Erykah Badu sucht den Dialog

Wir alle wissen nicht erst seit der "Nipplegate“-Affäre, dass ein Großteil der amerikanischen Bürger ziemlich konservativ und prüde ist. Die rufen dann gerne mal entrüstet bei diversen Rundfunkanstalten an oder klagen gar sofort, wenn sie ihre ureigenen Werte bedroht sehen. Janet Jackson und Justin Timberlake z.B. wurde damals vorgeworfen eine Performance abgeliefert zu haben, die eine explizite sexuelle Handlung beinhaltet, die ausschließlich dem Zweck gedient habe, Aufmerksamkeit zu erregen, um schließlich ihren eigenen Profit zu erhöhen.

Erinnert man sich daran zurück, mag es wohl kaum verwundern, dass auch Erykah Badu´s neues Video zu "Window Seat“, für einigen Wirbel sorgt. In diesem geht sie durch Dallas und wird am Ende Opfer eines Kopfschusses in der Nähe der Stelle, an der damals auch J.F. Kennedy erschossen wurde. Das alleine würde vielleicht nicht für besonders viel Aufsehen sorgen. Die Dame entkleidet sich allerdings auf ihrem Weg bis aufs letzte Kleidungsstück und nach dem Kopfschuss fließt das Wort "Gruppendenken“ aus der Wunde auf den Boden.

Vorallem die Nacktheit der Protagonistin stößt nun auf Unmut. In einem Telefoninterview mit MTV äußerte sich die Künstlerin selbst zu dem Wirbel um das Video. Sie habe lediglich Menschen mit Minderwertigkeitskomplexen Mut machen wollen, sich selbst anzunehmen: "I thought it was a move for women and men and children who feel they weren’t good enough, […] ‚This is just me, I’m good enough.‘ I felt it was important enough to do. More pros than cons."

Außerdem erklärte sie noch einmal, dass sie konkret vor hatte das Gruppendenken zu kritisieren, das die Individualität der Menschen zerstöre.

"I know it was a shocking thing I did. […] I expected it to provoke dialogue, and it’s an important statement to make. It’s about freeing oneself of the layers and layers of things that we have learned as Americans in this country. At the point of becoming naked and individual and free, either you’re assassinated spiritually or mentally by the group or worse. The words coming out of my head after I was figuratively and literally assassinated was ‚groupthink.‘ Groupthink is a term coined by Irving Janis, 1972. It pretty much states what happens when a character or person is ostracized for thinking out of what the consensus is. He or she is pretty much thinking [more] with a heart than with loyalty. It’s an important thing. It’s art. It’s performance art."

Ebenfalls führte sie an, dass sich gute einflussreiche Kunst dadurch auszeichne, einen Dialog anzuregen und sie dies auch von diesem Video erwartete. Allerdings habe sie nicht erwartet, derart verteufelt zu werden: "Art is supposed to spark dialogue and ring an awakening of some sort, […] especially if it is impactful and powerful. I didn’t expect to be demonized, but I did expect to spark that sort of dialogue."

Zur Produktion des Videos selber konnte die Künstlerin bestätigen, dass es wirklich eine echte ungefakete Aufnahme war, die viel Mut erforderte, obwohl sie im Endeffekt nur ganze 15 Sekunden lang komplett nackt war: "It was real, […] We only had one take to do it. It was done in one minute and 22 seconds. We sped the music up really fast in order to give it the slow-motion feel. I was walking really fast. Like a brisk jog/walk. I was nude for about 15 seconds of that. It was a brave thing to do. I had a chance to confront a lot of fears in that moment."