Dachstube? Nie gehört? Schade, aber man kann ja auch nicht immer alles und jeden kennen, und Qualität findet nun auch fast ausschließlich außerhalb des Mainstreams statt: Im von uns so sehr geliebten Untergrund. Je rarer, desto besser.
Dachstube, das sind Martin und der kleine Lord, machen sich rar. Es hat mittlerweile fast zwei Jahre gedauert, bis nach ihrer ersten, limitierten 12“ „Stein im Brett“ b/w „Kleinigkeiten“ nun endlich ihr Debütalbum „Zwei Seiten“ erscheint. Da gut Ding aber bekanntlich Weile haben will, hat man sich in Geduld geübt und mit Vorfreude vergnügt. Doch konnten die beiden unter Mithilfe von DJ Mulo Schabing diese Erwartungen erfüllen? Aber natürlich.
Nun ja, das Rad wurde nicht neu erfunden, doch ist es mittlerweile erfrischend, wenn sich zwei junge Herren auf das Wesentliche beschränken: Two turntables and a microphone. Martin fungiert als Herbergsvater und zimmert mit Plattenspieler und Sampler bewaffnet die schönsten musikalischen Betten, in die der kleine Lord voller Vertrauen seine herrlichen Storytelling-Ideen legt. Die Wurzel dafür findet man im äußerst ergiebigen Jazz, und so protzen die Instrumentals vor selbigem, doch wird dabei nie eine gewisse Funkyness aus dem Auge verloren. Fein gemacht.
Der kleine Lord ist auf seinem Metier eher groß und den Kinderschuhen bereits entwachsen. Nein, er ist nicht auf den Mund gefallen, und ist dann wohl doch der Meinung, dass Reden eher Gold ist, als Schweigen. Traumhaft. Geschichten werden erzählt, die man relativ schnell nachvollziehen kann, da sie doch aus dem Leben gegriffen sind. Hier wird der Alltag zur Quelle der Inspiration. Gepaart mit einer gehörigen Portion Wortwitz, macht es das Lauschen zum Vergnügen, besonders wenn man aus seiner Reihenhausherkunft keinen Hehl macht, oder auch mal in die Rolle eines Vierbeiners schlüpft.
Das I-Tüpfelchen setzt dann zu guter Letzt DJ Mulo Schabing, der mit gut ausgewählten Vocalcuts immer dann auftaucht, wenn er benötigt wird und auch mindestens genau so schnell wieder in der Versenkung verschwindet.Alles in allem ist den Wahlhamburgern ein feines Debütalbum gelungen, das aktuelle Trends ignoriert und somit wohl zeitlos bleibt. Hoffentlich gelingt es den Beiden mit diesem Longplayer ein Stück aus dem doch so geliebten Schatten des Untergrunds in das Licht der breiten Masse zu treten, ohne dabei auf Tennissocken zu verzichten. Verdient hätten sie es…