Dass Edgar Wasser zu den besten seines Faches in Sachen Rap und Wortwitz gehört ist schon lange kein Geheimnis mehr. Die älteren Semester unter uns erinnern sich auch an seinen aktuellen Kollabopartner Fatoni. Der frühere Freestylekönig aus der Landeshauptstadt Bayerns war ein Drittel der 2000 gegründeten Rap-Crew Creme Fresh. Die Ausgangspostion für ein gemeinsames Projekt ist also gar nicht mal so schlecht und auch das Endergebnis kann durchaus überzeugen, auch wenn die Unverbrauchtheit und totale Frische von früheren Edgar Wasser-Tapes ein wenig verloren gehen.
Wer sich bereits mit Werken des sarkastisch und misanthropisch veranlagten Edgar Wasser auseinandergesetzt hat, der weiß, dass die perfektionistische Ader des geheimnisvollen Münchners besonders stark ausgeprägt ist. Egal, ob Beats, Mische oder der Text, alles geschieht in Eigenregie bei Herrn Wasser. Zumindest auf früheren EPs und Mixtapes. Auf „Nocebo“ gibt es diese Arbeitswut auch wieder, doch auch die Produzenten Provo, Cap Kendricks, der schon bei „Wk4TSmeH“ Hand anlegte, V.Raeter, Bustla und Maniac dürfen sich auf dem Kollaboalbum austoben. Auf Featuregäste wird indes komplett verzichtet. Die braucht man auch eigentlich gar nicht. So funktioniert das Zusammenspiel zwischen Fatoni und Edgar nahezu perfekt. Gekonnt schieben sich die beiden die Bälle zu und überzeugen mit jeder Menge Ironie, schwarzem Humor im Überfluss, dopen Beats, die vor allem von Edgar Wasser selbst oder dem Kollegen Maniac kommen und natürlich dem sauberen Flow, den die beiden bekanntlich bestens beherrschen.
Inhaltlich gibt es hauptsächlich Gesellschaftskritik, Selbstironie und jede Menge Doppeldeutigkeit auf die Ohren. In der Hinsicht unterscheidet sich „Nocebo“ nicht von früheren Werken von Edgar Wasser. Fatoni kann in Sachen Wortwitz und Humor mit seinem flüssigen Partner gut mithalten, was aber leider auch daran liegt, dass Edgar auf früheren Werken noch einen Zacken bösartiger und schwarzhumoriger daherkam. Ab und zu schaffen es die beiden aber doch wieder den Humor früherer Tage aufblitzen zu lassen.
„Die Dinge sind wie sie sind/ Deutscher Rap ist Uwe Ochsenknechts geistig behindertes Kind, stimmt/ Deutscher Rap ist wie ein Wie-Vergleich/ keiner hört mehr damit auf/ doch es wurde vor Jahren der Zenit erreicht/ Und ich weiß, dass man mir widerspricht/ weil deutscher Rap Arbeitsplätze schafft wie für Visa Vies Visagist“ (Fatoni – Deutscher Rap).
Doch nicht nur Kindern von Z-Promis, HipHop-Journalisten oder dem deutschen Rap im allgemeinen geht es an den Kragen, die Bandbreite der Randgruppen und Persönlichkeiten ist kaum überschaubar und würde bei Aufzählung den Rahmen des Textes sprengen. Doch nicht nur gegen andere wird scharf, aber immer mit einem Augenzwinkern, geschossen. Die beiden ziehen sich in ihren Tracks ständig gegenseitig auf und spielen dabei mit Vorurteilen gegen Homosexuelle, Ausländern oder beleibte Rapper.
Dass dabei die ein oder andere Pointe nicht richtig zündet oder ausgerappt wird, ist durchaus beabsichtigt und lässt den biederen Durchschnittsdeutschen gerne das dreckige Lachen über eben diese Vorurteile im Halse stecken. Stehen die ja eh drauf. „Heil Edgar!“ Sie rufen meinen Namen durch den Bundestag/ sind dankbar, weil sie ihren Führer gefunden haben/ Sie sagen: „Reichspräsident Wasser, Gott sei Dank!/ Der Grund, dass man als Ausländer wieder stolz sein kann.“/ Ich mein‘ die Lage war schlecht/ doch dann kam ich und hab‘ die Deutschen in das Lager gesteckt/ Erst die Ostdeutschen – da waren auch die Wessis dafür/ Was für ’ne ekelhafte Rasse die sich selber zerstört.“ (Edgar Wasser – Diktator von Deutschland). In genau diesen Momenten zeigen sich dann auch die ganz großen Höhepunkte auf der Platte. Wenn es gegen Gegner – andere oder sich selbst – geht, dann drehen die Rapper mit ihrem dreckigen und intelligenten Witz richtig auf und sorgen für überaus unterhaltsame Momente.
Für Fans alter Edgar Wasser Stücke wird „Nocebo“ aber nicht die erhoffte Offenbarung bieten, da der ein oder andere Part doch die Bissigkeit und Frechheit früherer Mixtapes und EPs vermissen lässt. Dafür sind die Produktionen um einige Level gestiegen und die Kombination Wasser/Fatoni funktioniert überraschenderweise gut. Auch der Verzicht auf Featuregäste schadet der 15 Track starken Platte keineswegs, sondern richtet das Augenmerk direkt auf die beiden Hauptakteure. Keine Nebensächlichkeiten, keine Ablenkungen, sondern purer Rapshit, der durchaus überzeugt und bei Fans von schwarzem Humor und dem Spiel mit Vorurteilen den ein oder anderen Lacher hervorbringen wird.