Zu Recht wird man als allererstes sagen: Jazo…was? Jazoburbs! Hinter diesem etwas kryptischen Namen verbirgt sich ein Produzentenduo aus Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz), bestehend aus Tweak Sensei und Efalive, das es schon seit 2002 gibt, damals allerdings erst als DJ-Team in regionalen Clubs. 2003 entschieden die beiden, auch als Produzenten tätig zu werden und hatten damals schon einen kleinen Release mit geringer Auflage. Nun ist ein weiteres Werk der beiden bei einem kleinen Label namens Keystone erschienen, welches sehr ambitioniert scheint.
Die Künstler geben als größten Einfluss Soul, Funk und Jazz an, zumindest was die Samples angeht, doch der erste Eindruck ist gar nicht exklusiv soulig, was aber auf keinen Fall negativ ist. Denn wenn wir ehrlich sind: J Dilla-Plagiate mit allerlei Soulsamples bis zum Abwinken gibt es doch inzwischen genug. Und so ist der Style der beiden Jungs aus der pfälzischen Provinz doch wohltuend und erfrischend – bewegt sich zwischen Gitarren-Singer/Songwriter, Soul/Jazz und herrlich opulenten Streichersamples. Drunter liegen allerfeinste HipHop-Drums, die sich soundmäßig an den Klassikern von 95 bis heute (sprich Pete Rock, Jay Dee, Primo usw.) orientieren. Erwähnenswert ist auch, dass einige Tracks von den beiden komplett instrumental eingespielt wurden – und dass auch sonst mit den Samples sehr musikalisch umgegangen wurde. Ein ums andere Mal hört man am Anfang oder am Ende eines Tracks das verwendete Sample im Originalkontext, vielleicht als eine Art Verneigung vor dem Original – eine sehr gute Idee! Ein Großteil der Titel ist eher entspannt und nachdenklich, oft auch melancholisch bis düster, es gibt aber auch einige Tracks, die dreckiger nach vorne gehen.
Es handelt sich aber keineswegs um ein Instrumentalalbum, viel mehr haben sich Jazoburbs Unterstützung aus den USA geholt, z.B. von den in der Undergroundszene bekannten Emcees
Riddlore (Project Blowed), LMNO (Visionaries), um nur einige zu nennen. Besonders hervorzuheben ist aber der vollkommen unbekannte Seth Walter aus Connecticut, der fast die Hälfte des Albums bestreitet. Mit seiner hellen, markanten, aber gewöhnungsbedürftigen Stimme und seinem guten Flow fügt er sich meistens perfekt in die Tracks ein. Seine Texte sind ziemlich deep, das Leben, Beziehungen und auch unser Verhältnis zu allen möglichen Emotionen wie etwa Begierde reflektierend – zuweilen wird es sogar christlich-religiös, was dann etwas kitschig wirkt. Gangster Lyrics aber sucht man vergebens und hört meistens gerne zu. Dazu kommt, dass er allgemein einen sehr coolen Style hat, der auch viel Gesang mit einbezieht (obwohl das nicht neu ist, muss man ihm doch Originalität einräumen). Den Namen sollte man sich merken, auch wenn er auf seiner MySpace Seite betont, keine musikalische Karriere anzustreben. Nicht außer Acht zu lassen ist aber auch sein Bruder, der sich Charizma Davinci nennt und auf den Tracks "Everytime" und "Love it or leave it" unglaublich real und energetisch spittet.
Auch wenn die Produktion vielleicht noch nicht so fett ist, wie ein durchschnittlicher Majorrelease (wie sollte sie auch?) und gerade die Rapper/Sänger hie und da noch Schwächen offenbaren, weil sie noch dabei sind, sich zu entwickeln, so muss man doch sagen, dass dies ein mehr als respektables Debutalbum ist. Und man hofft, mehr davon auf die Ohren zu bekommen, was ich für nicht unwahrscheinlich halte, da es auch in Deutschland eine Vielzahl solcher Künstler, die diese Art des HipHop vertreten und vor allem auch immer noch eine wachsende Fangemeinde, gibt.