Ich musste meinem Chefredakteur versprechen, dieses Mal nicht dermaßen ins Schwärmen zu geraten, wie in meiner Review zu „Aschenbecher“ – also gut, ich reiß mich zusammen. Sollte auch klappen, da ich bereits in eben genannter Review erwähnte, dass das neue Album von Danger Dan, „Reflexionen aus dem beschönigten Leben“ tatsächlich kein „Aschenbecher 2“ ist, obwohl es einen vergleichbaren Spirit hat. In erster Linie ist es aber ein verdammt gutes Album, das mit Authentizität, Rap und Gesangsskills, aber leider auch mit einem unglücklichen Features und einer wirklich dummen Line daherkommt.
Dan schlängelt sich im Laufe der zwölf Tracks immer wieder zwischen kritischen und sehr witzigen Tönen durchs Album. Thematisch könnten Songs wie „Sand in die Augen“ und „Grundvoraussetzung“ nicht weiter voneinander entfernt sein. Aber obwohl ein Song ein starkes und wichtiges Statement über das sexistische Frauenbild der Gesellschaft und der andere ein witziger Track über die Coolness und maßlose Faulheit des Rappers ist, greifen sie trotzdem stimmig ineinander. Es ist eben kein Album mit einem klaren Thema, sondern eines mit recht großer Bandbreite.
Wirklich guter Sänger
Mir ist bewusst, dass ich der gefühlt hundertste bin der das sagt, aber verdammt nochmal, Danger Dan ist ein wirklich guter Sänger. Schon bei der Antilopen Gang war er der Hook-Spezialist und stellt sein Können hier, in seinem Solowerk, auch noch einmal unter Beweis. Im sehr bewegenden Track „Eine aufs Maul“ beispielsweise, kombiniert er seine generelle Musikalität mit sehr gut platziertem Autotune. Auch ein Punkt der im ganzen Album positiv auffällt. Dan hat wirklich ein Händchen dafür Autotune im genau richtigen Maße zu benutzen, es wird immer nur als melodische Verstärkung und nie als dominierendes Stilmittel verwendet, so wie es sein sollte.
Tiefschlag von Koljah
Doch jetzt müssen wir leider über den Schwachpunkt des Albums reden, „Drei gegen einen“. Zwei Fragen: Seit wann rappt Panik Panzer so überragend? Und: Seit wann kickt Koljah so dermaßen polemische und unreflektierte Lines? Aber der Reihe nach. „Drei gegen Einen“ ist das erste Feature auf dem Album und ist, mit allen drei Mitgliedern, ein reiner Antilopen Gang-Song.
Dan fängt konstant an und rappt aggressiv gegen die aktuelle Rapgesellschaft, welche sich über, nicht besonders witzige, „epische Interviews“ und körpertrainierende Pumper definiert. Und dann kommt Koljah. Und hierbei stellt sich mir eigentlich nur eine Frage: Warum? Nicht, dass er seinen Part schlecht rappen würde, im Gegenteil. Auch inhaltlich spricht er fast die gleichen Themen wie Danger Dan an. Doch dann, wie die Faust aus dem Nichts, kommt eben diese Line, die mir diesen Song kaputtmacht und sogar dem Album einen faden Beigeschmack gibt: „ Das Frauenbild von Rappern ist so fortschrittlich wie Kopftücher“
Warum?
Wieso jetzt sowas? Warum bringt er eine Zeile, welche sowohl verallgemeinernd, polemisch als auch islamophob ist? Warum lässt Dan zu, dass so etwas auf seinem Album Platz findet? Wieso dropt Koljah, auf diesem fast makellosem Machwerk, einen solchen Satz und schlägt damit eine völlig neue, unreflektierte Richtung ein. Bereits seit einiger Zeit wettert der Rapper gegen das Tragen von Kopftüchern und rappt auch in seinen eigenen Songs Zitate wie: „Die meisten Judenhasser sind Islamversteher“. Nein, sind sie nicht. Die meisten Judenhasser hassen auch Muslime.
Rettung naht
Doch gerade wenn man genervt weiterschalten will, kommt der Part von Panik Panzer. Der Bruder von Danger Dan war bei mir lange Zeit als der schwächste der Drei abgespeichert, eine Meinung die ich definitiv revidieren muss. Er steckt mit Abstand die meiste Energie in den Song und die Flowpassage:„Doch auf jeden Beef, folgt der Ringelpietz mit anfassen“ ist Weltklasse. Ein schöner Nachgeschmack nach diesem kontroversen Song.
Der Rest des Albums behält dann aber die hohe Qualität bei. Sei es, dass bereits erwähnte, starke Statement im Song „Sand in die Augen“ oder die sehr dichten und mitreißenden Tracks „Wir lachen uns tot“ und „Private Altersvorsorge 2“.
Kindheitstraum
Einen kleinen Kindheitstraum macht sich Dan dann auch noch gleich wahr. Ihm ist es gelungen, the One and Only, Sebastian Krumbiegel zu überzeugen, einen sehr ironischen und witzigen kleinen Disstrack gegen die Prinzen, zu performen. Das erste Feature von Danger Dan mit einem echten Gangster, denn was ist krasser als mit seinem kleinen Fahrrad 180 zu fahren?
Wem kann man also „Reflexionen aus dem beschönigten Leben empfehlen“? All denen die abseits vom gute Laune Studirap und dem millionsten Waffengelaber, einen Sound hören wollen, der seinen ganz eigenen Weg geht. Ein Album, das düstere und persönliche Geschichten erzählt, gute und starke Standpunkte gegen Sexismus und Diskriminierung setzt und gleichzeitig die sehr ernste Atmosphäre immer wieder mit dem typischem und bissigem Humor Danger Dans, auflockert.