Selfmade Records (Favorite, Kollegah, Shiml, Slick One) – Chronik I

Die vier Jungs von Selfmade Records, deren Porträts auf dem Cover des ersten Selfmade Samplers "Chronik I" prangen, sind vier extrem unterschiedliche Rapper, was ihren Style betrifft ebenso, wie was den Inhalt ihrer Texte betrifft. Auch ihre Persönlichkeiten unterscheiden sich total, sodass es mir immer noch ein Rätsel ist, was die vier zusammengebracht hat und was sie zusammenhält. Statt wie gewohnt die Tracks der Reihe nach zu behandeln, will ich versuchen, die einzelnen Rapper und ihre Texte zu charakterisieren.
Ich fange mit Shiml an. Das ist der Typ, der links unten auf dem Cover zu sehen ist. Sein introvertierter Blick verrät schon den Charakter seiner Texte. Als einziger von den vieren hat er „deepe“ Inhalte. Das ist an sich kein Problem, doch wenn der Humor gänzlich fehlt, wird es leicht unerträglich. Auf einem Album, dass eigentlich nur Unterhaltungsmusik bietet, wirken Songs wie „Wenn es kalt wird“ oder „Geradeaus“ irgendwie fehl am Platz.
Slick One ist derjenige, bei dem es mir am schwersten fällt, ihn zu charakterisieren. Denn genau wie sein Bild auf dem Cover, sagt er auf dem Sampler relativ wenig. Wenn, dann represented er meist hart, aggressiv und druckvoll. Außer als Rapper hat er auch als Executive Producer zum Sampler beigetragen. Er ist der älteste des Quartetts und zusammen mit Flipstar (Creutzfeld&Jakob-Mitglied) der Gründer des Labels. Zusammen mit Flipstar hat er auch den Track „SR Time“ gemacht, auf dem die beiden „alten Hasen“ sich representen. Das ist übrigens der einzige Track, auf dem ein anderer Rapper als die vier zu hören ist.
Kollegah hat mit seiner tiefen Stimme und seinem meistens extrem "laid-back" Flow einen hohen Wiedererkennungswert. Auch wenn dieser Flow manchmal etwas langweilig wird, Kollegahs Reime sind beachtlich und spätestens wenn er anfängt, in Double-Time zu spitten, wie bei „Lauf aus dem Club“ oder „Nasatruppen“, wird klar, dass es der Junge raptechnisch auf jeden Fall drauf hat. Doch inhaltlich sind seine Texte sehr niedriges Niveau. Themenvielfalt ist ihm sowieso unbekannt, da er nur ein Thema kennt: protzen. Das Bild auf dem Cover mit der Goldkette drückt es perfekt aus.
Kommen wir zum letzten der vier: Favorite. Für meinen Fall trifft der Name absolut zu. Der "Harlekin" sticht nicht umsonst auf dem Coverbild hervor, das auch hier wieder viel vom Charakter verrät. Favorite ist nicht nur technisch große Klasse, sondern auch seine Texte überzeugen durch seinen unglaublichen Wortwitz und sprühenden Humor, der ihn sehr sympatisch macht. Er ist ein Meister der unterhaltsamen, humorvollen Punchlines. Sprüche wie „Deine Mum war schon „d(e)ad“, bevor ich sie gekillt hab“ oder „Glaub nicht, du wärst Superman, nur weil du manchmal ein „ass“ auf der Brust hast“ sind einfach gut, das nenne ich anspruchsvollen Battle-Rap und daher gehören meines Erachtens auch Favs Track „16 Bars“ oder sein Part auf „Kein Weg zurück“ zu den Highlights auf dem Sampler.
Einen habe ich bisher nicht erwähnt, der auf jeden Fall eine wichtige Rolle auf dem Sampler spielt, aber immer im Hintergrund bleibt. Daher gehört auch die CD-Rückseite ihm: Rizbo, dem Haupt-Producer, dem fast alle Beats auf dem Sampler (außer einem von Flipstar) zu verdanken sind. Er hat es geschafft, für jeden Rapper passende Instrumentals zu schneidern.
Insgesamt ist Chronik I ein unterhaltsames Album, das – einem Sampler gebührend – ziemlich abwechslungsreich geraten ist, auch wenn man es inhaltlich nicht sehr innovativ nennen kann. "Coole" Musik mit technisch soliden Rap-Parts, die einem Selfmades Labelmitglieder näher bringen und auf die Soloalben gespannt machen.