Bushido – Ein Leben in Bildern

Über Bushido zu schreiben ist gefährlich, weil das Thema Neid immer mitschreibt, sei es jetzt real oder unterstellt. Wenn man Bushido kritisiert ist man ein Hater oder noch besser ein Neider und trotzdem freut sich jeder diebisch, wenn man ihm Fehler oder Unperfektheiten nachweisen kann: Schutzgeld, Ghostwriter und… was noch eigentlich?

Nun ist das ganze doppelt schwer, wenn es um ein Buch geht, in dem Lars Amend zusammen mit Bushido dessen Leben beschreibt.
Formal sah das Ganze wahrscheinlich so aus, dass Bushido erzählte und Lars aus den Tonbandprotokollen mit der sehr bildhaften Straßensprache, einen lesbaren Text machte.
 
Das ist ihm gut gelungen und herausgekommen ist ein Buch, das ok zu lesen ist, mit teilweise interessanten Anekdoten, teilweise pathetisch und überheblich und teilweise einfach nur langweilig. Wenn Bushido zum Beispiel beschreibt, wie er sich mit sido darum gestritten hat, wer nun Headliner wird auf der Ansage Nr. soundsoviel Tour und dass er 50/50 und die anderen aber mehr und dass der aber das gesagt hat und der wiederum das… und wenn er dann beschreibt, dass er das Ganze als ziemlichen Kindergarten empfunden hat, dann war er aber auch gut mittendrin dabei, nur dass er, Bushido, natürlich die größere Schaufel hatte. IMMER. Schon von Anfang an. Weil Bushido immer die größte Schaufel hatte und weil Bushido auch im Bus "grundsätzlich oben, ganz hinten auf der Rückbank saß. Wo nur die coolen Typen saßen.“ Und weil Bushido auch unvorbereitet Schulsprecher wurde, durch eine Rede, "in der ich irgendwas erzählte – genau wie heute auf der Bühne“ und die Leute haben ihn gefeiert – Natürlich. Wen auch sonst?

Wobei wir aber schon beim Inhalt sind. Neben der Art wie etwas geschrieben ist, kann man an einem Buch kritisieren, wie sich die Story aufbaut, was der Autor für Einfälle hatte, wie sich die Charaktere entwickeln usw. – kann man hier natürlich nicht. Ist eine Biographie und Bushido erzählt aus seinem Leben. That’s it.

Wenn Bushido sagt, es war so und so, dann war es so und so und wenn einer meint, dass es anders war, dann müsste er sämtliche Erinnerungsfehler des Herrn Anis Ferchichi sammeln und ein weiteres Buch auf den Markt bringen und das Ganze dann "Die wahre Geschichte hinter Bushido“ nennen oder "the untold History of B.“  
Ich glaube aber kaum, dass sich dieser Aufwand lohnt.      

Denn im Endeffekt passiert nichts wirklich Spektakuläres in diesem Buch. Nach der Geschichte mit Bushidos erster großer Liebe Selina habe ich es weggelegt. – Im Guten. Wirklich.

Es hat mich einfach nicht mehr so richtig interessiert. Selina hat ihm das Herz gebrochen und der junge Mann gab ihr die Schuld, dass er dieses alles verschlingende, Mädchen fressende Monster wurde – "der S.S.G. – der Skrupellose Sex Gangster.“ – OK!

Das Thema Schutzgeld und Verbindung zu mafiösen Strukturen wird mit freundschaftlichen Banden und Loyalität erklärt – Nun gut, was soll auch sonst drin stehen, da weiß nur das LKA mehr – wenn es überhaupt was zu wissen gibt.

Ansonsten hat Bushido eine Idee von seinem Leben entwickelt und sie umgesetzt. Man kann das blöd finden, unhöflich oder sogar unmoralisch. Man kann sagen, in dieser Situation hätte ich mich anderes verhalten oder man muss die Menschen nicht immer so asozial behandeln wie er das macht. Aber hey, das ist sein Ding und die Karmapolizei hat noch jeden abgeholt.

Dass man sich für das Leben von anderen Leuten und insbesondere von Stars interessiert ist normal. Dass man sich mit ihnen vergleicht und neidisch ist auch. Insofern bedient dieses Buch diverse Reflexe. Im Guten wie im Schlechten.
Aber vielleicht verführt es tatsächlich ein paar junge Menschen zum Lesen, die ansonsten nie ein Buch in die Hand nehmen würden. Insofern alles richtig gemacht. Ein großartiges Buch. Dass mich persönlich das Subjekt der Handlung nicht fesseln kann, soll dem schriftstellereischen Handwerker nicht schaden. Deshalb gibt es auch die volle Punktzahl.

Gespannt warten wir dann aber auf Bushidos nächstes musikalisches Werk, wo wir wieder seine Kunst kritisieren dürfen und nicht sein Leben.

Und das dürfen wir – hemmungslos und objektiv.