BOZ – Kopfkrieg

Rattos Locos lässt nach Telly Tellz und Nate57 den nächsten Hamburger Jung mit einem Album an den Start gehen. BOZ sollte Verfolgern der RBA schon seit längerer Zeit ein Begriff sein, hat nach seinem Mixtape „Farbfelder“ nun sein erstes Studioalbum releaset. „Kopfkrieg“ bietet auf 19 Tracks und einer Gesamtlaufzeit von knapp 70 Minuten düstere Beats zum mitnicken, ehrliche, aber leider mitunter auch recht einfach gestrickte Texte, diverse Perlen und zwei bis drei kleinere bis mittlere Ausfälle.

Das Intro geht gleich nach vorne und gibt einen guten ersten Eindruck in welche Richtung sich das Album bewegt. BOZ startet mit einem Paukenschlag, den man so schnell nicht vergisst.

Herbstblätter, Regen – Scheiß Wetter
Hör mir zu, ich bin nicht irgend so ein scheiß Rapper
Du machst auf Straßenabitur? Du bist ein Zweitklässler
Zweitklassig. Zeit, dass ich euch einäscher‘

Der Start ist also furious, BOZ beschleunigt von 0 auf 100 in etwa drei Sekunden. Der zweite Track behält das hohe Tempo weiterhin bei. „Crystal Nights“ ist eins der Highlights auf dem Album und BOZ beweist eindrucksvoll, dass er über einen eingehenden und lockeren Flow verfügt. Der Hamburger schildert seine Eindrücke einer Nacht auf der Reeperbahn und dem harten Leben auf den Hamburger Straßen, sobald es dunkel wird. „Autotune„hingegen ist, wie der Titel bereits befürchten lässt, einer der oben angesprochenen Ausfälle. Der Beat ist schon nach wenigen Sekunden unhörbar, hier ist der Name nämlich leider Programm. BOZ‚ Battlereime sind auch eher unterer Durchschnitt und die Hook geht nicht aufs Ohr, sonder auf die Nerven.

Da skippt man lieber weiter zum nächsten Track, denn der ist wieder ein Highlight des Albums. Gerade die Features von Nate57 und Telly Tellz werten den Track durch ihre unterschiedlichen Styles gehörig auf, und Boz zeigt, dass er den beiden in Sachen Flow und Technik in keiner Weise nachsteht. Das einzige Manko ist allerdings auch hier die störende Hook, die auf dem Track reichlich deplatziert wirkt. Über dieses Manko kann man angesichts der starken Strophen jedoch durchaus hinwegsehen.

Bei „Eigentlich weiß ich es besser„, einem der wenigen langsameren Songs des Albums, reflektiert BOZ die ewige Wiederkehr der Dinge, die Kreisläufe des Lebens, aus denen es keinen Ausweg außer dem Tod zu geben scheint.  

Warum bleibt es wie gestern?
Wir reden was von Veränderung, dabei weiß ich es besser
Geld, Probleme, Alk, Drogen und Frauen
und es bleibt wie es ist, Digga, so sieht es aus.“

Das alles wirkt nie aufgesetzt oder gefaked, sondern stets nüchtern und im besten Sinne bodenständig. Man nimmt BOZ seine Geschichten hier, so wie während der gesamten Spielzeit, durchweg ab. Danach wird mit „Was ist los Junge?“ und „Geisterfahrer“ wieder in den sechsten Gang geschaltet und nochmal so richtig durchgestartet. Hier zeigt BOZ noch einmal seine technische Begabung.

Ich fahr gegen den Strom wie ein Geisterfahrer
ich weiß es geht leichter, aber ist mir egal.
Ich fahr meinen Film verfolgt vom Stress
der Rest wird im Gegenwind zerstreut wie Dreck
.“

Dieser Textausschnitt bringt den Grundtenor von „Kopfkrieg“ perfekt auf den Punkt. Vom übertriebenen und aufgesetzten Straßenrap grenzt BOZ sich hörbar ab und setzt stattdessen auf ehrliche, straighte Musik. Auf „Ich brauch dich nicht“ beweist der Straßenjunge aus Hamburg dann außerdem noch, dass auch er einen weichen Kern besitzt. Das einzige Liebeslied auf dem Album wirkt trotz seines Themas und des ruhigen Beats nicht kitschig oder erzwungen.

Scheiß drauf, ich brauch dich nicht, aber warum regst du mich so auf?
Ich glaub es nicht. Ich will nicht an dich denken, ich will dich verdrängen
ich muss mich ablenken mit Tausenden.“

Seinen krönenden Abschluss findet das Album dann in dem Track „Damals„. Einer der besten Songs des Albums, der trotz oder gerade wegen seines ernsten Themas und des melancholischen Beat sofort ins Ohr geht und näheren und sehr persönlichen Einblick in die Vergangenheit von BOZ gibt. Insgesamt also ein gutes, solides Album, auf dem die Stärken die Schwächen bei weitem überwiegen. Nicht mehr – aber auch nicht weniger.