscheinen und eben genau das aussagen: „Ich lasse die Musik sprechen“. Stattdessen wird die Box auf unterirdisch plakative Art und Weise besungen – na herrlich. Aber hey, immerhin steckt da ein bisschen Arbeit hinter, das ist mir immer noch lieber als eingangs erwähntes 08/15-Unboxing.
Die wirken ja teilweise wirklich wie Parodien. Als Sam zu seichtem Hintergrundgedudel ihr Album „Two True Brothers“ mit sichtlich gespielter Begeisterung aus der Box pflückten und wie kleine Mädchen kreischend in die Kamera hielten, dachte ich, das non-plus-ultra an Peinlichkeit sei erreicht gewesen. Natürlich wurde akribisch jede einzelne Beilage in den Himmel gelobt und immer brav gelächelt – wie es sich nun mal gehört.
Knapp zwei Jahre später wurde dieses zuckergusstriefende Spektakel aber in den Staub getreten. Das legendäre Mathias Reim-Unboxing zählt natürlich nicht. Nein, Lumaraa, die gleich zu Beginn ihres Promovideos verkündet „Ich will von mir aus noch ein paar Sachen Sagen, die mir wirklich sehr gut gefallen, an der Box – nicht, weil ich sie euch jetzt verkaufen will, sondern weil es mir wirklich gefällt„. Ist klar. Acht Minuten lang schwärmt die Rapperin von ihrer Deluxe Box, lobt das Poster, auf dem sie abgebildet ist in den Himmel („Also ich würde es auf jeden Fall aufhängen!“ ) und beweist ihre rhetorischen Unzulänglichkeiten.
Selbst Bushido lässt sich regelmäßig beim Entpacken ablichten. Ob er im trauten Familienheim 17 Minuten lang über die „Cla$$ic„-Box sinniert, was stellenweise sogar tatsächlich unterhaltsam ist, oder überschwänglich lächelnd „CCN3“ aus der Verpackung wuchtet. Da helfen auch die kleinen Seitenhiebe Richtung Unboxings nichts. Selbstironie geschenkt.
Kein einziges dieser Videos ist auch nur im Ansatz notwendig, trotzdem macht es jeder. Mal versucht originell, mal geradezu unverschämt bieder. Immer wird derselbe Scheiß erzählt – welches Unboxing kommt ohne die Schlagworte „hochwertig verarbeitet, exklusiv, Jewel Case, Hochglanz, fast ausverkauft“ aus? – immer ist es unnötig. Klar, es bedeutet wenig Aufwand und der Promo-Effekt scheint tatsächlich veritabel zu sein – aber schämt ihr euch nicht?