Roger & Schu, zwei Gründungsmitglieder einer der dienstältesten deutschen Rap-Crews, Blumentopf, veröffentlichen zu zweit ein Album. „Clap your fingers“ zu hören ist, als würde man mit zwei alten Hiphop Hasen einen netten Plausch halten: gemütlich, witzig, weise und nostalgisch.
Die zwei Münchener machen keinen Hehl aus ihrem Status, ihrem fortgeschrittenen Alter oder ihrer veralteten Technik, Lines wie „Da ist mein Reim Stammgast, drum sitzt er wo er immer sitzt“ und „Mein Flow ist so flexibel wie ein deutscher Beamter“ nehmen gleich im Intro diese Kritikpunkte selbst vorweg. Originell ist das nicht, dafür aber ehrlich.
Schreiben können die zwei ohne Zweifel. Natürlich gibt es auf „Clap your fingers“ klassische Representer wie das als Video ausgekoppelte „Deine Jungs / Meine Jungs„, „Funky & Frech“ und „Schieb die Luft„, die wie gesagt, nicht mit beeindruckter Technik aufwarten. Dafür gibt es aber einiges an Wortwitz und gereiftem Humor, wie „Deine Jungs haben was mit Bitches, meine mit den Bandscheiben“ oder „Wir bleiben hip bis wir hops gehen„.
Allerdings stehen direkt daneben Lines wie „Wir taggen unseren Bandnamen mit Pisse an die Wand, uns zu battlen ist noch schwerer als n dicker Elefant“, die fast schon kindisch anmuten, aber Roger & Schu haben ja nie behauptet, erwachsen klingen zu wollen. Tatsächlich lebt das alles vor von der Maniacs (Hauptproduzent des Albums) Beats und die Texte der zwei Protagonisten geschaffene dichte Atmosphäre, die weniger auf Gimmicks und Effekte als auf Bodenständigkeit und Warmherzigkeit basiert.
Neben den Songs, die sich primär um Rap oder das Leben der Rapper drehen, gibt es auch mal Realtalk. Der Song „DPM“ behandelt ein Problem das jeder kennt und von dem auch fast jeder betroffen ist. Hier wird nämlich sehr präzise dargestellt, wie man sich um die gravierenden Probleme der heutigen Gesellschaft bewusst ist, aber sie nicht in Angriff nimmt. Einfach weil es geiler ist, sich mit der verschwenderischen Lebensweise des 21. Jahrhunderts zu vergnügen. Dabei sind Roger & Schu allerdings angenehm selbstkritisch und lassen den aufgeregt erigierten Zeigefinger lieber stecken.
„Ich dachte ich nehm mein Reimbuch, und schreib was ich denke/
über große Bauprojekte und kleine Geschenke/
über unsere Demokratie und ihr schleichendes Ende/
Doch am Schluss gings nur um Hiphop und die drei Elemente/
Drugs, pussy, money, money, pussy, drugs, money (x4)/“ (Schu – „DPM“)
Der Track spaziert locker über einen von Roger produzierten Beat direkt ins Schwarze hinein – mein Highlight des Albums. Auch an anderer Stelle beweisen die beiden, dass sie diese Art von ehrlicher Direktheit auf dem Kasten haben, auch ohne dabei Ernst zu sein. Auf „Frieden“ wünschen sich Roger & Schu ein bisschen von eben jenem, „Aber bitte nicht zu viel„. Geistreiche Lines wie „Ich bin für Mindestlohn für Kinderarbeit“ können mir ein Schmunzeln entlocken, während sich mein Bewusstsein langsam auf das Problem wendet, auch wenn es erst nach Ende des Songs dort angekommen ist.
Hin und wieder sprechen Florian Schuster und Roger Manglus auch aktuelle Themen im deutschen Rapgame an. Auf dem locker leichten, fröhlich-sehnsüchtigen Song „Insel“ wird ganz ruhig und sachlich die Lage kritisiert. „Die Schlager-Futzi Hook ist das reinste Gewinsel“ – außerdem lassen Labels Künstler „poppen wie Pringles„.
DIe Instrumentals wurden wie gesagt größtenteils von Maniac von den Demograffics produziert, „DPM“ stammt aus Rogers MPC, dann gibt es noch Beats von I.L.L. Will und Bubu Styles. Diese sind allesamt keine Standardware, verzichten auf Anbiederungen an den Zeitgeist und beliefern „Clap your fingers“ mit vielen verschiedenen Klangfarben, die eine recht bunte Collage ergeben. Auch die Cuts von DJ Sixkay sind für eine Bereicherung. Besonders das Ende von „In bar“ glänzt mit einer gescratchten Referenz des Bösewichts Dr. Evil aus „Austin Powers„. „Kommt nicht mehr zurück“ ist sogar komplett um einen Cut von Haftbefehls „Crackfurt“ herum gebaut. Für mich aufgrund der kreativen Einarbeitung des Cuts ein weiteres Highlight des Albums.
Roger & Schus „Clap your fingers“ ist ein Album, das ohne groß nach links oder rechts zu schauen seine eigene Schiene fährt. Gänzlich ungezwungen und ohne großen Hunger, dafür mit reichlich Appetit erzählen zwei Fünftel des Münchener Blumentopfs von allerlei Dingen. Dabei sind sie so offen und ehrlich, als würdest du mit ihnen in der Kneipe sitzen, allerdings mit sehr viel mehr sprachlicher Versiertheit.