KC Rebell droppt sein zweites Album über Banger Musik und ruft die „Rebellution“ aus. Vor dem Hörgenuss stellte sich dem Rezensenten die bange Frage: Macht KC einfach da weiter, wo er mit „Banger rebellieren“ so erfolgreich aufgehört hat? Oder geht er den nächsten Schritt?
Dankenswerterweise ist letzteres der Fall: KC geht den nächsten Schritt – wenn es denn mal nur einer ist. KC zeigt sich auf „Rebellution“ tatsächlich erfrischend vielseitig.
„Ich hätte mich geändert mit der neuen Schiene
Hab ich auch, aber ich bin mir dabei treu geblieben
Und kann jetzt immer noch mit Würde in den Spiegel schau’n
Solange sich die Welt dreht ändert man sich, ihr doch auch„,
fasst KC selbst die Neuausrichtung auf „Rebellution“ selbst sehr treffend zusammen (in „Rebel Army„). Treu geblieben ist das Stichwort: Nach wie vor ist KC Rebell diese bisweilen widersprüchliche Mischung aus Schmerz und Leid auf der einen, hemmungslosem, sinn-, aber eben nicht selbstironiefreiem Geprotze auf der anderen Seite. Wobei der Anteil der gehaltvolleren, nachdenklichen Songs auf „Rebellution“ höher ist als auf allen seinen bisherigen Alben.
Eigentlich wird fast nur so richtig schön herumgeprollt, wenn Gäste im Haus sind: Mit Farid Bang heißt es dieses Mal „Kanax in Moskau“ statt Paris, mit Kollegah lässt der Essener den „Egoist“ raushängen, mit einem prächtig aufgelegten Kurdo gibt es ordentlich „Piff„, mit Summer Cem schaltet KC in den „Hayvan„-Modus und mit Majoe liefert KC den wohl besten Moneyboy-Diss des Jahrtausends ab, in dessen Verlauf sich nicht nur überraschend herausstellt, dass er und sein muskulöser Partner in gewisser Weise mit dem Wiener verwandt sind, blutsverwandt sogar, sondern auch ein anspielungsreiches Sticheln zwischen Majoe und KC entwickelt. Das alles eingeleitet durch ein (echtes) Telefongespräch mit dem Gucci Bandana-Fan – königlich.
Das alles ist ausgesprochen unterhaltsam, von verlässlichen Größen wie Juh-Dee und Joshimixu wieder ansprechend knallig und traplastig produziert und lebt von KCs Fähigkeit, sich bei allem Angebertum auch mal selbst auf die Schippe zu nehmen. Das lässt einen auch die eine oder andere Punchline, die ein bisschen arg gewollt prollig daherkommt (tichwort: Fernfahrerhumor), mit einem Augenzwinkern hinnehmen.
„Besoffen einen Joint kiffen
und dann die Freundin von ’nem Freund ficken
und vielleicht sogar den Freund ficken“ („Hayvan„)
Die wahren Stärken von „Rebellution“ liegen aber tatsächlich in der Ruhe: Gleich nach dem Intro folgt das schwermütige „Auge„, in dem KC sich mit den Schattenseiten seines Erfolgs auseinandersetzt. „Bist du da“ mit Manuellsen ist ein Song über Trennungsschmerz, in dem KC den schützenden Mantel von Arroganz und vermeintlicher Unverwundbarkeit erstaunlich tief fallen lässt.
„An meiner Seite ist der Ort, wo ich dich brauche
Also tu mir ein‘ Gefall’n: Lauf nicht mehr fort, komm doch nach Hause
Bist du da? Dann merkst du, dass ich Wärme brauche
Kälte wäre wie barfuß über Scherben laufen„
Auch „Herzblut“ fährt die Romantikschiene. Was man KC dabei zugute halten muss: Er schafft es, bei aller Gefühlsbetontheit und Leidenschaft die Grenze zum Kitsch stets haarscharf nicht zu überschreiten. Die Story über einen Verlassenen, der seine Ex bei deren Hochzeit besucht und sich am Ende selbst entleibt, wurde auch bereits mit einem bildstarken Video versehen. Ebenso eindringlich der Text von „Zu spät„, der den Hörer mahnend daran erinnert, dass es auf Dauer nicht zufriedenstellend ist, den Weibern nachzujagen anstatt eine stabile Beziehung zu führen. Und der Appell an die Ichstärke in „Du bist niemand“ mit SAW-Partner PA Sports trifft ebenfalls voll ins Schwarze. Das ist intelligenter Rap, der ohne dämlich gereckten Zeigefinger oder eine moralinsaure Pseudoherablassung daherkommt.
KC der stolze Proll, KC der sensible Liebhaber, KC der mahnende Philosoph. Soweit, so bekannt. Wirklich neu allerdings sind die Töne, die KC auf „Geh doch“ anschlägt. Nicht die inhaltlichen (es geht mal wieder um Herzschmerz), sondern die musikalischen: Auf einen lupenreinen Reggae-Beat spuckt der Rebell hier seine Zeilen. Überhaupt gönnt sich KC musikalisch jede Menge Freiraum: „Zu spät“ kommt auf einem sehr luftigen Beat fast ohne Drums daher und Manuellsens Hook macht „Bist du da?“ zu Soulmusik.
Wir stellen also fest: Der neue KC ist im Grunde der alte, nur eben gereifter und gelassener, deswegen aber nicht weniger hungrig. Er kann immer noch seinen Schwanz auspacken und damit in der Öffentlichkeit herumfuchteln oder ihn in diverse Körperöffnungen deiner Mutter gleiten lassen. Eigentlich aber verfolgt er andere Ziele: Dauerhaftes Glück, Familie, Zufriedenheit, ein gutes Leben. Und dazu bekennt er sich auf „Rebellution“ deutlicher als je zuvor. Gleichzeitig präsentiert er sich musikalisch offener, zeigt, dass er auch andere Beats als orientalisch angehauchte Trap-Geschosse mit seinem Trademark-Organ berappen kann. Eine Revolution ist das nicht, eher die ganz natürliche Evolution von zunehmender Reife und Offenheit.
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