Kobra – Deutschland Ist Krank

Ein neues Release aus dem Hause 11.55 Uhr. Sehr interessant. Nachdem Sentino seine Versprechungen für das Jahr 2005, in punkto Anzahl der Veröffentlichungen, ja nicht ganz eingehalten hat, schickt dieses junge Label nun seinen nächsten Artist ins Rennen.  

Es ist Kobra, früher auch bekannt als Kid Kobra von der Beatfabrik, der uns mit „Deutschland Ist Krank“ sein Solo-Debut abliefert. Auch wenn die Zeichen momentan bedrohlich auf Pandemie (wenn Ausdruck nicht geläufig, bitte nachschlagen; könnte dieses Jahr noch wichtig werden) stehen, benutzt Kobra den Ausdruck „krank“, in einem allgemeineren und umfänglicheren Sinn. Er rechnet ab mit Deutschland, so wie er es sieht und prangert an was ihm so alles auf- und vor Allem missfällt. Die Inhalte sind dabei größtenteils nachzuvollziehen und wiedererkennbar und an manchen Stellen deshalb auch nicht ganz neu. Aber das tut eigentlich nichts zur Sache, denn die Art und Weise wie er das Alles rüberbringt ist wirklich sehr gelungen und es macht Spass ihm beim flowen zuzuhören. Sehr beeindruckt hat mich auch der Song „Lichter“, bei dem er einen  intensiven Seelenstriptease vollzieht und uns sehr tiefe Einblicke in sein persönliches Leben gewährt. Probs wenn man sich so etwas traut.  

Features finden wir natürlich auch auf diesem Longplayer. Da wäre zuerst einmal Kobras Labelkollege Sentino, der für das hohe Niveau seiner üblichen Darbietungen einen eher schwachen Part abliefert. Dann haben wir Bahar, eine Rapperin die mir bis jetzt kein Begriff war und die sich zwar relativ solide, aber nicht besonders herausragend oder beachtlich präsentiert. Sehr positiv ist das Feature mit Ercandize von der Optic Army, der einen wirklich gelungenen Part abliefert. Kobra steuert bei diesem Song ebenfalls einen sehr guten Part, sowie eine gesungene Hook zu, womit dieser Song zu einem der besten auf dem Album wird. Ein weiterer Featuregast ist Manuellsen, der einen sehr überzeugenden Beitrag liefert. Bei diesem Featuretrack wurde auch ein sehr interessanteste und gradezu außergewöhnlicher Beat benutzt, den beide aber sehr gut händeln.  

Eigentlich habe ich nur eine Sache an der Platte wirklich zu bemängeln. Die 16 Stücke sind alle sehr gut und auf hohem Niveau, es gibt auch eigentlich keinen Song der negativ aus der Reihe tanzt und einen Qualitätsabfall bedeuten würde. Aber, es gibt leider auch keinen Song, den ich als Single bezeichnen würde. Keinen der besonders hervorsticht, in dem er besonders eingängig wäre oder Ohrwurmcharakter hat.  

Die Produzentenliste liest sich auch sehr eindrucksvoll. Brisk Fingaz, Djorkaeff, Yanek und die Drama Monks zeichnen für die musikalische Ausstattung des gesamten Silberlings verantwortlich und haben dabei einen ziemlich guten Job abgeliefert. Denn obwohl die Musikstücke aus verschiedenen Ställen kommen, ergibt sich ein durchaus homogenes Gesamtbild. Das wir natürlich in erste Linie auf den ausführenden Künstler zurückzuführen sein, der insgesamt einen guten Job gemacht hat, soll aber die Leistung der Herren an den Reglern nicht schmälern.  

Mir bleibt letztlich zu sagen, dass ich sehr gespannt bin was uns demnächst noch von 5vor12 erwartet. Denn mit Kobra und Sentino gehören schon mal zwei zum Kader, die überdurchschnittlich guten Rap immer wieder souverän präsentieren. Man merkt dem Style der beiden an, dass er  im weitesten Sinne verwandt ist oder zumindest auf den gleichen Wurzeln basiert und trotzdem ist jeder von den Beiden fähig vollkommen für sich zu stehen. Das ist eine optimale Kombination für ein Labelkader und ziemlich beeindruckend. Sollte es 11.55 h gelingen weitere so gut passende Künstler einzugliedern (was nicht gerade leicht seien wird), wird man von diesem Label in den nächsten Jahren noch eine Menge hören.  

Zum anderen kann ich empfehlen sich diese Scheibe mal zu Gemüte zu führen, es lohnt sich auf jeden Fall. Nicht nur für eingefleischte Beatfabrik– und Kobra-Fans.