Promoe – The Long Distance Runner

Das Booklet von Promoes neuem Album „The Long Distance Runner“ fällt sehr sportlich aus. Man sieht den Mann, dem in Europa wie auch auf Jamaika, wo er einen Teil des Albums aufgenommen hat, gerne mal ein „Hey look at Jesus“ hinterher gerufen wird, in stylischem Jogginganzug durch die Landschaft laufen. Da bekommt man glatt ein schlechtes Gewissen und fühlt sich an die guten Vorsätze des nicht mehr ganz so jungen Jahres 2004 erinnert.Vielleicht wollte er ja auch so ein wenig wie Bob Marley rumlaufen, wenn eben schon ein Teil der LP auf Jamaika aufgenommen wurde. Fußball wäre dann natürlich etwas zu offensichtlich, also etwas, wofür man einen langen Atem braucht: Marathon.

Einen langen Atem hat Promoe aber auch, was seine Musik und sein Revoluzzer-Herz betrifft. Er gibt sich angriffslustig wie eh und je. Wie man bereits bei den Alben seiner Combo Looptroop und natürlich auf seinem Solo-Debüt „Government Music“ hören kann, lässt Promoe kein gutes Haar an staatlichen Institutionen, der Polizei oder Regierungen, die Kriege unterstützen. Warum sollte er daran auch etwas ändern, die andere Seite hat ja auch nicht viel Positives zu bieten. Aber auch sein großes HipHop-Herz schlägt kräftig und gesund in seiner Brust. Er bläst wieder einmal zur Attacke für alle Graffiti-Writer, was in der aktuellen Auskopplung „These Walls Don´t Lie“ deutlich zum Ausdruck kommt. Ihr solltet euch auch auf keinen Fall das Video entgehen lassen, leider zeigen es die Musikkanäle kaum, eine großartig produzierte Animation, in der Spraycans als Soldaten durch die Straßen fiktiver Städte marschieren (zu sehen auf der Seite www.burningheart.com).

Für den typischen, warmen, dieses Mal mehr Reggae/Dancehall-lastigen Sound sind neben seinem Heimproduzenten DJ Embee noch John John, Perry Roman und die Breakmecanix engagiert worden. Es gibt wieder viele eingängige Melodien zu hören, die sich direkt in die Gehörgänge graben und den „Gute-Laune-Alarm“ auslösen. Der größte Unterschied zu „Government Music“ liegt hier vor allem im bereits erwähnten jamaikanischen Einfluss, der dem ganzen einen wohltuenden Vibe verpasst.

„The Long Distance Runner“ umfasst insgesamt 13 Tracks, und es fällt mir nicht leicht, den einen oder anderen herauszupicken, denn es gibt hier keinen Füller, nur allererste Wahl. Fange ich doch einfach vorne an: Das Intro und der folgende Titelsong „The Long Distance Runner“ haben es bereits in sich. DJ Embee an den Reglern zeigt einmal mehr sein Gespür für Harmonien, während Promoe seine Seele erleichtert und davon rappt, wie er dem Alkohol entsagt hat und sein Leben ein wenig gesünder gestaltet, auf dass sein „Lionheart“ noch lange Kraft habe.

Spätestens nach seinem Underground-Hit „Yes Ayah“ weiß man, dass Promoe auch Reggaeeinflüsse überzeugend in seine Songs einbauen kann. Auf der ersten Single dieses Albums „A Likkle Sumpn Sumpn“ hat er diese Idee weitergeführt. Überraschenderweise wurde der Track aber nicht auf Jamaika, sondern in Köln produziert und aufgenommen. Ja, so ist das manchmal, das Gute liegt gar nicht so fern, von uns aus gesehen, und der Vibe des Songs ist einmal mehr überzeugend. Wer sich für die CD-Version entscheidet, kann sich dann noch auf das Video zu diesem Track freuen, das leider nicht den Weg in die Musikkanäle gefunden hat. Letztlich möchte ich noch auf die Features hinweisen. So hört man z.B. Ward 21 auf „In The Jungle“, seinen Looptroop-Kollegen COS.M.I.C und den jamaikanischen Sänger Bushman springen bei „Fast Food World“ mit ein, und kein Geringerer als Anthony B toastet über „Justice“ seine Verse.

Schweden rockt! Und zwar vom Stockholm bis nach Jamaika, mit erwähntem Abstecher nach Köln. Promoe stellt ein Mal mehr seine Fähigkeiten als MC unter Beweis und erweitert sein Repertoire überzeugend mit einigen „Jamaican Vibes“. Ein Album, das keine Vergleiche mit anderen englischsprachigen Werken zu scheuen braucht. „The Long Distance Runner“ wird mich auf jeden Fall noch den ganzen Sommer begleiten, und ich kann es euch nur empfehlen.