Rappende Youtube-Lelleks #Highlights2015

Ein „Phänomen“ hat mir 2015 gehörig die Laune verdorben. Mehrfach. Alle Protagonisten weisen gravierende Gemeinsamkeiten auf: Eine Zielgruppe, deren Alter das der Strafmündigkeit weit unterschreitet, eine Präsenz, die größtenteils auf YouTube basiert und einen durchschlagenden kommerziellen Erfolg – obwohl sie in der Rapszene nie wirklich ernst genommen wurden. Die Rede ist von rappenden YouTubern der Marke LionT, Kayef oder Dat Adam. Derlei Gestalten schossen 2015 wie Pilze aus dem Boden. Doch warum war dieses Jahr so ein fruchtbarer Boden für diesen musikalischen Schmutz?

Das mag zum einen am Deutschrap-Boom der 2010er-Jahre liegen, der nun offenbar auch voll im YouTuber-Metier angekommen ist. Clevere Manager zögern bei so einer Gelegenheit natürlich nicht – ein Genre, das ein junges, kauffreudiges Publikum bedient? Die Internetgeneration? Hinzu kommt, dass quasi jeder unter den richtigen Bedingungen passabel rappen kann. LionT eroberte die Chartspitze im Sturm, dabei war sein Album „Löwenkind“ eines der schrecklichsten Machwerke in der Geschichte deutschen Raps (nachzulesen in unserer Review). Künstler und Presse wetterten zwar aufs übelste gegen die Presswurst mit der Fistelstimme, das stand dem kommerziellen Erfolg des Albums aber ebenso wenig im Wege, wie die Wackness.

Nicht ganz so beschissen, dafür leider mit ungleich mehr Impact in der HipHop-Szene, waren Dat Adam, die große Mitschuld daran tragen, dass nun jeder 14-Jährige Experte mit diesem Unwort „Cloud-Rap“ um sich wirft. „Du hast keine Ahnung von Cloud-Rap“ ist wohl der meist verfasste YouTube-Kommentar 2015. Hinter dem Synthieverhangenen Reißbrett-Produkt Dat Adam stecken (vermutlich neben einem mehrköpfigen Thinktank) die YouTuber Taddl und Ardy, sowie der Produzent Marley Musik. Letzterer macht seinen Job durchaus ganz gut, aber dem Sound des Trios gehen alle Eigenschaften ab, die dieses Subgenre so interessant machen. Die „Chrome“ EP ging trotzdem durch die Decke.

Nun stellt sich die Frage: Warum gerade 2015? War das nicht schon viel länger überfällig? Aber wie das mit den industriellen Bollwerken nunmal so ist, braucht es immer eine Weile, bis ein Hype in den oberen Rängen ankommt und für ausschlachtbar erklärt wird. Eingangs erwähnter Deutschrap-Hype ist gerade in dieser Hinsicht natürlich ein heißes Eisen – vor wenigen Jahren war Rap schließlich noch das schwarze Schaf der Musiklandschaft. 2014/15 wurde  das vermeintliche Minenfeld aber offenbar zur sicheren Bank erklärt und das Schlachtfest konnte beginnen. Die potentielle Käuferschaft war mittlerweile nahe genug an der Materie, um beim Wort „Rap“ nicht mehr nur an messerstechende Migranten und ungewaschene Lauchs in zu weiten Klamotten zu denken. Also rekrutiert man kurzerhand nach Universal-Rezept die Hitmaschine: Ein paar süße Typen mit enorm hoher Reichweite, medienwirksame Promo und generische, abgeschliffene Texte mit seichter musikalischer Untermalung – voila. Glückwunsch, 2015 – du hast das perfekt demonstriert, welche Nebenwirkungen eine Mainstreamisierung so mit sich bringen kann.