Ihr Debütalbum „Mamani“ etablierte die Berliner Vorzeigekünstlerin an der Spitze des deutschsprachigen Soul. Einen weiten Weg war sie bis dato noch nicht gegangen, doch wo sie noch hinwollte, dass wusste sie wahrscheinlich schon von Anfang an. Das einige Kritiker ihr gegenüber Unverständnis geäußert haben, da sie nun wieder in englischer Sprache performt, ist gänzlich unverständlich. Am Anfang ihrer Karriere war diese Sprache auch schon ihr Sprachrohr zur Außenwelt. Weshalb dann nicht wieder dort anknüpfen? Somit bleibt man auch auf internationaler Ebene wettbewerbsfähig. In Deutschland hat sie ohnehin schon so gut wie alles abgeräumt und aufgrund ihrer Veranlagung war das nur der logische nächste Schritt.
Joy Denalanes neues Album hört auf den Titel „Born & Raised“ und befasst sich, ebenso wie auf „Mamani“, mit ihrer eigenen Person und ihren Erfahrungen. Gesanglich kann man der guten Frau nichts Böses, egal wo man auch sucht. Die Töne trifft sie perfekt und die Emotionen projeziert sie hervorragend in ihre Intonation, egal, ob die Sprache nun deutsch oder englisch ist. Und „Born & Raised“? Auch dort ist kein großer Anlauf für Kritik gegeben. OK, manche werden es für etwas unzeitgemäß halten, wobei der Term „mutig“ wohl eher zutrifft. Wer sonst stellt sich heutzutage hin und nimmt ein Album auf, auf welchem man förmlich den Soul der 60er und 70er schmecken kann? Verpackt ist das Ganze natürlich in modernem Zeitgewand und so kann niemand meckern, dass sich die Drumpatterns nicht in der Neuzeit bewegen würden. Immerhin haben Leute wie No I.D. (ja, genau – Common) und Jake One (u.a. De La Soul) im Studio Platz genommen.
Recorded hat man in Philadelphia. Das kann man atmosphärisch fühlen. Der Vibe des Albums kommt vielleicht auch deshalb so frisch rüber, da Max Herre, der sich als Executive Producer präsentiert, dafür gesorgt hat, dass alle Samples nochmals Live mit Band eingespielt wurden.
Gesanglich hat Joy hier die Rolle einer Diana Ross oder Aretha Franklin der Moderne übernommen. Ob auf dem seichten „Be Real“, dass seine Gospelbeeinflussung nicht verbergen kann oder auf dem durchweg emotionalen „Born & Raised“, bei welchem Joy ihr Leben in Slow Motion Revue passieren lässt – gesanglich ist das höchstes Niveau. Nun gut, singen kann die Frau, Hits landen auch („Let Go“) und mit Lupe Fiasco („Change“) und Raekwon („Heaven Or Hell“) hat sie zwei Herren der Top-Garde des amerikanischen HipHop erwischt. Raekwon spittet auf dem Beziehungsdrama „Heaven Or Hell“ mal wieder in überragender Form und Lupe Fiasco zieht seinen hochnäsigen Style ein weiteres Mal gekonnt durch. Schön auch, wie man die beiden Rapper integriert hat, scheinen die Beats doch wie für sie maßgeschneidert. „Soweto 76 – 06“ bietet dann auch noch die Fortsetzung zu „Im Ghetto von Soweto“ und beschreibt wiederholt die schlimmen Umstände, unter denen die dort ansässigen Südafrikaner leben müssen. Zu erwähnen wäre noch das Liebesepos „One In A Million“, dass Monsieur Herre wohl mehr als zufrieden gestimmt haben müsste auch wenn es auf „7 Years Itch“ ein wenig Kritik hagelt.
„Born & Raised“ mag nicht durch seine Experimentierfreude mit neumodischen Klängen bestechen. Es erfordert jedoch sehr viel Mut, ein Album mit einem deratigen Nostalgie-Anstrich zu produzieren und zu besingen. Joy Denalane behauptet ihre Position als Deutschlands Soul-Queen und dürfte sich mit „Born & Raised“ auch in Übersee etablieren können.