Ubisoft – Die Legende von Beowulf

Meistens wundert man sich, was an Spielen ab 18 Jahren eigentlich so schlimm ist. Die ach so bösen Ego-Shooter wurden ja durch Medien stark gebeutelt. Dabei gibt es Spiele, die diese Einstufung viel eher verdient haben. Ein gutes Beispiel ist die Legende von Beowulf für den PC – soviel Blut wie hier fließt (und das nicht nur sprichwörtlich), ist einfach unglaublich, aber wohl dem Film entsprechend. Und da kommt ein weiteres Bedenken ins Spiel: Kann Hersteller Ubisoft den Fluch der schlechte Filmlizenzspiele abwehren und eine packende Atmosphäre mit tollem Gameplay verbinden?

Doch worum geht es in Beowulf? Es geht um den gleichnamigen Krieger eines nordgermanischen Stammes, den Gauten, der mit seinen Recken dem König Hrothgar zu Hilfe eilt, um den Dämon Grendel zu besiegen. Dabei besitzt er die Stärke von 30 Männern, wenn er erst in Rage verfällt. Im Gegensatz zu den normalen Helden ist Beowulf allerdings ein zwiespältiger Geselle. Wenn er anfängt zu wüten, ähnelt er mehr einer Bestie als einem Helden.

Der Anfang ist allerdings noch halbwegs gemäßigt. Ein Wettrennen erläutert die grundlegenden Funktionen der Steuerung. Dabei fällt bereits auf, dass die Kamera zwar beherrschbar, aber sich doch unvorteilhaft verhält. Man kann dem Spiel irgendwie ansehen, dass es wohl ursprünglich für Konsolen entwickelt worden ist und die PC-Version nur ein Nebenprodukt zu sein scheint, ähnelt die Steuerung und vor allem das Speichersystem (kein freies Speichern, nur an teilweise richtig schlecht gesetzten Punkten) doch vielen Konsolenumsetzungen. Bald gelangt man zum ersten Kampf, denn darum dreht es sich schließlich. Aber keine Angst, erstmal duelliert man sich nur mit Felsenkrebsen. Hier lernt man, dass man leichte Angriffe (linke Maustaste) und schwere Angriffe (rechts Maustaste) verbinden kann und so Kombos entstehen. Man kann auch einen Gegner (oder Gegenstände) packen und per kontextsensitivem Menü aufheben, werfen, der Waffe bestehlen oder einfach möglichst brutal zusammenschlagen. So heben wir einen Felsenkrebs auf und schlagen mit ihm auf andere ein.

Dann beginnt auch schon Beowulfs Reise. Um bei der Seefahrt nicht am Klippen zu zerschellen, muss der Spieler über ein Minispiel die Recken anfeuern, mit mehr Kraft zu rudern. Dieses Spiel ähnelt Tanzspielen wie Dance Dance Revolution oder Guitar Hero, ist aber sehr simpel. Aber auch das perfekteste Ergebnis verhindert nicht, dass Beowulf schiffbrüchig auf einem Felsen landet und gegen den ersten Boss, eine Seeschlange, zu kämpfen hat. Hier lernt man, wie man Beowulf wüten lässt: Durch Opfern der Moral (sie dient auch als Lebensenergie), besonders brutale Manöver, erlittene Treffer oder spezielle Wutsporen lädt sich Wut auf, die dann freigelassen werden kann. Der Bildschirm verfärbt sich daraufhin blutrot, Beowulf brüllt wie ein Verrückter und kann nun auch Verbündete treffen. Ein zweischneidiges Schwert also. Aber viele Bosse benötigen den Wutmodus, um bezwungen werden zu können. Bei besagter Seeschlange muss man im Wutmodus auf sie einprügeln, um sie kurzzeitig benommen zu machen. Dann hüpft man auf ihren Kopf, reißt ihr Horn aus, sticht es ihr ins Auge und reißt ihr den kompletten Bauch der Länge nach auf – alles über die Eingabe der richtigen Richtungen. Der Kampf wird (wie viele Bosskämpfe) imposant in Szene gesetzt, ist aber (wie alle Bosskämpfe) sehr blutig. Die letzte Besonderheit äußert sich nur im Kampf mit Verbündeten: Wenn die Moral (=Lebensenergie) das Maximum erreicht hat, leuchten Beowulf und seine Recken blau und über das Reckenmenü (das primär dafür da ist, den Recken bestimmte Objekte zuzuweisen) kann der Heldenschub aktiviert werden. Die Gruppe erhält einen heiliges Licht über sie, kämpft dann stärker & souveräner und ist quasi das Gegenteil zum Wüten im Alleingang. Da man später oft eine Gruppe um sich hat, kämpft man effizienter im Heldenmodus anstatt im Wutmodus. Die Stärke im Wutmodus wird oft gar nicht benötigt, größeren Gegnern kann man per Befehl eindrucksvoll in Slow Motion ausweichen und ihnen so in die Seite fallen, während die Deckung unten ist. Eindrucksvoll in Szene gesetzt sind beide Kampfweisen, hier entscheidet wohl die persönliche Vorliebe. Ich bevorzuge allerdings den Weg des Helden. Leider schwächelt die Kamera, vor allem wenn man an der Wand steht. Die KI der Gegner wirkt eigentlich auch gar nicht existent, die Gegner wirken eher geskripted als intelligent.

Später im Spiel steht dann in der Heimat ein Upgrade-System für Heldenschub und Wüten zur Verfügung. Durch aufgesammelte Runen und dem Kampfstil sammelt man Helden- oder Wutabzeichen, mit denen man grundlegende Parameter verbessern kann wie Länge und Aufladezeit. Außerdem kann man einige wenige Waffen im Spiel finden, welche besonders strahlen und im Gegensatz zu normalen Waffen nicht so schnell kaputt gehen. Einmal aufgesammelt, kann man sich vor jedes Mal, wenn man in der Heimat ist, mit ihr neu ausrüsten. Da man allerdings nicht allzu oft dort vorbeischaut, nehmen beide Funktionen nur einen verschwindend geringen Spielanteil ein. Dies ist eigentlich auch nicht weiter verwunderlich, ist das ganze Spiel doch sehr kurz: Einzelne Abschnitte dauern selten mehr als 10 Minuten, das ganze Spiel hat eine Lebensspanne von etwa 6 Stunden. Hätte man dem Spieler die eigentliche Geschichte des Kinofilms erzählt, hätten es auch mehr werden können. Denn Kinofilmverweigerer werden Zusammenhänge nur schwer bis gar nicht verstehen – allerdings ist ein Kinofilmverweigerer auch gar nicht die Zielgruppe für dieses Spiel.

Dennoch: Grafik und Sound können auch die, die den Film nicht kennen, packen. Von der Qualität eines Crysis ist es natürlich meilenweit entfernt, aber man kann auch nicht sagen, dass sie schlecht wäre. Die Musik untermalt diverse Kampfsituationen erstaunlich gut.

Trotzdem, im Endeffekt mangelt es dem Spiel doch arg an Abwechslung, Umfang und einer vollständigen PC-Adaption wie freies Speichern und besserer Kameraführung. Das Spiel ist zwar für zwischendurch durchaus tauglich, kann aber nicht mit dem aufwarten, was man von einem Vollpreisspiel verlangt. Ein Mehrspielermodus fehlt nämlich auch völlig. So ist es vielleicht gar nicht so schlecht, dass Beowulf ab 18 ist – so kann ein junger Mensch sein beschränktes Taschengeld nicht für ein weiteres gescheitertes Filmlizenzspiel ausgeben.