Laas Unltd. – 2.0 Action Rap

Im Zuge  des Aufkommens dieser ganzen neuen Generation von deutschen Rappern nach der großen Berlin-Ära, halte ich Laas Unltd. ja eigentlich für ziemlich überbewertet. Weder fügt er unserem Rapspiel eine neue interessante Facette wie zum Beispiel ein Marteria hinzu, noch verfügt er über die herausragenden Skills eines Kollegah. Und trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, hat er sich mit seinem immer wiederkehrendem Standart-Endreim-Flow und diesem unverwechselbare Einfach-drauf-losrappen-Feeling eine eigene Nische im Kreise dieser neuen Garde geschaffen. Und dieses wirklich angenehme Gefühl der gerappten Unbeschwertheit zieht sich auch durch die knapp 60 Minuten "Actionrap 2.0". Laas bringt nicht wirklich die krassesten Punchlines, auch seine Vergleiche sind nicht immer die besten, nein, er rappt einfach, er ist immer in Aktion, kurz: Er macht einfach Actionrap.

Dabei sind die Battledinger im Einzelnen wirklich ein bisschen unspektakulär. Auf Anhieb könnte ich jetzt auch nach zehnmaligem Hören Nummern wie "Unlimited Anthem" und "Endkrass" nicht wirklich auseinanderhalten, aber genau deshalb ergeben die Representer in ihrer Gesamtheit ein tatsächlich homogenes Bild. Die Instrumentals von "Absturz City" tun hier ihr Übriges, zumal sie konsequent zurückhaltend und reduziert im Hintergrund bleiben und "Läisen" so durchweg im Mittelpunkt des Geschehens bleibt.

Richtig auftrumpfen kann der Hauptakteur aber erst wenn es an die Storyteller dieses Streetalbums (?) geht. Während "Girl You Know It’s True" noch die bekannte Thematik der leichten Mädchen und Groupieschlampen  auf bekannte Art und Weise behandelt, ist "Frau David" ein durchaus spezieller Song über eine in die Brüche gegangene Beziehung. Hier richtet sich Laas an die Mutter der Exfreundin und exerziert erfrischender Weise weder die eigenen Fehler aus seiner  Sicht durch, noch macht er die ehemalige Lebensabschnittspartnerin für das Ende verantwortlich, sondern zitiert Letztere und legt seine Fehler quasi über ihre Äußerungen offen. Dass er in diesen wenigen Minuten deutlich mehr von sich und seiner Person preisgibt, als der durchschnittliche Möchtegern-Consciousrapper auf einem ganzen Album, spricht wohl für sich. Richtig großartig wird es aber erst bei "Telefon Gangster", in welchem Laas auf seine eigene Art und Weise den tagtäglichen Abfuck der Dumpinglohnempfänger und Aushilfsjobber abhandelt:

"Es gab acht Euro pro Stunde zu verdienen bei denen /
Dafür sollt ich Leuten am Telefon Termine andrehen/
Für ein kostenloses Gespräch mit einem lieben Kollegen/
der ihnen helfen kann, ihr Konto aus den Miesen zu heben/ […]
so bracht‘ ich Leute von ‚Naja, sie könn‘ mir vieles erzählen’/
zu dem Satz ‚Gut, bei mir wär morgen gegen Sieben okay‘
"

For the record: So etwas ist einfach geil, denn Laas schafft es in diesen Songs, Alltagsthematiken wie diese unterhaltsam, interessant und technisch ansprechend in einen Raptext zu verpacken. Das ist genau das, was ein Shiml eben beispielsweise auf Albumlänge NICHT schafft. Hinzu kommt Laasens Abneigung gegen sämtliche True-School Hip Hopper, die alles von früher ausnahmslos feiern und alles, was aktuell raus kommt, ausnahmslos scheiße finden, was ihm nochmals zusätzlich Pluspunkte einbringt.

Natürlich gibt es trotzdem noch zahlreiche verbesserungswürdige Punkte an Laas‘ Performance. Wie eingangs erwähnt, sind die reinen Battle-, Representer und Rap-Rapsongs im Einzelnen verbesserungswürdig, keiner von diesen sticht irgendwie aus der Masse heraus und bleibt im Ohr hängen, hier fehlen in letzter Konsequenz einfach die Hits, wirkliche Höhepunkte sind nicht auszumachen. Vielleicht sollte der Hamburger auch noch ein bisschen an seinem Gespür für eingängige Hooks feilen. Oberste Priorität für ein kommendes großes Album sollte aber weiterhin sein: Mehr Themensongs, weniger oberflächlicher Kram. Dann steht diesem Jungen aus dem rapmäßig brachliegenden Hamburg vielleicht wirklich eine goldene Zukunft bevor.

PS: An dieser Stelle übrigens ein allgemeiner Aufruf an die deutschen Rapper. Ich habe in letzter Zeit Songs von bestimmt fünf bis sechs hiesigen Künstler gehört, die allesamt Autotune oder Vocoder-Sounds auf ihren aktuellen Alben benutzen oder benutzen werden, so auch leider Gottes bei Laas Unltd. Bitte, lasst es! Es nervt einfach, ist nicht im Geringsten etwas Besonderes und wenn Ihr euch schon dazu entschließt, einen Trend aus Amerika aufzugreifen, dann tut das bitte wenigstens, solange dieser noch in ist und nicht ein halbes Jahr zu spät. Danke!