Schiff ahoi! Der Piratenboom hält ja bekanntlich noch an und da ist es kein Wunder, dass man auch im interaktiven Medium Videospiel Fuß fassen möchte. Nun reden wir hier aber nicht über gewöhnliche Pötte aus längst vergangenen Jahrhunderten, sondern über die aus dem letzten. Jack Sparrows Black Pearl wäre wohl freiwillig untergegangen, hätte sie die Kriegsschiffe der Alliierten und der Achsenmächte gesehen, zum Beispiel die Yamato mit ihrer Länge von 263 Metern und ihren 2 Dutzend Geschütztürmen. Nur geht es in Silent Hunter 4 von Ubisoft weniger um die Vehikel überhalb des Wassers, sondern um die darunter: U-Boote. Leise, tödlich und unsichtbar. So zumindest die Theorie. Wie das unter realistischen Verhältnissen tatsächlich aussieht, erfahren sie in der U-Bootsimulation, die vor allem drei Dinge erfordert: Einarbeitung, Konzentration und vor allem Ausdauer. Ein moderater PC darf außerdem auch nicht fehlen, der Test-PC mit GeForce 6600 GT, 1GB DDR-RAM sowie Athlon XP 64 2800+ konnte das Spiel auf mittleren Details zum Laufen bringen, jedoch waren die Ladezeiten doch recht hoch und es gab doch einige Ruckler.
Silent Hunter 4 ist ein Spiel, dessen Verpackungsgoodies wohl nicht nur als Extras enthalten sind, sondern die Bedienung des Spiels ungemein vereinfachen können. So ist neben Tastaturbelegungslayouts auch eine Weltkarte von 194x enthalten, zu Zeiten des 2. Weltkrieges. Genau dort spielt die „Handlung“ von Silent Hunter 4. Als U-Bootgeneral geht der Spieler auf Seiten der USA auf die Jagd im 2. Weltkrieg, um vor allem die japanische Marine zu stören. Ein eher zweckmäßiges Tutorial, welches lediglich per Textmitteilung zu Anfang einer Lektion erzählt, was zu tun ist, bereitet mehr oder weniger gut auf das Unterseeleben vor. Das Spiel bietet neben diesem Tutorial noch eine komplette Weltkampagne sowie Einzelmissionen, Kurzkampagnen und Multiplayerschlachten.
Doch starten wir mal in die Kampagne. Durch den Überfall der Japaner auf Pearl Harbour stieg Amerika 1941 in den 2. Weltkrieg ein. Dies ist auch der optionale Startpunkt für den Spieler, man kann auch 1942 oder ’43 in Midway starten. Außerdem kann man sich die U-Bootklasse aussuchen. Diese unterscheiden sich meist in Größe, Geschwindigkeit, Torpedorohren und -bewaffnung sowie der Überseewaffen (Flugabwehr- und Geschütztürme). Ich entschied für einen Pott mit 6 Bug- und 4 Hecktorpedorohren, aber nur einer Heck-Flak. Der erste Auftrag führt den Spieler gen Japan, um vor der Insel Honshu zu patrouillieren. Nach kurzer Zeit wird klar, wie realistisch dieses Spiel ist: Die Erde wurde in Zeit und Raum komplett 1:1 umgesetzt! So dauert die Überfahrt von Pearl Harbour nach Honshu mit einer Geschwindigkeit von 20 Knoten fast drei Tage. Während der Fahrt traf ich auf zwei alliierte Frachter und sonst nichts. Zum Glück gibt es eine Zeitrafferfunktion – und die hat es in sich. So kann man die Geschwindigkeit locker auf über 6000fache Echtzeit stellen, wobei je nach Rechner das Spiel dann sehr stark zu ruckeln beginnt. Bei Feindkontakt stellt das Spiel sofort auf einen langsameren Faktor. Der Kurs nach Honshu wird relativ bedienungsfreundlich auf einer Weltkarte eingetragen und auf „Auto-Pilot“ gestellt (der Auto-Pilot war 1941 ein Teil der Crew, die automatisch die Befehle des Captains umsetzt). Man kann den Pott natürlich auch per Kompass steuern. Dies funktioniert genau so einfach die Geschwindigkeits- oder Tiefenänderungen. Am Zielpunkt angekommen, patroulliert das U-Boot ein paar TAGE am eingezeichneten Punkt. Am Ende der ersten Nacht kreuzen 2 unbekannte Schiffe das Gebiet und sofort nach Sichtung heißt es: Periskoptiefe! Nach kurzer Zeit zeigt sich, dass die beiden Schiffe lediglich Fischkutter sind. Um die japanische Wirtschaft zu stören, entschließen wir uns, beide zu versenken. Doch durch die Dunkelheit ist das Zielen erschwert. Wir probieren es mit einem Torpedo, doch er zündet nicht. Man kann im Übrigen auf realistische Weise die Daten für den Abschuss (zum Beispiel die Entfernung zum Ziel) eingeben oder per Periskop das Ziel aufschalten. Dann wählt man noch ein geladenes Torpedorohr und feuert stilecht per rotem Knopf den gewünschten Torpedo ab. Doch Vorsicht, man hat nur einen sehr begrenzten Vorrat und das Nachladen dauert trotz Ausschalten des „realistischen Nachladens“ (eine von vielen Optionen, um den Realismus zu erhöhen oder verringern) sehr lange. Nach dem Fehlschuss und in Sicherheit wiegend tauchen wir letztlich auf und versenken beide Pötte per Überseegeschütz. Die weißen Segel der Fischkutter sind dabei eine Zielhilfe, ansonsten könnten wir in dieser bewölkten Nacht (Silent Hunter 4 simuliert realistisch Tageszeiten, Wetter und Wellengang, was sich alles erheblich auf das Spiel auswirken kann) die Hand vor Augen nicht erkennen. Nach diesem einseitigen Gefecht verweilen wir noch einen Tag an der Oberfläche, bis sich in der dritten Nacht eine Einsatztruppe nähert, bestehend aus Zerstörern und Schlachtkreuzern. Besser untertauchen und leise verhalten! Während die Gruppe über uns vorbeizieht, erhalten wir einen neuen Auftrag, der uns entlang der Südküste Japans führt. Auf dem Weg sichten wir mehrere Flugzeuge, von denen ein paar abstürzen müssen, während uns andere vernichten (freies Speichern sei Dank).
Man sieht also, das Spiel benötigt sehr viel Geduld, wenn es etwa heißt, eine Woche Anfahrt + Patrouille zu benötigen für eine Aufgabe. Und je nach Zufall kann diese Woche sehr langweilig ausfallen oder auch sehr anstrengend und… lang! Gefechte mit Kampfschiffen erweisen sich als echte Herausforderung, die man durch Übung und Lernbereitschaft bestehen kann. So ist man selber quasi unsichtbar für die Sonare der Feindschiffe, wenn man in deren Kielwasser fährt (aufgrund der schiffseigenen Motorengeräusche), läuft aber Gefahr, in Wasserbomben zu geraten. Doch so dröge manche Passagen auch sein mögen, man hat immer das Verlangen, noch schnell zum nächsten Zielpunkt zu fahren oder noch schnell den Frachter abzuschießen. Umso frustrierender ist es, wenn man mal einen Kreuzer nicht mehr los wird und selber untergeht. Und die Seegefechte des zweiten Weltkrieges verliefen nun mal über Stunden. Man sollte nur spielen, wenn man wirklich Zeit und ruhe hat. Im Multiplayer ist eine Zeitkompression natürlich abgeschaltet und damit sind noch längere Einzelgefechte garantiert.
Die optischen Aspekte können den Anspruch einer realistischen Simulation vollends gerecht werden. Der Himmel wirkt zwar manchmal etwas grobkörnig, doch die restlichen Effekte und Grafiken können überzeugen. Ob die Modelle der Schiffe und Flugzeuge, das Wasser (die Wasserspritzer auf dem Periskop sind toll) oder die Explosionen. Die gesamte Crew im U-Boot ist animiert und das Schiff selber ist detailgetreu nachgebaut. Die Actionkamera der Torpedos sorgt tatsächlich für Nervenkitzel. Pompös fliegen uns auch die Soundeffekte um die Ohren, anfliegende Bomber, das „Pingen“ der Kreuzer, die ein abgetauchtes Boot aufspüren wollen oder das Tosen des Wassers, wenn es in meterhohen Fontänen durch Explosionen hochspritzt, es sorgt für Atmosphäre und lässt einen wortwörtlich in das Spiel eintauchen. Die Wetter- und Tageszeiteffekte wirken sich tatsächlich auf das Spiel aus und erscheinen vollkommen realistisch. Sogar eine Zeitverschiebung ist zu vernehmen!
Dieses Spiel ist nichts für Gelegenheitsspieler und Anfänger. Die Einarbeitung ist langwierig und kann Unvorbereiteten auch den Spaß verderben, ebenso wie Ungeduldigen, die schnelle Action wollen. Für Realismus- und Simulationsfans, die sich auch nur ein kleines bisschen mit dem Genre U-Bootsimulation anfreunden können, ist Silent Hunter 4 allerdings schon fast ein Pflichtkauf. Die Bedienung ist zwar nicht die leichteste, aber das ist ja auch realistisch so. Auch für die, die sich einarbeiten können, verspricht das Spiel viel Spaß und noch mehr Atmosphäre. Und spätestens, wenn man die Yamato höchstpersönlich versenkt hat, kann man sich als Jack Sparrow des zweiten Weltkrieges bezeichnen.