Er hat es wieder getan. Ich hatte es die ganze Zeit gehofft, und jetzt hat er es wieder getan:Stones Throws finest Mr. Madlib hat seiner Schizophrenie freien Lauf gelassen und ist gewillt, uns mit einem weiteren Werk seines Alter Egos Quasimoto, landläufig berühmt-berüchtigt als „Bad Character“, zu beglücken. Und ich muss gestehen, ich höre diese Platte seit einer Woche fast ununterbrochen und möchte sie als eine der besten LPs bezeichnen, die ich kenne. Und ich sage absichtlich nicht „HipHop-LPs“, denn das wäre für diese, ich nenne es mal „Comedy Sound Collection“, ein sehr unzulängliches Etikett.Inhaltlich in gekonnt kabarettistischer Manier, sich fast sekündlich mit einer anderen rap-philosophischen These von „…I like ma Asses fat, not flat!“ über „…tomorrow never knows, usually it´s too late…“ bis zu „…the days break and don´t fall – the nights fall and don´t break…“ auseinandersetzend, und keine Gelegenheit, eventuelle Fettnäpfchen als kalkulierte Pointe zu verkaufen auslassend, äußert sich Quas mal wieder 27 Titel lang zu allem, was einem so einfällt, wenn man irgendwie ill und schlau zugleich ist: Da geht es um Jazz-Platten, 7 Uhr 30 aufstehen, wer alles früher so cool war („The Clown“ – für alle, die schon wieder einen Song über ihre Oldschool-Lieblingsrapper im Logic haben), Rap-Award-Neuverteilungen, Punks-With-Bricks-Smacking, Blunts und Alkohol als Medical Emergency Aid, genregerecht natürlich um Hoes, Niggerz & die Dawgs, und spätestens nach einem Titel wie „Smoking Up The Trees At A Hundred Degrees“ mit Madlib a.k.a. Lord Quas, Madlib a.k.a. Madlib und Madlib a.k.a. Kermit der Frosch dürfte wohl klar sein, mit was für einem monströsen Genius man es hier zu tun hat. Woher das kommt, wird auch gleich klargestellt, denn, wie wir alle wissen, „everyone finds that they´re more creative stoned – that´s straight.“Und so kommt es dann auch: Madlib loopdiggt Beats, für die selbst Marvin Gaye wochenlang vor ´m Studio übernachtet hätte, und rumpelt und punkrockt darüber in einer Art, die eine Missy Elliot wohl zu der Verzweiflungstat hinreißen könnte, sich demnächst einen Iro stehen zu lassen. De La Soul, Eminem, Busta, Timbaland & Magoo? – alles Schnee von gestern und nur mäßig ausreichend kompetent, hier eine zumindest grobe Vorstellung des stilistischen Rahmens zu liefern, in dem sich unser „Bad Character“ bewegt. Ein annähernd guter Lyricist wäre vielleicht Kool Keith. Und auch wenn man bei Quasens Raps ab und an das Gefühl hat, Eminem hätte sich auf Absinth erst die Flintstones-Collection und ein paar schräge Filme aus den Sechzigern angesehen, um sich danach den tiefsten Dreck von der Seele zu rappen, und zwar unter Zuhilfenahme von Magoos Decoder, damit ihn keiner erkennt, da ist mehr! Schon allein die Art, wie sich dieser Mann selber doppelt, sich in verschiedenen Stimmen mit sich selbst unterhält und so den Flow einer langen, spätsommerlichen Autofahrt herstellt, ist unvergleichlich. Und dann die Lyrics! Und dann die Beats! (Ich empfehle wärmstens vor allem die Titel „Greenery“, „Bartender Say“, „1994“, „Rappcats Pt.3“!)Unterbrochen wird diese Spritztour durch eine ständige, werbepausenartige Invasion von Skits und Jingles, die aus Cartoons, Gangsterfilmen u.ä. gesamplet (checkt „Hi, I´m Seybour“ im 1. Tune „Bullyshit“), selbst ausgedacht oder irgendwo anders gefunden wurden, von denen ich jetzt als Schlusswort noch meinen Favourite zum Besten geben möchte: „Here´s – Another – Sound / All – I – Have – On – Is …“Prädikat: Gehört in jeden gut sortierten Haushalt aller nach 1970 geborenen, die Englisch können, und zwar direkt zwischen „Alice Im Wunderland“ und das Lebenswerk Stevie Wonders. Zweimal „Wunder“… ein Meisterwerk – so stelle ich mir HipHop vor!