Absztrakkt und Cr7z sind „Waage & Fische„. Das sind aber nicht ihre Stern- sondern ihre Tierkreiszeichen, wie ich im Interview lernte. Ein Gespräch über Astronomie, die völlig unterschiedlichen Rapstyles der beiden Protagonisten, die Rapszene und Alkoholismus. Hier gelangst du auch zur Review von „Waage & Fische„.
Der Albumtitel „Waage und Fische“ bezieht sich auf eure Sternzeichen. Glaubt ihr an Horoskope?
Absztrakkt: Also ich nicht.
Cr7z: Ich schon. Aber nur, wenn man sich damit intensiv beschäftigt kann man da etwas draus lesen. Aber Sternzeichen ist ohnehin falsch – es heißt Tierkreiszeichen. Es gibt Sternenbilder. Aber was die Tierkreiszeichen betrifft, besteht jede Persönlichkeit aus drei Aspekten. Also ist quasi jeder Mensch in drei gespalten. Wenn man die zusammenfasst, also Sonnenzeichen, Mondzeichen und Aszendent, dann kann man da – auch nur eventuell, weil auch die Sterne sind Dingen untergeordnet – Prognosen anstellen. Also doch, ich glaube daran. Wenn man sich intensiv beschäftigt, kann man anhand von Sternenbewegungen gewisse Sachen in seinem Leben ausrichten.
Hast du dich denn tiefergehend damit beschäftigt?
Cr7z: Ich hatte mal vor mich damit zu beschäftigen, aber mir wurde das zu langweilig.
Absztrakkt: Ich habe mich auch mal damit beschäftigt, aber ich fand es auch zu langweilig. Irgendwie hat es mich nicht so gereizt dass ich dran geblieben bin.
Auf einer Horoskop-Internetseite habe ich gelesen, dass beide Sternzeichen, also Waage und Fische, harmoniebedürftig sind und Grobheit und Derbheit verachten. Trifft das auf euch zu?
Absztrakkt: Also rein menschlich könnte man sagen, dass es das bei mir tut. Ich bin schon ein Mensch, der will, dass es bei ihm selbst und um ihn herum harmonisch ist.
Cr7z: Nee. Das trifft eher auf ihn zu, auf mich auf keinen Fall. Was dieses Harmonie-Thema betrifft bin ich ziemlich ungläubig.
Ansonsten stand da, dass ihr, wenn ihr aufeinander trefft gerne gemeinsam eure Luftschlösser baut.
Absztrakkt: Wir bauen Schlösser, aber keine Luftschlösser.
Macht Rap den irgendetwas anderes als Luftschlösser zu bauen?
Cr7z: Ich finde schon, dass Rapper sich Luftschlösser bauen. Dass sie sich ihr Schloss bauen und das in der Realität gar nicht der Fall ist. Das sind Rapper, die erzählen, sie fahren mit dem Panzer durch die Gegend. Wo denn? Wann denn? Wann bist du jemals mit ’nem Panzer gefahren? Ein Kollege von mir ist in Afghanistan mit dem Panzer gefahren – der könnte diese Line schreiben. Aber der rappt nicht. Andere Leute rappen sowas, obwohl sie sich kaum im Klaren darüber sind was sie sagen. Also bauen sie schon Luftschlösser – sie stellen sich als etwas da, was sie nicht sind. Wir machen das nicht. Wir greifen aus dem Leben. Auch wenn das vielleicht fantasievoll klingt, es ist trotzdem real. Und wenn dann einer mit seinen Panzergeschichten um die Ecke kommt oder von seiner Pumpgun erzählt, dann verstehe ich nicht was das soll.
Ihr macht ja schon seit Jahren gemeinsam Musik miteinander, aber immer nur einzelne Songs bisher. Warum habt ihr bis jetzt gewartet, ein gemeinsames Album zu veröffentlichen?
Absztrakkt: Das Album ist seit zwei Jahren in der Mache. Wir haben das parallel zu unseren Solo-Projekten gemacht, aber den Plan gab es schon lange. Das ganze ist auch die Idee vom Cr7z gewesen. Wir haben uns keinen Druck gemacht und jetzt ist es fertig. Wir sagen beide: Es ist fertig. Es braucht keinen weiteren Track.
Absztrakkt, du hast eher einen harten, kantigen Style. Cr7z, du hast einen flüssigeren, technischeren Style. Wie habt ihr eure Gegensätze zusammen gebracht? Oder habt ihr vielleicht genau auf diese Gegensätze aufgebaut?
Cr7z: Wir haben einfach gemacht. Das passt sowieso, weil die Inhalte sich ohnehin decken. Darum geht es ja auch. „Waage & Fische„. Das heißt ja nicht, dass die Gegensätzlichkeiten – dieses Ying und Yang – in den Fischen nur auf mich bezogen ist. Er kann genau so Yang sein und ich genau so Ying. Er kann auch in die Fische einfließen und so kann ich mal die Waage sein. Das ist das, was wir da gemacht haben – Abstrakkt trifft auf Cr7z. Zwei Unterschiedliche Stile. Ying trifft auf Yang.
Zweifel an der Stimmigkeit gab es im Vorfeld keine?
Absztrakkt: In keinster Art und Weise! Nicht im geringsten! Also… nee!
Wo seht ihr denn raptechnisch eure größten Unterschiede und Gemeinsamkeiten?
Absztrakkt: Also Unterschiede auf jeden Fall in der Art der Vortragsweise. Cr7z ist eher so Wasser – er fließt über den Beat. Absztrakkt ist mehr so Feuer. Was über den Beat brennt und an manchen Stellen hoch lodert. Dann ist wieder Glut und dann geht es wieder hoch. So würde ich das beschreiben.
Cr7z, wie würdest du das Formulieren?
Cr7z: Genau so! Da siehst du auch wieder die Allegorie zwischen Waage und Fische. Was er gesagt hat klingt ja wieder, als wäre er die Fische und ich die Waage – ich flowe ja konstant und er ist unterschiedlich. Also unsere Positionen wechseln einfach.
Für ein Kollabo-Album muss man natürlich auch immer ein Paar Kompromisse eingehen? Gab es da manchmal Schwierigkeiten zwischen euch?
Absztrakkt: Gar nicht. Weder habe ich gesagt, dass etwas falsch wäre, noch hat Cr7z mit gesagt, dass ich etwas ändern solle.
Cr7z: Wenn einer mit einem Beat oder so nicht down war, dann gab’s den halt nicht.
Hört ihr eigentlich selber Rap?
Absztrakkt: Also ich schon
Cr7z: Ich kaum. Ich höre kaum Rapmusik, weil ich einfach so enttäuscht von dem bin, was so in den letzten zehn Jahren raus gekommen ist. Ab und zu finde ich mal einen Track gut, aber dann auch nur wegen einem Part oder einer bestimmten Stelle. In der deutschen Raplandschaft sehe ich diese Verrohung der Gesellschaft. Ich höre gelegentlich Rap von damals, aber auch nicht oft. Ansonsten höre ich Sachen aus allen möglichen Richtungen – egal welche. Rock, Pop, teilweise tu‘ ich mir sogar Drum&Bass an. Das konnte ich früher überhaupt nicht ab. Da merke ich, dass bei mir etwas ankommt. Aber rapmäßig kann ich an einer Hand abzählen, was mir aus Deutschland gefällt.
Im Pressetext wird euer Album als „Oase in der Wüste der Massenproduktion“ beschrieben. Ist dieses Problem wirklich so akut?
Absztrakkt: Ich sehe das wirklich so. Die Stile sind identisch, die Themen sind identisch, die Darstellungen sind identisch.
Cr7z: Das ist halt Massenware.
Cr7z, auf „Boodha Monk“ thematisierst du deinen Alkoholismus. Auch jetzt trinkst du. Auf deinem letzten Album „An7ma“ hast du dich von chemischen Drogen losgesagt. Der Suchtdämon scheint dich aber nicht loslassen zu wollen, oder?
Cr7z: Immer. Ich kann da in jedem Interview predigen, aber das nützt nichts. Das ist ’ne Sache, die ich mit mir selbst auszumachen habe. Wenn du diesen Dämon in dir hast, dann musst du ihn selbst bekämpfen. Ich sage immer so: Es wird besser, es wird besser. Kennst du Chaker von der Crew Warheit? Der hat mal ’ne Line geschrieben: „Manche Dinge werden zerstört, wenn man sie ausspricht„. Das habe ich auch ein bisschen vom Claudio (Absztrakkt; Amn. d. Verf.) gelernt. Deswegen will ich eigentlich nicht darüber reden und dann nur rumlabern, dass ich das besser mache und hinkriege und blablabla. Damit nimmt man letzten Endes wieder Energie weg – mach doch einfach, red nicht drüber! So ist das bei mir mit dem Trinken. Der Weg ist voll weit – aber es ist noch Land in Sicht.