Duzoe, Dollar John, Kex Kuhl und Scotch zelebrierten kürzlich die „Rückkehr der Jägi-Ritter“ auf ihrer gemeinsamen Tour. Bei ihrem zweiten Tourstop – Berlin – luden mich die Jungs ein, um dem Konzert beizuwohnen und vorher ein kleines Interview mit ihnen zu führen. Anschließendes Gelage inklusive. Ein Mittwochabend ist zwar nicht der optimale Zeitpunkt, um sich in einem Backstage-Raum mit Sponsoring einzufinden, aber aufopferungsvoll wie ich bin finde etwa eine halbe Stunde vor Einlass im Privatclub Berlin ein. Vor der Location ist noch nicht viel los – lediglich eine Handvoll tätowierter junger Männer, die mit River-Cola verfeinerten Billigwodka verköstigt. Sie erinnern mich an mich selbst.
Als Dollar John mich durch den Hintereingang lotst, beginnt gerade der Soundcheck. Trotz anfänglicher Startschwierigkeiten wird das Quartett zeitig fertig. Das erste Bier und der erste Jägermeister fließen. Die Jungs sind gut gelaunt, es braucht dennoch – oder gerade deswegen – einiges an Arbeit, bis ich die vier endlich fürs angedachte Interview im Backstage-Raum zusammengetrommelt habe. Die Befürchtung, dass zu wenig Leute erscheinen steht im Raum. Mittwochabend ist vielleicht auch kein optimaler Zeitpunkt. Dennoch ist die Stimmung entspannt „Je leerer der Club, desto voller sind wir dann“ – außerdem sei der Auftakt in Hamburg „überheftig“ gewesen, wie Scotch mit versichert. „Letztendlich war es natürlich auch ein Heimspiel, weil man die Leute aus der Heimat mit dabei hatte. Wird auf jeden Fall schwierig zu toppen, aber wir schauen mal.“ . Zusammenfassend berichtet Kex Kuhl: „Es gab blutige Lippen, Stagedives und Alkoholexzesse“ .
Nach ein bisschen Smalltalk, viel Unfug und noch mehr Lachern erhebt Duzoe in provokantem Tonfall seine Stimme und fordert: „Komm jetzt mal mit richtigen Fragen! Sowas, wie: Warum habt ihr Leuten Mikrophone ins Gesicht geworfen?“ . Nach ein wenig Gelächter packe ich die Gelegenheit beim Schopf und frage, ob die Jungs – Duzoe und John sind auch im Duo, ansonsten alle als Solokünstler aktiv – für eine jeweils eigene Tour zu irrelevant seien, oder warum sie sich zusammengetan hätten. Wieder einige Witzeleien: „Mehr Menschen auf der Bühne heißt: Mehr Flaschen auf die Crowd“ . Schließlich erzählt John: „Es war ein lauwarmer Wintertag und war haben uns in Münster eingefunden und haben Nugats – Shoutout an Nugat – achtzehnten Geburtstag gefeiert.“ . Einige Zwischenrufe („Den haben wir richtig abgefüllt“ ) später erfahre ich, dass Duzoe an diesem Abend nicht dabei war, irgendwann aber Kex Kuhl angekommen sei. John äfft nach: „Ey Jungs ich will demnächst ne Tour machen, habt ihr nicht Bock mitzukommen? Wir machen das einfach alle zusammen“ Scotch ergänzt: „Wir alle ‚jaaajaaa‘ – aber Kex hat die Scheiße mal wieder ernst genommen. Und nach ner Woche sagt er ‚Also ich hab das jetzt geregelt Jungs, wenn ihr wollt könnt ihr mitkommen.‘ “ .
Kex‚ Antrieb sei lediglich gewesen, mit seiner neuen „5und30“ EP auf Tour zu gehen, was halt gemeinsam mehr Spaß mache. Er bezeichnet es zusammenfassend als klassische Schnapsidee. Das Stichwort „Schnaps“ lenkt das Gespräch dann auch schnell auf erwähntes Jägermeister Sponsoring, das an diesem Punkt schon großzügig ausgekostet wurde – obwohl böse Wörter wie „Türkenspeed“ im gemeinsamen Toursong dem großzügigen Schnapsspender sauer aufstießen. Duzoe versucht, mir das ganze mithilfe einer wirren Metapher von Weihnachtsmännern, Barbiehäusern und Feuerwehrautos darzulegen, was aber eher verwirrend als erklärend wirkt. Die Diskussion schweift zu einer Wette darüber ab, wer der Vier zuerst an einer Alkoholvergiftung sterben wird. Die Einsätze gehen auf John.
Ich versuche verzweifelt, das Gespräch wieder unter Kontrolle zu bringen – so richtig überspringen will der Funke aber nicht. An dieser Stelle beende ich das Interview („An dieser Stelle beende ich wahrscheinlich am besten das Interview und bedanke mich bei euch“ – „Ich glaub‘ nich‘, dass du dich dafür bedanken solltest“ ) und entscheide mich dafür, das Material zu diesem Fließtext zu verarbeiten. Nüchtern bin ich sowieso nicht mehr. Bis zum Konzertbeginn ist noch etwa eine halbe Stunde Zeit, die mit gehaltlosen, aber umso unterhaltsameren Gesprächen und natürlich reichlich Alkohol überbrückt wird. Duzoe, John, Scotch und Kex sind verdammt sympathische Typen, die mit ihrem treffsicheren Humor (und verdammt ansteckenden Lachen) für Stimmung sorgen. Dann wird’s ernst. Also nein, wird es nicht, aber Scotch eröffnet den Abend und begibt sich auf die Bühne. Als nächstes gibt sich Kex Kuhl die Ehre, dann Duzoe und Dollar John gemeinsam.
Aufgrund meiner Jägermeister-bedingten Gedächtnislücken werde ich die Auftritte an dieser Stelle nicht im Detail schildern. Aber ich weiß noch, dass es gut war. Die Crowd war überschaubar, aber nicht minder in feierlaune. Dass in einer derart kleinen Crowd so ein harter Moshpit entstehen kann, spricht für die anwesenden Fans. Ansonsten tummeln sich dort allerlei bekannte Gesichter, mit denen sich nach Ende des Auftritts in den Backstage-Bereich und nachdem die letzten Alkoholvorräte vernichtet wurden in eine Bar verzogen wird. Es war ein guter Abend mit korrekten Leuten und einem beschissenen Interview. Aber die ersten beiden Punkte überwiegen definitiv, auch wenn ich am nächsten Tag massiv verspätet im Büro aufschlug.