Ugly Duckling

Gottseidank sind aber auch die schlimmsten Rückkoppelungen irgendwann vergessen und was bleibt, ist auf jeden Fall die Hoffnung. „Irgendwann, wenn unsere Platten vergoldet werden, dann leisten wir uns einen eigenen Soundmann, der mit uns auf Tour kommt!" Dizzy Dustin nimmt´s mit Humor und lacht. Es geht um die erste Begegnung mit Ugly Duckling hier in Deutschland – als Vortruppe der Jungle Brothers vor fast zwei Jahren …ohne eigenen Soundmann. Damals erschien auf dem deutschen Markt „Fresh Mode" , die erste EP der drei Kalifornier und weil dieses feine Stück Vinyl die Massstäbe von HipHop auf ein neues Level schob, waren schwerhörige Soundmänner schnell vergeben. Nicht allerdings das lange Ausbleiben einer kompletten LP. Denn nach „Fresh Mode" wurde es erstmal ruhig um Dizzy Dustin, Andy Cooper und Young Einstein . Rankten sich damals schon Gerüchte um das von Wall of Sound neu etablierte Label „Bad Magic", über welches „Fresh mode" nach Deutschland lizensiert wurde, so fing die Gerüchteküche nach dem Ausbleiben neuer Releases erst richtig an zu brodeln. Von einer Auflösung der Band war ebenso die Rede wie von diversen Labeldeals und das Einzige was sich hartnäckig hielt war auch hier die Hoffnung und zwar darauf, dass Ugly Duckling sich selbst treu bleiben würden, was auch immer geschähe.
 
Dizzy Dustin:"Es war wirklich Wahnsinn. Diese Labelgeschichte war sehr anstrengend, und zum Teil waren die Gerüchte auch war. Wir waren bei den verschiedensten Labels, haben stundenlang mit irgendwelchen Leuten verhandelt, und am Ende war das mit ein Grund warum das Album so lange nicht rausgekommen ist. Und jetzt geht das schon wieder los, weil sich der Investor von 1500Records, unserer Plattenfirma in den Staaten zurückgezogen hat. Aber das kann uns eigentlich nur Recht sein. Wir wollen eh raus aus der ganzen Labeldeal- geschichte. Wir haben echt genug davon die Leute immer mit Gerüchten zu versorgen…"

Doch all die Scherereien um Label und Marketing haben den Aufnahmen keinen Abbruch getan. Die Platte ist fantastisch und es ist bemerkenswert dass DU das hohe Niveau der letzten Veröffentlichung noch einmal getoppt haben. Der nächste Schritt also.

Dizzy: „Jedes Mal bevor ich mir die „nächste" Platte von jemandem anhöre, lasse ich rein prophylaktisch alle Hoffnung fahren. Es scheint nämlich so, als wäre die zweite Platte immer schlechter als die erste. So als wären die Künstler nur bei der ersten Platte richtig hungrig, als gäben sie sich nur das erste Mal richtig Mühe, und dannach scheint´s eigentlich nur noch um´s Geld zu gehen, so a la: ich brauche dies und jenes Budget für die Scheibe und dann muss die so und so viel verkaufen etc…"
Einstein:"Echt schlimm. Wir haben uns bemüht, dass das bei uns nicht so wird. Wir wollten ein in sich rundes Album machen. Ohne Qualitätsverluste."

Dizzy: „Und wir haben einfach noch zu viel zu beweisen. Uns und auch unseren Fans. Die können und wollen wir nicht enttäuschen. Und uns selber natürlich auch nicht. Ich denke, dass wir das perfekte Album auch noch nicht gemacht haben. Vielleicht werden wir das nie, aber das ist wahrscheinlich was uns anspornt! Denn wenn ich mal an den Punkt komme, dann war´s das wohl, dann kann ich glaub ich auch in Rente gehen…(..lacht..)"
Anscheinend wird es bis dahin auch noch etwas dauern, denn selbst wenn die Stimmung beim Interview (das leider ohne Andy Cooper stattfindet) extrem entspannt ist, so kann man beobachten wie sich die Gemüter erregen, wenn es um die Qualitätsfrage geht – und man ahnt sehr schnell, dass die Ansprüche, die UD an sich stellen in der Tat extrem hoch sind. Doch sie wurden erfüllt, auch in unruhigen Zeiten.

Dizzy: "Was die Ansprüche an sich selbst angeht: wenn man mal an einen Punkt kommt, an dem man denkt, dass man an den eigenen Ansprüchen scheitert, so muss man sich eben locker machen. Ein bißchen Abstand nehmen, und dann geht´s auch wieder weiter."
Einstein: "So lang wir die Sache so machen, wie wir denken, dass es gut ist, wird´s zumindest immer allright sein! Und ich glaube es ist diesmal auch wieder ganz gut geworden (lacht), auch wenn´s nicht das grösste Ding auf Erden ist!"
Dizzy:"Wir machen Musik für uns, so wie wir sie gerne haben wollen. Als ich z.B. anfing für UD zu rappen, dann hauptsächlich deshalb, weil es diese Musik nicht mehr gab. Ich konnte mir die Musik, wie ich sie gerne mochte nicht kaufen, denn es war nichts draussen, was so war. Deshalb musste ich selbst eben Musik machen. Wenn heute also die Leute heute unsere Musik mögen dann ist das wunderbar, aber morgen finden sie´s vielleicht scheisse – was ich superschade fände, aber ich würde deshalb keine andere Musik machen, würde trotzdem den eigenen Style fahren, eben weil´s der meine ist. Und trotzdem muss man immer in Bewegung bleiben… Wir waren die letzten drei Jahre ja quasi nonstop auf Tour. Und dazu die ganze Labelsache…naja. Jedenfalls war es deshalb eine ganze Zeit lang fast unmöglich mit den Aufnahmen weiterzumachen. Die Musikbranche ist hinter den Kulissen echt anstrengend, und es wird im Lauf der Zeit immer anstrengender gute Miene zu diesem Spiel zu geben."
 
Einstein: „Wir sind daran aber auch gewachsen, denke ich. Genauso wie durch das unterwegs sein. Es bringt einen schon weiter."
Dizzy: „Es tut generell gut, unterwegs zu sein, mit den Leuten in Kontakt zu kommen. Und hier in Deutschland ist es echt was besonderes. Die Leute hier scheinen viel mehr an der HipHop-Kultur festzuhalten, als in den Staaten, wo HipHop inzwischen nur eine Geldmaschine wie jede andere geworden ist. Und wo es hauptsächlich darum geht, wer mehr Joints raucht oder mit mehr Frauen geschlafen hat, was weiss ich. Hier ist es fast wie aus einer Zeitmaschine zurück zum Anfang der 90er zu springen. Ziemlich cool."
Aber die Arbeit der letzten Jahre hat auch ihre Spuren hinterlassen. Besonders Einstein sieht ziemlich müde und blass aus, und das nicht nur, weil die Beleuchtung im Zimmer eine Neonröhre ist. So könnte man sich spontan die Frage stellen, ob es denn bei Ugly Duckling auch die Angst gibt, eines Tages aufzuwachen und kein Feuer mehr zu spüren, aufzuwachen und müde zu sein.

Einstein: „Nein, auf keinen Fall. Ich höre Platten und es gibt immer wieder Scheiben, die mich begeistern. Daraus kann ich noch jahrelang Ideen schöpfen!"
Dizzy: „Ohne Scheiss. Der ist verrückt wenn es um Platten geht. In jedem Kaff, in das wir kommen, grast Einstein erstmal den Plattenladen durch. Und er findet immer was, unglaublich. Und bei mir ist es so, dass gerade das touren mir viel Energie und neue Inspiration gibt. Wenn ich Leute treffe oder in neue Städte komme. Und meistens dann, wenn ich mich ins Bett lege, hundemüde bin und mir denke, dass mir jetzt wirklich nichts mehr einfällt, dann kommen mit einem Mal die besten Ideen. Ich habe mir auch schon die Frage gestellt, ob mir der ganze Scheiss nicht zu anstrengend ist. Aber als ich da einmal einer Freundin vorgejammert habe, hat sie nur gesagt: "Typ, schlafen und Dich ausruhen kannst Du, wenn Du tot bist noch zur genüge!" Das ist echt hängengeblieben, denn sie hat verdammtnochmal recht! Jetzt ist also erstmal gasgeben angesagt und sein Ding zu machen! Die nächsten Jahre werden mit Sicherheit anstrengend sein, aber das ist gut so!"

Die Arbeit hat professionelle Formen angenommen und dazu gehört nicht nur, sich selbst zu motivieren. Von der ersten eigenveröffentlichten Single "Fresh Mode", bis hin zur aktuellen LP „Journey to Anywhere" war es ein langer Weg.

  Dizzy: "Es hat sich viel verändert, was die Aufnahmen selbst angeht."
Einstein: "Fresh Mode" – also die EP – haben wir eigentlich in 4 Tagen aufgenommen. Wir hatten fast kein Budget und Zeit ist Geld, also mussten wir uns beeilen. Wir hatten ein Studio, das okay war, aber eben nur okay."
Dizzy: „Für „Journey to anywhere" hatten wir Zeit und mussten uns nicht unnötig hetzen. Und wir hatten ein tolles Studio."
Einstein: "Und wir konnten an „Journey to Anywhere" fast neun Monate arbeiten. Allerdings mit Unterbrechung natürlich, da wir immer wieder auf Tour waren."
Dizzy: „Wir haben also an einem Song gearbeitet, bis er quasi komplett fertig war und mussten dann nur noch ins Studio, um die Aufnahmen zu machen. Auch wenn wir natürlich den Raum hatten, Dinge immer wieder zu überarbeiten. Aber so war es am besten möglich die Touren und die Aufnahmen unter einen Hut zu bringen."
Was ein wenig erstaunt ist die Tatsache, dass UD auf jegliche Zusammenarbeit mit anderen Künstlern verzichtet haben, und es ist kaum anzunehmen, dass dies allein an den langwierigen Aufnahmen lag.

Einstein: "Wir haben an dem Album bewust mit niemandem zusammen gearbeitet. Cut Chemist hat einen Mix für die nächste Single gemacht, aber das war´s erstmal."
Dizzy: „Momentan ist es ja gerade total In einen Haufen Produzenten am Start zu haben, eine Reihe von Gästen zu featuren, aber das ist nicht unser Ding. Denn dann hat das Album keinen homogenen Sound mehr. Der spezielle und individuelle Vibe geht verloren. Und gerade heutzutage haben viele HipHop-Acts den Vibe verloren. Und deshalb wollen wir unseren pflegen, das machen, was wir immer gemacht haben und da wären Gäste eine Gefahr insofern, als das die Chemie einer Gruppe leicht durcheinander gerät. Ich denke das wäre dann wie eine Kettenreaktion, die man nichtmehr in Griff bekommt. Wir müssen uns erstmal selbst als Gruppe einpendeln, bevor wir andere reinholen. Aber wenn das mal soweit ist, dann macht es sicher Spass zusammenzuarbeiten!"
Einstein: „Und ich denke, dass uns die Leute auch dafür mögen, dass wir nur nach uns selbst klingen, oder?" Die Zukunft ist also erstmal vorgezeichnet, und der Ugly Duckling Fan kann aufatmen. Denn so wie´s aussieht, ist noch viel von den drei Jungs zu erwarten und sollte die Kraft zum selber produzieren tatsächlich mal ausgehen, so wird es wahrscheinlich statt eigener Musik irgendwann mal ein eigenes Label geben. Das ist zumindest ein Traum.