Es war mal wieder eine aufregende Woche in Deutschraphausen. Wie immer wurde die eine oder andere Sau durchs Dorf getrieben. Die größte davon war ein Beitrag von Fler, in dem er ein paar befremdlich anmutende Worte in Richtung seines Kollegen Farid Bang richtete. Mehr Dankbarkeit fürs soziale Deutschland verlangte er da und forderte den „Gast“ dazu auf, sich weniger asozial zu benehmen.
Ich hatte bereits in der ersten Meldung zu dieser Aussage klargestellt, dass ich das befremdlich finde. Farid ist kein Gast in Deutschland, egal, ob er, seine Eltern oder seine Großeltern hier geboren sind. Er lebt hier, Punkt. Ein Unterschied zu jemand, der seit mehreren Generationen Deutscher ist, gibt es nicht. Nochmal Punkt.
Was Fler zu seiner Aussage verleitet hat? Ich habe keine Ahnung. An Spekulationen beteilige ich mich nicht. Ich stimme ihr in mehreren Punkten jedenfalls nicht zu. Nicht weniger – aber auch nicht mehr. Denn wenn ich jetzt plötzlich überall lesen muss, Fler sei ein Nazi, dann ist das eine weitere Aussage, der ich nicht zustimmen kann. So falsch es ist, Farid Bang, sinnbildlich für andere „Menschen mit Migrationshintergrund„, als „Gast“ zu bezeichnen – ein Nazi sieht Migranten und deren Nachfahren nicht als Gäste.
Klar, das Nazi-Ding ist zum Teil auch der stets überspitzten Ausdrucksweise im Deutschrap geschuldet. Trotzdem mutet es ein wenig seltsam an, dass sich hier plötzlich so viele so klar politisch positionieren und Grenzen überschritten sehen. Dieselben, die bei drastischen Fällen von Antisemitismus oder Sexismus übrigens keinen Grund sehen, Stellung zu beziehen, sondern voreilig entschuldigend auf den rauen Tonfall im Rap verweisen.
Auch die „Wir vs. ihr“-Rhetorik, die bei Fler nun kritisiert und als vermeintlicher Beleg eines nationalistischen Weltbildes herangezogen wird, störte bisher anscheinend keinen. Einer Line wie „Wir bleiben lieber unter uns denn ihr wollt uns nicht mit euch“ (Manuellsen) liegt dieselbe Abgrenzungslogik zugrunde. Dabei ist diese Abgrenzung immer genau gleich scheiße, völlig wurscht, ob sie von einem Deutschen mit oder ohne Migrationshintergrund kommt. Nicht, dass das Flers Aussagen besser macht – aber die Frage, warum nur er für so etwas kritisiert wird, darf man schon stellen.
Einen treffenden Song zur Thematik hatte Alpa Gun auf seinem Album „Ehrensache„. „Sind wir nicht alle bisschen Sarrazin?“ fragte er seinerzeit, featuring – der Kreis schließt sich – niemand anderen als Fler. „Wir sind nur stark, wenn wir vereint sind„, heißt es da, und „Sie sagen „Scheiß Kartoffel“, sie sagen „Scheiß Kanake“, doch wir leben hier gemeinsam unter einer Flagge„. Wort.