Bo Flower

Das Ramones-Museum, Berlin-Mitte, der Ort an dem wir uns mit Bo Flower verabredet haben. Der 28-Jährige ist so etwas wie der Go-To-Guy für karitativen Rap geworden: Ob Songs für die Trinkwasserinitiative Viva Con Agua oder ein Organspende-Track im Namen der Techniker Krankenkasse ("Von Mensch zu Mensch") – Bo Flower hat sich vor allem dadurch einen Namen gemacht, ungewöhnliche Themen aufzugreifen.
Auf seinem neuen Album, das nach seinem bürgerlichen Namen "Flo Bauer"  benannt ist, befasst sich der Wahlhamburger jedoch vorrangig mit einem ganz anderen Thema: Sich selbst. Ein Gespräch über Organspende, Liebe – und harten, dreckigen Sex.

rap.de: Du sprichst ja doch eher andere Themen an als der durchschnittliche Rapper. Würdest Du sagen, dass Du deine Musik ernster nimmst als viele Deiner Kollegen?

Bo Flower: Ich glaube, dass viele Leute das ernst nehmen, was sie machen. Das einzige, wodurch es bei mir vielleicht ein bisschen ernster ist: Es ist mein Beruf und das ist ja bei vielen im HipHop-Geschäft nicht unbedingt so. Aber es gibt ja ganz viele Beweggründe, aus denen man HipHop machen kann und es muss jeder das finden, womit er so glücklich wird.
Es gibt so viele Sachen, bei denen merkt man so krass, dass es Fassade ist, ein Konzept, und trotzdem hat es einen hohen Unterhaltungsfaktor und dann ist es auch okay, da hab ich auch Spaß dran.
Ich denke nicht, dass man gewisse Arten von Rap übereinander stellen kann. Ich finde ganz allgemein, jede Art von Musik hat ihre Berechtigung, denn derjenige hat sich ja dabei etwas gedacht und Bock darauf gehabt, aus welchen Gründen auch immer.

rap.de: Du bist jetzt aber jemand, der sich sozial sehr engagiert und deswegen auch ungewöhnliche Themen in seinen Songs anspricht, wie zum Beispiel das Thema Organspende. Woher kommt das?

Bo Flower: Ich bin erstmal total neugierig, lese ganz viel und beschäftige mich sehr viel mit Menschen. Ich hab auch kein Problem damit, wenn ein Thema mal ein bisschen schwieriger ist – Thema Tod zum Beispiel.
Wenn ich mich für ein Thema emotionalisieren kann, was zum Beispiel bei den Leuten von Viva Con Agua so war, dann bin ich da sofort Feuer und Flamme. Coole Leute, coole Idee, cooles Projekt. Natürlich finde ich es wichtig, zu informieren, und ich habe als Musiker die Möglichkeit, genau das umzusetzen und Leute zu erreichen. Wenn man mit der Musik auch noch wirklich etwas Reales bewegen kann, ist das eigentlich das Schönste, was man machen kann. Das finde ich total cool.
Organspende ist ein Thema, über das ich zuvor nie nachgedacht habe und das mich zuvor nie erreicht hat, außer in dieser einen "Tatort"-Folge über die Organ-Mafia. Da denkt man sich natürlich: "Gruselig, gruselig, gruselig" und möchte damit nichts zu tun haben. Aber da trifft man dann mal jemanden, der ein neues Herz bekommen hat und der so alt ist wie wir, und der deshalb weiter leben kann. Auf einmal siehst du, dass Organspende nichts mit dem Tod zu tun hat, sondern mit dem Leben und dann weiß man: Dieser Mensch lebt nur, weil sich zuvor mal jemand mit dem Thema auseinandergesetzt hat.
Da gibt es einen Typen, der ist irgendwie 30, und wenn er kein neues Herz bekommen hätte, wäre er jetzt tot. Das fand ich dann echt spannend und dann fiel mir irgendwie alles ganz leicht. Den Song habe ich dann an einem Abend geschrieben und produziert.
Mittlerweile habe ich Kinder getroffen, Jugendliche, aber auch 80-Jährige, die zu mir kommen und sagen: "Ey, wenn wir das Lied hören, dann weinen wir zusammen", weil die es toll finden, dass sich junge Menschen für so etwas engagieren. Es gibt ja 12.000 Menschen auf Warteliste für Spenderorgane. Deswegen ist es schon cool, wenn die Menschen Bescheid wissen und sich dann vielleicht dazu entschließen, so einen Organspendeausweis auszufüllen.
Ich hab auch eine DVD gemacht, die kommt jetzt dieses Jahr heraus, die heißt  "Organspende macht Schule", die hab ich auch moderiert und so. Es geht ja immer nur um das Bewusstsein. Weil wenn man einfach mal so sagt "Wie sieht’s denn aus, haste nicht mal Bock, ´nen Organspendeausweis auszufüllen?" Die allererste Reaktion – ganz ehrlich – von mir damals wäre gewesen: "Wäh, nee!" Das heißt, man muss eben erstmal über das Thema Bescheid wissen. Also ist Aufklärung nach wie vor das Wichtigste.

rap.de: Aber je mehr man so etwas macht, desto mehr rutscht man auch in eine gewisse Schublade hinein. Ist es okay für dich, "der Typ mit den sozialkritischen Songs" zu sein?

Bo Flower: Ich weiß gar nicht, ob das so ist, aber für mich ist das okay. Ich rede da gern darüber. Ich mein, je mehr ich mit den Leuten darüber spreche, desto mehr beschäftigen sie sich vielleicht damit.