MGC, Exzess One, H aka N & l!!usion, Chaen Boe & Rob$tah, Juse Ju – Rookie Roundup Volume 2

So und nun Volume 2 der neuen rap.de- Rookie Roundup Rubrik mit der fast schon legendären Wahl des Album der Ausgabe.
Aber erstmal ein paar Worte vorab: Nachdem ich die diversen Newcomer das letzte Mal nur zu gerne vorgestellt habe und mir das ein oder andere Album auch nach der Rezension gerne weiterhin anhöre, lässt sich das von den Releases dieser Ausgabe nur teilweise behaupten. Vom Sound und der Raptechnik her gehen die Releases gleichermasen klar, aber inhaltlich passiert vor allem bei MGC, Exzess One und H aka N & l!!usion dann doch eher wenig. Chaen‘ Boe und Rob$tah erfinden das Rad auch nicht neu, aber haben dafür andere Stärken. Allein Juse Ju rappt Texte, die über die üblichen Geschichten aus dem "Rapgame" hinaus gehen. So und nun ran an den Speck….

Den Beginn dürfen diesmal Hustler Skiny („Der Mörder“) Tommy Gun („Die Kanone“) und Murat G. („Der Gangster“) machen. Als Gruppe heißen die drei MGC und ihr Ratschlag an den Konsumenten dieses Album ist: „Versteckt Eure Frauen, Euer Geld und die Drogen, sonst kommt MGC es sich ganz schnell holen“. Wen wundert’s da, dass dieses Album „Mord & Totschlag“ heisst.
Leider ist damit schon so gut wie alles über dieses Release gesagt. Auf den 18. Anspielpunkten dieses Albums hört der Konsument nämlich in kleineren Variationen immer das Gleiche. Ich empfinde das dann ehrlich gesagt irgendwann doch als Beleidigung meiner Intelligenz. Abgesehen davon frage ich mich, warum ich mich eigentlich in jedem Track von den
Jungs im besten Fall "nur" beleidigen lassen muss und nicht direkt auf die Fresse bekomme, während sie sich nebenbei mit meiner Freundin vergnügen…
Egal, die Jungs aus Berlin können durchaus rappen auch wenn mir die Reime manchmal etwas zu simpel sind und auch die Beats gehen im Großen und Ganzen klar. Dennoch dürften Liebhaber von Berlinrap Atzenrap hier definitiv fündig werden…

Der nächste Künstler hat im Geschichtsunterricht besonders gut aufgepasst und nennt sein Mixtape daher „Jamberg Über Alles“. Sehr schön- in Zeiten, wo alle Welt über „Nazi-Rap“ diskutiert, ist das sicher genau das Richtige.
Leider war der Titel dann aber auch schon das einzig wirklich „erwähnenswerte“ dieses Mixtapes. Exzess One– so der Künstlername unseres Geschichtsliebhabers, koppelt mittelmäßige Rapskills mit unterdurchschnittlichen Battle oder Representertexten, die größtenteils einfach schon zu oft da waren. Allerdings lässt er zum Glück die Finger von rechtspopulistischem Blödsinn und so verstehe ich den Albumtitel als Versuch plump zu provozieren.
Die teilweise recht interessanten Features u. a. Big Derill Mack liefern recht ordentliche, aber keinesfalls überragenden Rapparts ab. Alles in allem, also eine Platte, die man sich anhören darf, aber ganz bestimmt nicht anhören muss. Der deutsche Untergrund hat dann doch noch besseres zu bieten.

H aka N& Illusion sind beide aus München und haben die Ehre nach Exzess One die zweite LP in unserem Albumreigen aus dem Süden der Republik an dieser Stelle fortzuführen. Mit „Zwei Zu Eins“ haben die Beiden ein Album abgeliefert, das mit sehr ansprechendem Artwork sehr zu gefallen weiß.
So etwas weckt natürlich eine gewisse Hoffnung. Leider wird die aber beim Anhören der Platte dann doch eher enttäuscht. Raptechnisch habe ich schon besseres gehört, der ein oder andere Reim ist dann doch sehr gezwungen. Vor allem inhaltlich ist mir das Alles dann doch etwas zu Standard: Zu viele Phrasen und Punchlines ohne Witz stören den Hörgenuss. Dazu kommt die Tendenz, dass dann doch ganz gerne der neue Azad-Savas- Style kopiert wird, was sich für einen eigenständigen Nachwuchskünstler natürlich nicht gehört.
Dennoch bleiben viele gute Ansätze und wenn man das junge Alter der Jungs beachtet (wenn ich mich in „Kein Ausweg“ nicht verhört habe, sind sie 18) ein ordentliches Release, das Hoffnung für die Zukunft macht. Reinhören kann im Falle dieses Albums nicht schaden…

Bei Chaen’ Boe und Rob$tah merkt man deutlich, dass sie nicht erst seit gestern dabei sind. Vor allem raptechnisch geht bei den Herren aus „Focktown“ mämlich so einiges.
Zunächst aber ein dickes Lob für die großartig ausproduzierten Beats und für ein Artwork, das ebenfalls mit Underground nur noch wenig gemein hat. Das müsste doch eine gute Basis sein, auf der die beiden MCs bei ihrem Debutalbum „Spiel auf Zeit“ dann „nur noch“ mit guten Raps aufbauen müssen…
Das tun sie größtenteils und vor allem Chaen‘ Boe präsentiert sich als technisch sehr versierter MC. Das hat zur Folge, dass Kollege Rob$tah dann doch an einigen Stellen in Boes Schatten tritt.
Inhaltlich erfinden die beiden- wie ja schon erwähnt, nun nicht gerade das Rad neu und an der ein oder anderen Stelle hätten sie sich die ein oder andere Phrase durchaus sparen können, aber da hatten wir in dieser Ausgabe weitaus schlimmeres.
Allerdings wäre da noch etwas anderes, von dem die Jungs selbst wissen, das es nicht jedem gefallen wird- zumindest erklären sie das selbst in diversen Tracks: Boe und Roe nutzen gerne Anglizismen in ihren Texten. Diese Liebe zur englischen Sprache geht mir dann aber doch öfters gegen den Strich: Ich hatte als Hörer teilweise einfach Probleme schnell genug umzuschalten und für mich war so der Sinn einiger Zeilen einfach nicht mehr verständlich. Vielleicht wäre etwas weniger an dieser Stelle dann doch mehr gewesen.
Bevor jetzt alle ihre Weltkugeln drehen oder die Deutschlandkarten nach „Focktown“ absuchen, sei verraten, dass dieser Name für das Label der Jungs steht. Ursprünglich kommen die zwei MCs aus Brackenheim- Nahe Heilbronn und das liegt ja, wie jeder weiss im Süden Deutschlands.
Wer sich fragt, warum die beiden ihr Album ausgerechntet "Spiel Auf Zeit" genannt haben, bekommt hier die nächste Erklärung: "Jeder Tag an dem man den Biz nicht näher kommt, ist ein verlorener Tag. Die Zeit läuft unaufhaltsam und wir versuchen durch hohen und qualitativen Output, so schnell wie möglich in diesem fiesen Biz Fuß zu fassen" das hört sich nach großen Zielen an, mal sehen, was in Zukunft noch alles aus "Focktown" kommt…
So, das hätten wir auch und zur Feier des Releases gibt`s ne Runde Anspieltipps spendiert, als da wären: "Rapgame", "Es ist Zeit" und "Keine Zeit".
Also wer Lust auf ein Album hat, dass dem Untergrund in Sachen Sound, Artwork und Raptechnik schon längst entwachsen ist und nicht unbedingt die krassesten Texte hören will, wird mit diesem Release durchaus Spass haben…

So und nun hätte ich gerne Pauken und Trompeten, denn es wird mal wieder Zeit den Sieger dieser Ausgabe (des Südens) zu küren.
Dabei handelt es sich um Juse Ju, der dieses Mal unsere Rubrik als Sieger verlässt. Juse kommt natürlich auch aus dem Süden, soweit ich das verstanden habe aus München.
Ist ja eigentlich auch egal, seine 6 Tracks umfassende  "Der Ego EP" ist bis auf den Track "Amoklauf", der mir irgendwie weniger reingeht, ein gutes Stück Musik.
Schon die kleine Vorstellung bei "Der Ego Part II" spart nicht mit gewitzten Lines: „Du bist Straße, hart- das sind Obdachlose auch...“ oder "11 Klasse MCs meinen, sie müssten Platten pressen/ "Looser halt die Fresse du bist selber ein Student" / bin ich später Boss der Firma, bist du froh, dass du mich kennst…
Mein Lieblingstrack auf der EP ist dann „Bis Zum Finale“ ein gut gelungenes Storrytelling-Lied, über Juses Weg von vor dem Club bis zum Sieg in einem Freestylebattlecontest.
Zu Beginn des Tracks darf man sich  -sozusagen als Beweis der Autenzität, noch einen Zusammenschnitt einiger Freestylebattlelines, die Ju live gekickt hat, zu Gehör führen: Schöne Sache.
"Amoklauf" ist dann der Track, der mir, wie bereits erwähnt, am wenigsten gefällt, das Thema hat ja Olli Banjo schon mal verarbeitet und da fand ich’s besser. Juse Jus Geschichte ist mir zu gewollt witzig und dem Ende fehlt irgendwie die gute Idee.
Danach geht es mit dem Lied “Hayabusa“ aber wieder deutlich aufwärts und am Ende ist „Der Ego Part I", in dem übrigens Rec.On Boss Abdel gefeaturet wird, ein gelungener Schlusspunkt dieser sehr gelungen EP: Die hör mer mal wieder!