Freezy ist mit „Freezy“ am Start. Und wenn man keiner der blinden, stummen oder tauben Affen war, weiß man das natürlich längst. Obwohl, wahrscheinlich nicht einmal diese versteinerten Affen haben Ekos Promophase verpasst. Aber auch abgesehen von seiner fast schon permanenten Präsenz gibt es natürlich Gründe genug, das vielgepriesene „Freezy“-Album mal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Vorab sei gesagt, dass ich Eko als Künstler immer überaus geschätzt habe und auch das ein oder andere Album von ihm zuhause stehen habe. Allerdings hatte ich diesmal vor dem bzw. beim Hören des neuen Werkes die Angst, eine Eko Fresh-Überdosis zu erleiden, wie sie sich schon seit Wochen in den sozialen Netzwerken angebahnt hat. Der Kölner war mir persönlich in der letzten Zeit so omnipräsent, dass es nicht einmal überspitzt scheint, das Attribut „penetrant“ einzusetzen.
Nachdem die anfänglichen Bedenken aber abgeschüttelt waren, wurde Freezy gepumpt und vorweg: Es war zuweilen etwas anstrengend. In Bezug auf Ekos Vielfältigkeit spiegelt „Freezy“ seine gesamte Karriere wieder. Da kennt der gebürtige Kölner kaum Grenzen. Vom Eko-typischen türkischen Flair oder Aufzählungs-Rap, bei dem schlagwortartig Nominative aneinandergereiht werden bis hin zu einer fast schon schnulzigen Hommage an die sagenumwobenen Streets merkt man dem Album schon beim ersten Hören an, wie abwechslungsreich es angelegt ist.
Wie schon u.a. bei Ekos „1000 Bars“ kommt die unvergleichbare deutsche Jean-Claude Van Damme-Synchro-Stimme von Charles Rettinghaus zu Wort und versprüht direkt ein bisschen „Bloodsport“-Epik im vier(!)minütigen Intro.
Und der Weg den „Freezy“ einzuschlagen scheint, kristallisiert sich schnell raus: Ek iz da! Es ist ein klassisches Representer-Album – mit Licht und Schatten.
Der im „Halt Die Fresse“ Stil verfilmte Track „Gheddo Chef“ war der erste, den ich gern bis zum Schluss gehört habe. Eko kann diesen Kölner Kiez feat. türkisch Flair-Flavour halt echt gut und hier kommen seine Flowfähigkeiten auch super zur Geltung. Dass Ek sich mit dem Texten nicht schwer tut, ist allseits bekannt. Siehe seine „700 & 1000 Bars“ oder die vielen Kommentartracks der letzten Zeit wie etwa „AFD“ oder „Domplattenmassaker“, über die wir ausführlich berichtet haben. Eko schafft es aber leider auch hin und wieder, verdammt viele Worte für doch eher wenig Inhalt zu verlieren. Dies spiegelt sich etwa in „Blatt Papier“ deutlich wieder. 03:48 min wird übers Schreiben gerappt. Naja.
Mit „Danke EK!“ enthält „Freezy“ tatsächlich einen neuen „Sonnenbank Flavour“ indem Ekrem nochmal seine Urheberrechte an diesem Flow deutlich macht. Karteikartenrap ist halt so eine Geschmackssache. Der harmonische Laidback-Sound von „Puff Daddy“ ist dann eine weitere angenehme Abwechslung, allerdings muss ich sagen, dass mir der Remix mit YSL Know Plug besser gefällt – der Part vom Wiener rasiert einfach.
Und dann kam „Wo bist du?“ und ich fühlte mich in ein japanisches Trash-Restaurant versetzt, wo man beim essen Roboterdinosauriern beim Schaukampf zuschauen kann und halbnackte Frauen auf Rollschuhen durch den Raum düsen, der komplett mit Glühbirnen und Spiegeln ausgeschmückt ist. Das hat jetzt nichts mit den Lines zu tun, wohl eher mit den musikalischen Ausreißern, die der Grund sind, dass ich mich nicht ansatzweise an die Lyrics erinnere. Ich dachte mir jedenfalls während dieses Tracks nur: „Aber bitte sag mir eins, Eko was ist bloß mit dir los? …“ Die Experimentierfreudigkeit des Punchline-Signings kennt scheinbar keine Grenzen.
„Mund auf, ich komme“ ist wiederum ein Track den ich feiern kann. Als schon im Vorhinein zum Album veröffentlichte Videoauskopplungen ist Eko auf diesem Beat flowtechnisch echt zu 100% on Point. Der für mich stärkste Song auf dem Album hat das Potential in einigen Playlists zu landen und hebt die Grundmessage des Albums auf sehr gekonnte Art hervor: Ich hier, wer du?
Ein bisschen Gesellschaftskritik darf hier und da natürlich auch nicht fehlen. Nicht, dass ich es Eko nicht abkaufe – im Gegenteil, ich halte ihn für einen sehr sozialen und engagierten Menschen, der sagt, was er meint, aber es hat halt so ein bisschen was von ’nem Schnellimbiss, wo du vom Schnitzel über Burger, und Pizza bis hin zum Döner alles kriegst. Da kannst du von ausgehen, dass alles ganz okay, aber nichts davon außergewöhnlich geil schmeckt…
Insgesamt hat mich das Album leider, wie befürchtet, nicht überzeugt. Es gibt zu viele Tracks die man sich hätte sparen können. Es sind gute Sachen dabei, aber eben auch weniger gute. Es tut mir leid das zu sagen, vor allem da ich Eko echt schätze, aber „Freezy“ erinnert mich an eine Frau, die nur redet um Geräusche zu machen. Man kann dem Album den berüchtigten roten Faden zwar nicht gänzlich absprechen, dieser spinnt sich aber sehr leise, bzw. manchmal zu schwach erkennbar durch die Tracks. Ja es geht um Eko, wie der Titel vermuten lässt, aber das reicht halt nicht gänzlich aus, da Ek gefühlt mehr erzählt, als er erlebt hat – ohne ihm damit in irgendeiner Form die Authentizität absprechen zu wollen. Ich greife dann doch lieber zu „Eksodus“.