Ironie funktioniert offenbar nie. Dass KC Rebell sich betont augenzwinkernd einmal quer durchs Alphabet disste, fand einer gar nicht lustig. Haftbefehl reagierte abrupt und sichtlich gereizt via Facebook. Dabei war der Auslöser so harmlos. KC Rebell musste quasi als Wetteinsatz in einem seiner Promo-Blogs Rapper dissen. Der musikalische Ausschnitt fand seinen Weg losgelöst vom Blog seinen Weg auf Facebook und kursiert dort als Video. Auch wenn der Rahmen und die beschwichtigende Ansage zu Beginn herausgeschnitten wurde, sollte schnell klar werden, dass es sich dabei lediglich um einen Scherz, allerhöchstens einen Promomove, handelt. Schon weil auch die eigenen Freunde und Labelkollegen, etwa Farid und Majoe, ihr fett weg kriegen. Summer Cem ist sogar im Video zu sehen und springt mit gespielter Empörung auf, als sein Name fällt. Mit dem mehr als eindeutigen Satz „Natürlich bring ich diesen Text mit zwinkerndem Auge“ endet der Rundumschlag.
Eigentlich ziemlich deutlich, dass man das nicht zu ernst nehmen sollte. Die Line „Haftbefehl, mach hier nicht auf Amca/ sonst stampft dieser Panzer in Richtung Azzlackz“ sorgte aber für besagten Ausbruch. KC glättete zwar unter Haftis Beitrag die Wogen: „Wie kann man so einen Part von mir nur so bitterernst nehmen?“ fragte er, erklärte dass auch Rapper gedisst wurden, mit denen er „ein brüderliches Verhältnis habe„ und stellte schlussendlich klar „Ich hab kein Problem mit dir damit du das weißt!! Alles Gute Aykut„. Aber der Beitrag ist noch online. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt.
Warum schneide ich das Thema an, obwohl wir von rap.de eigentlich seit geraumer Zeit schon einen größtmöglichen Bogen um jegliche Beef-Berichterstattung abseits der Musik machen? Weil Haftbefehls Überreaktion leider verdammt aussagekräftig für die aktuelle Lage im deutschen Rap ist. Ein kleiner Scherz bringt die Gemüter direkt zum kochen. Haftbefehl, der eigentlich alles andere ist, als ein vorschneller Social-Media-Hitzkopf, lässt sich zu solch einem Schnellschuss hinreißen. Die Lage ist eindeutig angespannt, wenn schon so eine Kleinigkeit direkt für Furore sorgt. Jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt – weil jeder meint, am laufenden Band herumbeefen zu müssen.
Genau so wenig wie Baba Haft für Facebook-Statements steht, steht KC Rebell eigentlich für Beef. Bis auf eine Geschichte mit Money Boy war KC Rebell nie in einen nennenswerten Rap-Streit verwickelt, der öffentlich geklärt wurde. Dennoch wird momentan jeder kleine Seitenhieb hoch geredet – sei es der Begriff „Shisha-Rapper„, von dem sich eigentlich jeder, der möchte angesprochen fühlen kann, oder ein unpersönlicher Scherz der 187 Strassenbande, mit Handykamera zu dokumentieren, dass ein Majoe-Album für einen Euro auf dem Flohmarkt verscheuert wird. Auf jedes falsche Wort muss reagiert werden – weil Auseinandersetzungen und Anspannungen omnipräsent sind. Daran mag sicherlich die „Dissen für Promo“-Politik des Banger Musik-Camps schuld sein, dem auch KC Rebell angehört. Die sind aber inzwischen beileibe nicht mehr die einzigen, die dies praktizieren.
KC Rebell disst alle deutsche Rapper von A bis Z. Haha“X für XTARA er will es doch wissen – Dieser Rapper traut-sich den Bira zu dissen!“ :DFolgt uns auf Instagram: real.yaman
Posted by Anil Kortajarena Yaman on Sonntag, 10. Mai 2015
Das wildes Herumgedisse und Beef als hervorragende Promotools fungieren und dementsprechend auch die Reaktionen der jeweils Betroffenen oft wenig pragmatisch ausfallen, liegt natürlich nicht nur an den Protagonisten. Auch Teile der HipHop-Medien, die jeden noch so kleinen Seitenhieb zu einer Sensation aufblasen, weil sich nun mal viele Leute für Streit interessieren, tragen einen guten Teil dazu bei.
Dadurch wird das, ohnehin schon mit Öl gefütterte Feuer, nochmal so richtig ins l0dern gebracht. Gerade wenn Seitenhiebe und andauernde Streitigkeiten genutzt werden um im Gespräch zu bleiben, wie ich es in meiner Kolumne „Skinnys Abrechnung #1: Promobeef“ kritisierte, dann wird die Berichterstattung einkalkuliert. Denn während ein Haftbefehl wohl nur impulsiv und unbedacht reagiert, weil er sich ans Bein gepisst fühlt, wird auch das direkt wieder mit der Überschrift „SO knallt es nun zwischen Haftbefehl und KC Rebell!“ an die große Glocke gehängt. Genau wie bereits erwähnter 187-Flohmarktbummel zu einem Statement-Schlagabtausch seitens Majoe führte – der sich wohl dazu berufen sah, zurück zu schießen, nachdem die Berichterstattung darüber sich wie eine Art live-Ticker las. Die Strassenbande nahm konsequenterweise das Video offline, um dem entgegen zu wirken.
Trifft die Schuld also die Berichterstatter? Nur teilweise. Auch die bedienen nur, was gefordert wird. Und da wären wir wieder beim Punkt „Was Haftbefehls Reaktion auf KC Rebells „Diss“ aussagt„. Nicht nur, dass die Lage angespannt und ist und jeder gedroppte Name in Gold aufgewogen wird. Auch, dass das Publikum, die Hörer- und Leserschaft danach lechzt. Das ist ein Pausenhof-Thema, da bilden sich Lager und das wichtigste: Das ist witzig. Das bringt frischen Wind. Da passiert was. Das will man lesen – und deswegen wird diese Schublade bedient. Weil es funktioniert, weil es gefragt ist. All das existiert vor allem deshalb, weil die Masse mal wieder Brot und Spiele fordert. Wie das letztlich ausgegangen ist, steht in schlauen Büchern.
KC Rebell, ich sag nur drei Featureabsagen! Zur Seite mit Dir kiro…#DreiMalNeinHeißtNein
Posted by Haftbefehl on Sonntag, 10. Mai 2015