Brooke Valentine – Chain Letter

Dass Männer auf Schlamm-Catchen mit weiblicher Beteiligung stehen, ist bekanntlich mehr als nur ein Gerücht. Wie sieht es jedoch aus, wenn zwei bildhübsche Frauen so lange aufeinander einschlagen, bis anstelle des eigentlichen Antlitzes lediglich Blut durchtränkte Hautfetzen das Äußere zieren? Also ich für meinen Teil mag so was gar nicht sehen, aber: Artikel 3.2 GG „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Anfangs werden wir von Ms Valentine also auf eine – glücklicherweise ausschließlich in lyrischer Form dargebotene – physikalische Auseinandersetzung mitgenommen, bei welcher Lil Jon den Trainer und Big Boi von Outkast den Ringrichter mimen. CrunknB heißt der von Ciara & Lil Jon inszenierte neue Musikstil, welcher jetzt von Brooke weitergeführt wird. Funktionieren tut’s auch: Geht mal in Eure Clubs, und ich wette „Girlfight“ wird sich im Laufe des Abends in Eure Gehörgänge verirren.Sollte jemand denken, dass sich dieser Faden durch das ganze Debütalbum der 19jährigen Südstaatlerin zieht, so ist er schief gewickelt. Die Lady hat mehr zu bieten und musikalische Vielseitigkeit wird hier groß geschrieben. Neben eintönigen R’n’B-Nummern wie „Long As You Come Home“ (schon wieder Camp Lo’s „Luchini“ verwertet!), dem unmotivierten „Playa“ (Jermaine Dupri goes Crunk), „Whatcha Lookin At“ und dem Totalausfall „Tell Me Why You Don’t Love Me“ finden sich dann doch auf dem Album auch einige Perlen.Zuhörer, die schon seit jeher eine Kelis für ihre Freshness bewundert haben, werden auf diesem Album einige neue Favorites entdecken. Glücklicherweise scheint Brooke nicht darauf erpicht zu sein, als ein weiteres „One-hit-wonder“ in die Musikgeschichte einzugehen, oder sie hat einfach zu viel von Andre 3000‘s „The Love Below“ gehabt. Jedenfalls scheint die Dame keine Scheu davor zu haben, auf Beatkreationen zu singen, die vom stereotypen R’n’B-Sound der vergangenen Monaten galaxienweit entfernt scheinen. „I Want You Dead“ lässt die musikalischen Beeinflussungen eher bei Pink als bei Mariah Carey suchen. Ein äußerst guter rebellischer Song! „Ghetto Superstarz“ und das Crossover-Material „American Dream“ setzen diese Revolution fort.Dirt McGirt (R.I.P.) durfte auch ran und bietet auf „Blah Blah Blah“ eine seiner verrückten, geliebten Gesangsdarbietungen, um so zu untermalen, dass er dem ganzen Gelüge seiner Freundin keinen Glauben mehr schenkt. Man könnte meinen, auch Missy hätte ihren Weg auf das Album gefunden, so stark kristallisieren sich beatstrukturelle Parallelen auf „Taste Of Dis“ heraus“.Wer den Diplomats schon seit Ewigkeiten verfallen ist, den wird es freuen, dass die Jungs von den Heatmakerz mit „Million Bucks“ ein weiteres Manifest ihres highpitched Vocal-Stils darbieten, und kurz vor Ende des Albums hat man dann noch zwei ergreifende Balladen mit „Dying From A Broken Heart“ und „Laugh Til I Cry“, die kurz auf die Tränendrüse drücken. Warum die Frau mit „Covergirl“ einen Country-Song aufgenommen hat, kann ich an dieser Stelle auch nur vermuten. Nelly und Tim McGraw haben es ja vorgemacht und gezeigt, dass diesbezüglich auch unter der afroamerikanischen Bevölkerungsschicht ein Markt zu sein scheint.Brooke Valentine kann durch ihre anfangs genannten stereotypen und weniger überzeugenden R’n’B-Songs leider kein durchweg hervorragendes Erstlingswerk präsentieren, doch Talent und Mut hat die Lady auf jeden Fall. Next time just focus on you, girl!