"Nicht zu fassen“, was einem Angry Teng da in seinem Debütalbum präsentiert. Schon ein paar Minuten nach dem man die ersten Klänge in sich aufgenommen hat, findet man sich auf einmal in einer Welt wieder, in der es um Ratten, Hypochonder, Kaffeeklatsch mit Oma, Salamander, Götter oder Werwölfe geht. Man fragt sich – Ist das eine Rap-Cd, oder eine abgedrehte Science Fiction Story mit musikalischer Untermalung? Die Antwort lautet: Beides! Der Bonner überrascht mit einer abstrakten Mischung aus gesellschaftskritischen Themen und unterhaltsamen, völlig illusorischen Erzählungen. Dazu gesellen sich Beats die ebenso facettenreich sind. Der Produzent Flügelmann hat Instrumentals kreiert, die auf interessante Weise Hip und Trip Hop, Jazz und Soul kombinieren.
Auf diesem Album sucht man vergeblich nach klischeemäßiger Selbstprofilierung oder pseudohaftem Gangstergeprolle. Stattdessen amüsiert man sich bei "Kaffee Und Kuchen“ über die Affäre seiner Oma mit einem bekannten Musiker (um wen es sich handelt erfährt man erst gegen Ende des Songs), oder man verliert sich in dem mystischen Beat von „Werwolf“, in dem Angry Teng aus der Perspektive des Fabelwesens spricht. Hört man "Medikamente“, weiß man nicht ob man auf Grund des düsteren Beats mit dem Hypochonder Mitleid haben soll oder, ob man sein ironisches „Ich bin unheilbar krank“ Gestöhne belächelt.
Auch aktuelle Themen haben auf "Nicht Zu Fassen“ Platz gefunden. "Waldstadt“, feat. Flügelmann, Mpathie und John E, thematisiert aus der Sicht eines Pilzes oder einer Ratte, die in den Medien oft präsente Diskussion um den verantwortungslosen Umgang mit unserer Umwelt. In "Da Draußen“ wird erneut auf einem sehr intensiven Beat über die trostlosen Bilder vor der Haustür gerappt und "Frau Link“, geht an ihrer Alkoholsucht zu Grunde. Ungläubig kopfschüttelnd, hinterlassen einen dann noch Lieder wie "Salamander“ und auf einem Influenza’s Finest Beat (die bereits für Prinz Pi, Curse u.a. gebastelt haben), das kaum aussprechbare "Cthulhus Ruf“, dass auf H.P. Lovecraft’s Horrorwerk basiert.
Es ist schon beachtlich, was einem hier an Abwechslungsreichtum und Kreativität entgegenschlägt. Hat man das Album durchgehört, weiß man nicht so recht wohin mit all dem Input? Die oft benutzte Phrase: „ So etwas hat’s noch nicht gegeben“, trifft bei Teng’s Album tatsächlich zu. Zugegebener Maßen, sein Flow und seine Stimme sind nicht unbedingt einzigartig, aber das Konzept seines Debüts allemal, da es den Spagat zwischen Humor, Wahnsinn und Intelligenz sehr gekonnt schafft. Man spürt, dass hinter jedem Track viel Leidenschaft und ein scheinbar unerschöpfliches Meer an Inspiration steckt.
Ob Angry Teng, dessen „Vorname“ irgendwie so gar nicht Programm ist, mit seinem Stil kommerziellen Erfolg erreichen wird, ist wohl eher unwahrscheinlich, denn die Nachfrage an hartem Straßenrap und künstlichen Clubreißern ist nach wie vor höher, als nach solch einem außergewöhnlichen Album. Der Musiker hat seine eigene Meinung dazu: „Plattenfirmen signen lieber 50 Klone, anstatt auf Skills zu hören und so gleicht sich echt so ziemlich jeder Release.“
Es wird auch sicherlich Kritiker geben, die Angry Teng mangelndes Taktgefühl oder fehlende Technik vorwerfen, aber darum geht es bei diesem Album meiner Meinung nach auch nicht. Man sollte den Künstler vielleicht mehr als einen "rappenden Geschichtenerzähler" betrachten, der einen durch tiefgründige Texte und die Auswahl von besonderen Beats, in andere Sphären entführt. In jedem Fall ist "Nicht Zu Fassen“ eine gute Alternative zur herz- und kreativitätslos produzierten Massenware Rap.