Selbstkritik ist wichtig, deshalb räumt rap.de-Chef Oliver Marquart offen ein: Das Interview mit Arafat war von vornherein ein Fehler. Ein Kommentar.
Es ist eine Binsenweisheit, dass man zu seinen Fehlern stehen und seine Irrtümer einsehen sollte. Nichts anderes habe ich mit diesem Artikel vor. In vielen meiner Kommentare kritisiere ich andere, auch in Reviews tue ich das naturgemäß. Heute kritisiere ich einmal mich selbst und sage ganz offen und unumwunden: Mein Interview mit Arafat war ein Fehler. Nicht so sehr wegen des Protagonisten, sondern in erster Linie wegen des Themas.
Denn wir haben uns bei rap.de Anfang des Jahres dafür entschieden, uns bei der Berichterstattung über Rap auf das konzentrieren, was wir für wesentlich erachten: Musik, Musik, Musik, dann erstmal lange nichts, und dann so etwas die gesellschaftliche und politische Relevanz von Rap bzw. einzelner Künstler. Wir haben dies immer wieder betont und uns auch von anderen Medien, die mehr auf Unterhaltung als auf Information setzen, bewusst abgegrenzt. Alles schön und gut – mit der Entscheidung aber, Arafat darüber zu interviewen, dass Kay One lügt, wenn er z.B. behauptet, nicht bei den Bullen gegen ihn und Bushido ausgesagt zu haben, habe ich diese hehren Prinzipien mit Füßen getreten.
Natürlich habe ich das nicht erst beim Schreiben des Artikels gemerkt. Von Anfang an war klar: Scheiße, hier geht es eindeutig nicht um Rap. Hier geht es darum, ob jemand gelogen hat oder nicht. Was moralisch gesehen interessant ist, sein Album aber nicht besser oder schlechter macht – und nur darum soll es bei rap.de ja gehen. Um Musik. Um Rap. Die Schlammschlachten darum herum sind mitunter unterhaltsam, nehmen aber in der Berichterstattung insgesamt derzeit viel zu viel Raum ein. Und das ist nicht nur die Schuld der Künstler selber – auch wir Medien tragen jeden Tag dazu bei.
Anstatt aber die nötigen Konsequenzen zu ziehen und zu klar dazu zu stehen, dass der Themenkomplex Beef auf unserer Seite kaum noch Erwähnung in der Berichterstattung findet (vor allem wenn er außerhalb der Musik ausgetragen wird), habe ich einen halbgaren, halbherzigen Artikel geschrieben.
Ich habe also genaugenommen zwei Fehler begangen: Zum einen, mich auf das Thema einzulassen, was unseren Richtlinien widerspricht. Und zum anderen, das Ganze statt ganz oder gar nicht mit angezogener Handbremse durchzuziehen. Statt das angebotene Material sorgfältig zu prüfen und sachlich nachzufragen, wurde das ganze eine schwammige Angelegenheit, bei der der Versuch, rechtzufertigen, was angesichts unserer besagten Neuausrichtung nicht zu rechtfertigen ist, viel zu sehr im Vordergrund stand. Entweder hätte ich das Interviewangebot gleich ablehnen sollen – oder es wenigstens richtig durchziehen.
Nicht dass meine jetztige Einsicht irgendetwas im Nachhinein daran ändert. Es bleibt nur, es beim nächsten Mal besser zu machen, konsequenter zu handeln und fester zu den eigenen Überzeugungen zu stehen. Genau dafür nämlich sollte rap.de stehen.