Falsches Spiel mit Rap

Ein jeder Old-Schooler hat sich wohl schon einmal gewünscht, gewissen Leuten einfach verbieten zu können, HipHop zu machen – etwa wenn dieser Typ da vorne bei der Open-Mic-Night mal wieder gar nichts auf die Reihe kriegt.
In Portugal scheint diese Vision jetzt Realität geworden zu sein: Wie die Bloggerin Joana Nicolau in einer Rundmail an mehrere HipHop-Medien berichtet, hat sich dort eine Organisation namens "Associação Nacional de Hip Hop“ (ANHH, zu deutsch: Nationale HipHop-Organisation) zur obersten Kontrollinstanz in allen Dingen erklärt, die mit Rapkultur zu tun haben. Doch damit nicht genug, die Gruppe hat sich auch mehrere HipHop-Fachbegriffe markenrechtlich schützen lassen.

Auf ihrer Website erklärt die Organisation, sie sei bereits 2005 gegründet worden, um die "Praktizierung des nationalen HipHop zu regulieren und zu leiten.“ Besagte Regulierung ermögliche "signifikante Verbesserungen“ in der portugiesischen Rap-Landschaft, indem sie für einen qualitativen Mindeststandard sorge. Wer sich nun – auf welche Weise auch immer – im dortigen HipHop engagieren will, der müsse zuvor von der Associação ein Zertifikat erwerben. Dafür verlangt die Organisation neben einem bestandenen Test auch die Entrichtung einer Gebühr. Im Klartext: Wer in Portugal einen HipHop-Workshop, ein DJ-Battle oder ein Festival veranstalten will, der soll erstmal zahlen – zumindest nach dem Willen der ANHH.

Darüber hinaus habe sich die Gruppe mehrere Begriffe aus dem HipHop markenrechtlich schützen lassen, darunter Wörter wie "MC“, "Breakdance“, "Graffiti“ oder "DJ“. Für jede Verwendung dieser Ausdrücke erhebt die ANHH nun Urheberansprüche, sprich: Auch dafür soll gezahlt werden. Wie das portugiesische Patentamt erklärt, habe sich die Organisation tatsächlich einige Begriffe schützen lassen, allerdings sei der Gebrauch dieser Worte auf Plakaten oder ähnlichem weiterhin problemlos möglich, weil sie Allgemeingut seien – entgegen der Darstellung der Associação.

Wer hinter diesem etwas zwielichtigen Verein steckt und ob er wirklich von staatlicher Seite aus als oberste HipHop-Behörde registriert ist, ist noch unklar. In ihrer Rundmail äußerte HipHop-Bloggerin Joana Nicolau jedoch die Vermutung, die Gruppierung wolle lediglich leichtgläubige Rap-Fans abzocken, indem ihnen suggeriert werde, sie müssten Lizenzen kaufen und Gebühren bezahlen, wenn sie HipHop machen wollen: "So far, I’m pretty convinced they are trying to con people into becoming associates and paying for fake licenses to use trademarks that don’t really exist […].“

Von der ANHH selbst liegt zur Stunde noch keine Reaktion vor, anscheinend handelt es sich dabei jedoch um eine Partnerorganisation des Deutschen HipHop e.V., der jahrelang für die Vergabe des Prädikats "amtlich" an sämtliche deutsche HipHop-Produktionen verantwortlich war.