Deso Dogg – Schwarzer Engel

Dass Deso Dogg augenscheinlich weiß, wovon er redet, und Rap als letzten Ausweg aus seiner Misere sieht, konnte in den letzten Monaten schon des Öfteren in allen szenebekannten Magazinen nachgelesen werden. Auch, dass er mit 11 Jahren den ersten Überfall beging und von diesem Zeitpunkt an sein Leben zur Hälfte auf der Straße und zur anderen im Knast verbrachte. Mittlerweile hat er 2 Kinder, seinen Weg zu Allah gefunden und will sein Leben wieder in geordnete Bahnen lenken.

Gerade deshalb hält man mit seinem Debütalbum wohl etwas gänzlich Neues in den Händen, denn in Deutschland gibt es viele, die von sich behaupten, Gangsterrap zu machen. Doch Deso ist einer der wenigen, wenn nicht der erste und bisher einzige, der dies tatsächlich und aufrichtig von sich behaupten darf. "Schwarzer Engel" soll dann auch authentisch vom Straßenleben berichten und eher abschrecken, sowie auf Missstände aufmerksam machen, anstatt das Ghetto künstlich in den Himmel zu loben.

Den verbalen Spiegel hält er hält er der Rapnation vor allem in "Ganxta", zusammen mit Kaisa, vor. "Ihr denkt also, es ist cool, ein Ganxta zu sein?" oder "Ganxta war ich jahrelang und saß im Knast, habe Frau und Kinder verloren, was hat es mir gebracht?". Eine Zurechtweisung dieser Art war eigentlich schon lange überfällig, da derzeit so einiges aus den Fugen zu geraten droht, besonders, wenn es um falsche und überzogene Glorifizierungen geht. Mit düsteren Synthiebeats, größtenteils von Montana Beats, aber auch von DJ Desue, Plattenpapzt, SY-Beatz und Woroc beigesteuert, handelt es sich hierbei um ein vielfältiges, provokatives und teilweise sogar sehr verantwortungsvolles Album. Dabei fällt gerade die Verschmelzung von Storytelling und Hardcore-Rap ins Auge, die bei allen Tracks zum Tragen kommt. Einmal mehr in Richtung stark nach vorn gehender Banger, wie "Geschichten aus Berlin City", "Meine Ambition als Ridah" und "Kanaken regieren Deutschland", ein anderes Mal aggressiv und verbittert. Beispielsweise, wenn Deso Dogg deutlich macht, dass "Verräter" auf der Straße mit Tieren auf einer Stufe stehen, und auf "Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?" von seiner Kindheit erzählt, in der ihm, als schwarzem Jungen, mehr Steine in den Weg gelegt wurden als vielen anderen  in seinem  Umfeld.  Auch halbfiktionale, tiefdunkle Texte ("Innere Stimme", "Höllentrip"), sind in der Lage zu fesseln und gut umgesetzt worden. Andere Songs wiederum muten nachdenklich, berührend und sehr persönlich an, so die Widmung an den toten Freund "Serdar" und "Willkommen In Meiner Welt".
Dagegen wird mit "Engel weinen schwarzes Blut" der Fokus von der Person Deso Dogg auf dessen sozialkritische Sicht der Dinge gelenkt, wiederum überzeugend und ernsthaft.

Im Großen und Ganzen ist "Schwarzer Engel" ein wichtiges Album geworden, das einige Gedanken und Zustände aus anderen, glaubhafteren Perspektiven beim Namen nennt. Dabei wird Deso tatkräftig von Beats und den Featuregästen Dramafellaz, Kalusha, Lil Deso, Dissput, Kaisa, Vanessa Mason, Drama und Sahira gestützt, die sich neben der Hauptfigur einfach passend einfügen. "Ich bin nicht der beste Rapper, aber auf der Straße echt…" sagt Deso Dogg selbst. Damit hat er womöglich Recht, dennoch heißt das keineswegs, dass er schlecht rappen würde. Sicher gibt es technisch bessere Rapper in Deutschland, mit dieser Aufrichtigkeit, diesem kompromisslosen Kampf um das eigene Leben in Form von Musik,  und der Vielseitigkeit, die dennoch vorhanden ist, können jedoch nur wenige aufwarten.  Deso Dogg hat viel zu erzählen, und das weiß er  umzusetzen. Ein gutes, interessantes und kaufenswertes Debüt.