B-Tight – Neger Neger

Wie rezensiert man jemanden, der mehr Symbol als Künstler ist, der seine Musik einerseits ausdrücklich als Produkt für die Massen sieht, dieser Masse jedoch nicht zutraut seine Musik zu verstehen, der seiner Zeit nach eigenen Angaben vier Jahre voraus ist? Nun ja, über die Kategorien Beat, Rap, Delivery kann das wohl nur ansatzweise funktionieren. Vielleicht aber über Relevanz und Einfluss, den die Musik haben wird. Nun, wir werden sehen.

Die Beats, die überwiegend von Tai Jason, aber auch von den Beathoavenz, Joe Rilla, Desue, u.a. produziert worden sind, sind allesamt High-End produzierte Straßenbanger, wobei vor allem die Kreativität Tai Jasons frisch und neu wirkt. Die ohne Experimente vorgetragenen Raps sitzen ausnahmslos on point und passen zu den Instrumentalen. Und die Delivery ist dem seit Jahren zelebrierten Neger-Image entsprechend konstant durchgestylt. Das Handwerk ist also solide angewendet worden und bietet beattechnisch das eine oder andere Highlight.

Nun zum Wirken des Albums. Ist es provozierend? Ja. Ist es unterhaltsam? Ja. Ist es dabei trotzdem belanglos? Ebenfalls: Ja. Einzige Ausnahmen sind „Zack! Zack!“, ein ebenso wütender wie nachdenklicher Track über unser aller Hauptstadt Berlin und „Szenario“ mit Kitty Kat, der mit einem sehr interessanten Blickwinkel auf dieses Sex-Ding aufwartet. Ansonsten bleiben B-Tight und seine zahlreichen Gäste auf 21 der 23 Tracks oberflächlich und im Vergleich zu anderen Berliner Rap-Größen nicht wesentlich provokanter oder sogar anders. Anders ist hier lediglich das vermarktete Image, das bei der angestrebten Käuferzielgruppe der 14- bis 17-Jährigen mit Sicherheit wieder auf nahrhaften Boden treffen dürfte.

Wirklich gut und für die erwachsenen Hörer relevant, wird das Album dann leider erst auf der Premium Disc. Hier wird B-Tight zum Storyteller, ja sogar zum Conscious-MC (Entschuldige bitte B-Tight, falls du das hier liest: Ja, auch du!). Er erzählt in starken Konzeptsongs vom Sinn des Lebens, von seiner Kindheit, vom eigenen Erwachsenwerden, von Reue, von Freundschaft, Feindschaft und Loyalität, von der Alkoholkrankheit seiner Mutter und von „Annemarie“. Man hat das Gefühl hier auf einen komplett anderen Rapper zu treffen, der wesentlich gereifter und abgeklärter wirkt als sein Image, was wirklich großen Hörgenuß bietet.

Also meinetwegen hätte B-Tight die Premium Disc als EP veröffentlichen können und ich würde ihn hier durchweg abgefeiert haben. So aber resümiere ich das Album mit: Handwerklich äußerst solide bis stark, aber inhaltlich größtenteils belanglos bis ausgelutscht und nervig.