Festivals sind das Highlight eines jeden gelungenen Sommers. Leider nicht nur für coole Leute. Insbesondere auf HipHop-Festivals treiben sich allerlei Gestalten rum – vom Bier-im-Super-Soaker-Primaten zum Da-werden-ja-meine-neuen-Nikes-schmutzig-Prinzesschen – auf die man getrost verzichten könnte. Klar, auch auf anderen Festivals gibt es solche Spezis, etwa die berüchtigten Bademeister, aber ich für meinen Teil kann mich da nur auf HipHop-Festivals beschränken. Und ich muss offen zugeben, viele der verachtenswerten Charaktere schlummern auch in mir.
Etwa diese Typen, die beim splash!-Festival mit einer riesigen Schleuder Würstchen durch die Gegend schossen. Quasi das Gummiband einer mannsgroßen Zwille, die auf je einer Seite von einem mit-Schleuderer gehalten wurde, während einer sich mit dem Projektil weit nach hinten lehnte. Das Teil schoss gut und gerne 50 – 100 Meter weit. Und diese drei Spacken schossen damit Würstchen über den Campingplatz. Ja verdammt, das war sauwitzig und wir haben ewig dabei zugeschaut (sie hatten ein riesiges Fass voller Billig-Fleischwaren, die wohl extra für diesen Zweck gekauft wurden). Aber für den armen Teufel, der 70 Meter weiter eine auf 300 Km/h beschleunigte Bratwurst mitten in die Fresse kriegt, ist das wahrscheinlich weniger lustig und eher die heftigste Schelle der Welt. Alles in allem also destruktives Verhalten. Aber wie gesagt, das schlummert auch in mir. Ehrlich gesagt haben wir uns, nachdem die Typen sich zum Festivalgelände verzogen hatten, ohne ihr wissen die Schleuder geliehen und selber Kram verschossen. Eigentlich wollten wir uns für dieses Jahr eine eigene kaufen.
Aber die Typen (und wir) waren auch das absolut harmlose Kaliber von Spasten, das war halt einfach ein dummer Spaß auf anderer Leute Kosten. Viel schlimmer sind da die Brandstifter. Raubend, mordend und brandschatzend ziehen sie durch die Lande und machen vom Recht des Stärkeren gebraucht (beziehungsweise vom Recht des „Schau mal, das Zelt ist unbewacht!„). Diese marodierenden Tunichtgute kriechen vor allem am letzten Abend aus ihren Löchern. Quasi die Plünderer beim Zusammenbruch des Systems. Es gibt kein Morgen, also gibt es nichts zu verlieren. Und sie haben nur eines im Kopf: Zerstörung. Sie bringen das Chaos, das Feuer. Also Klartext: Sie zünden fremde Zelte an. Ohne Scheiß, während normale Leute ihren letzten Abend damit zu verbringen, sich noch jedes Konzert das geht reinzupressen, möglichst viel zu saufen, neue Freunde oder Feinde zu gewinnen und überhaupt einfach nochmal alles zu machen, was man da so machen kann, nutzen die Feuerteufel genau das aus, um sich über diverse unbewachte Camps herzumachen und diese in Brand zu stecken – mit Haus und Hof. Dein ganzes Gepäck, inklusive Rückfahrtsticket, Portemonnaie, und Klamotten liegt im Zelt? Geil! Dann wird das Feuer größer! Mit Glück springt es auf andere Zelte über und wir richten ein noch größeres Inferno an! Ich werde die Motivation dieser pyromanischen Hurensöhne nie verstehen. Aber wenn ich so einen an meinem Zelt erwische, dann gnade ihm Gott.
Das genaue Gegenteil von diesen Barbaren ist die Festival-Bourgeoisie. Die wohlhabende Elite, die einen großen Bogen um den Campingplatz macht, auf dem der betrunkene Pöbel verkehrt. Nein, als hochwichtiger und enorm gefragter irgendwas kommt nur das Hotel in Frage. Diese Schnösel tun zwar niemandem etwas zuleide und lassen auch alle Zelte unversehrt (schon wegen des Bogens), gehen mir aber irgendwie schon durch ihre bloße Existenz gegen den Strich. Vielleicht haben diese Menschen und ich einfach nur unterschiedliche Auffassungen von „Festival“, aber auch bei Indoor Festivals wie dem Mile Of Style halte ich stets Ausschau nach der schmuddeligsten, abgefucktesten Herberge, um sicher zu gehen, dass der Begriff der Lärmbelästigung ein Fremdwort ist und das Rauchen im Zimmer durch eine Stunde Lüften als relativiert gilt – schaut nach der Abreise ja ohnehin keine Sau rein. Also auf gut deutsch: Festivals sollten dreckig, ungeniert und alkoholgetränkt sein. Man muss stets Gefahr laufen von einem mit 300 Km/h umherfliegenden Würstchen getroffen zu werden. Die hochnäsigen Hotelbewohner vermeiden das aber tunlichst und kuscheln sich lieber in ihr Himmelbett für den Preis eines Festivaltickets plus Verpflegung pro Nacht.
Ja, das Klientel bringt einiges an Ärger mit sich. Letztes Jahr hatte ich noch einen Campingkocher – der wurde mir aber ganz schnell geklaut. Immer mehr minderjährige Schreihälse und auf Hochglanz polierte Röhrenjeans wandern umher. Würste fliegen, Zelte brennen. Das Bier schmort in der Sonne auf Tee-Temperatur. Du bist schmutzig, du stinkst. Du musst Geld bezahlen um auf versifften Toiletten kacken zu gehen. Machst du aber lieber, schon weil die Gefahr besteht, dass irgendwelche korrekten Dudes das Dixie-Klo umschmeißen, während du dein Geschäft verrichtest. Du zahlst 5€ für einen unfassbar beschissenen Döner, für den du erstmal 15 Minuten anstehen musstest. Verdammt, irgendwie liebe ich das. Wer darüber jammert, soll sich halt aufs Green Camp verpissen – und Malle ist ja nur ein mal im Jahr.